Walter Trefz fühlte sich als Teil des Schwarzwaldes und verschmolz manchmal förmlich mit ihm. Foto: /Gottfried Stoppel

Annette Maria Rieger hat ein Buch über den charismatischen Förster Walter Trefz aus dem Schwarzwald geschrieben. Im Interview erzählt sie auch von Lehren aus dem Waldsterben vor 40 Jahren.

Walter Trefz (1938-2021) war ein Mahner, der dem Schwarzwald eine Stimme gab und es nicht hinnehmen wollte, dass der Saure Regen oder der Klimawandel „seinen“ Wald kaputt machte. Annette Maria Rieger hat den unbequemen Förster mehrere Jahre lang intensiv begleitet und nun ein Buch über den „Walder“ geschrieben.

Frau Rieger, warum haben Sie sich mit einem einfachen Förster beschäftigt?

Walter Trefz war viel mehr als nur ein Förster. Er war auch ein Umweltschützer der ersten Stunde, zudem Jäger, Waldphilosoph, Tier- und Menschenfreund. Und auch einer, der sich gewehrt hat, der sich in seiner Rolle als Rebell in der Forstverwaltung gefallen hat. Er hat ein radikales Umdenken gefordert, damit wir das, was uns die Natur schenkt, nicht an die Wand fahren.

Was hat ihn ausgemacht?

Eine große Beharrlichkeit, ein klarer Blick für die Verhältnisse und das, was wirklich wichtig ist: Saubere Luft, sauberes Wasser, ein intaktes Ökosystem, das seinen ganz eigenen Gesetzen folgt. Ein sehr fundiertes Naturverständnis und eine tiefe Liebe zu allem Leben.

Welche Lehren sollte man heute aus dem Waldsterben und aus dem damaligen Umgang der Forstverwaltung damit ziehen?

Wir brauchen ein echtes Verständnis für natürliche Zusammenhänge. Uns muss klar sein, dass sich Natur nicht nur verwalten, nicht nur nutzen lässt. Um menschengemachte Umweltzerstörung aufzuhalten, braucht es ein Umdenken der Menschen, heute noch viel mehr als damals in den 1980ern. Und es braucht immer wieder Menschen, die hinterfragen: Was tun wir da? Was lehrt uns die Natur – und an welchen Stellen erheben wir uns zu sehr über sie? Eine Lehre aus dem Waldsterben damals finde ich überaus ermutigend: Es lohnt sich, für Veränderungen einzutreten, die Proteste damals haben ja auch wirklich vieles bewirkt: die Filteranlagen in den großen Kraftwerken, Katalysatoren, bleifreies Benzin und damit erstmals bessere Luft.

Sie beschreiben, dass die Forstverwaltung lange das Waldsterben nicht wahrhaben wollte. Geht der Forst heute die Klimaprobleme richtig an?

Um das zu beantworten, fehlen mir die Einblicke. Es wird ja wirklich viel getan in der Forstverwaltung und in der Forstpolitik, es gibt eine sehr aufgeschlossene Forsthochschule in Rottenburg und viele, viele Waldbesitzer und Förster, die ihr Möglichstes tun, um den Wald als Lebensraum zu bewahren. Von meiner Warte aus stelle ich fest, dass es im Forst viele Ansätze gibt, etwas zum Besseren zu wenden. Ich kann aber nicht erkennen, dass es eine einheitliche Vorgehensweise gibt, die die Lösung von Klimaproblemen über den wirtschaftlichen Nutzen des Waldes stellt. Dem Wald geht es schlechter denn je, das ist offensichtlich. Insofern kann ich zu dieser Frage eigentlich nur sagen: Es braucht noch viel mehr Einblicke und auch Verständnis dafür, was den Wald so überlebensnotwendig für uns alle macht. Der Wald gibt uns so viel, was sich nicht in Zahlen bemessen lässt. Allein dafür sollten wir ihn mehr respektieren.

Sie erzählen im Buch eindrücklich von der großen Nähe von Walter Trefz zum Wald. Welche Schlüsse haben Sie selbst daraus gezogen?

Als Tochter eines Schreinermeisters und Waldbesitzers bin ich mit viel Holz und Nähe zum Wald aufgewachsen. Ich habe das große Glück, dass ich mich wirklich sehr daheim fühle unter Bäumen, auch dann, wenn der Schwarzwald dunkel, verregnet und einfach auch sehr abweisend ist. Ganz sicher braucht der Mensch die Nähe zum Wald. Mich führt er immer tiefer hin zu einer Lebendigkeit, die mir mehr gibt als alles Geld auf der Welt. Walter Trefz oder Walder, wie ich ihn nenne, hat mir da einen Weg gewiesen, von dem ich weiß, dass er nie zu Ende ist, weil ich im Wald immer und ständig dazulernen kann.

Biografie und Buch

Biografie
Annette Maria Rieger (Jahrgang 1971) lebt im Waldachtal bei Freudenstadt. Sie ist Autorin, Journalistin und Kulturvermittlerin. Von 2016 bis zu seinem Tod 2021 hat sie den Förster Walter Trefz immer wieder besucht und ausgiebig interviewt.

Buch
Annette Maria Rieger: Der Walder vom Schwarzwald. Erinnerungen an den rebellischen Förster Walter Trefz. Kröner-Verlag, Stuttgart 2023. 224 Seiten, Preis 25 Euro. fal