Marianne Frank-Mast ist schon unzählige Male nach Indien gereist. Ein Land, das für sie faszinierend ist, wegen seiner Ungerechtigkeiten aber auch frustrierend sein kann. Foto: Frank Eppler

Seit 20 Jahren kämpft Marianne Frank-Mast für die Alphabetisierung indischer Mädchen. Ihr Verein betreibt dazu mehrere Schulen. Im Landratsamt Waiblingen zeigt sie nun eine Ausstellung über das Land, seine Bräuche – und viele Ungerechtigkeiten.

Indien. Was für ein Land. 17 verschiedene Amtssprachen, jede mit einer eigenen Schrift. 1,4 Milliarden Einwohner, von denen rund 260 Millionen zur Gruppe der Dalit gehören, die als unrein gelten. Marianne Frank-Mast aus Althütte sind die sogenannten Unberührbaren gleich aufgefallen, als sie in den frühen 1970er-Jahren als junge Krankenschwester für zwei Jahre in Indien arbeitete. „Diese armen Schweine standen immer ganz hinten in der Schlange vor der Krankenhausapotheke. Und sie mussten auf sich aufmerksam machen, weil nicht einmal ihr Schatten ein Mitglied einer höheren Kaste berühren durfte.“

Eine fremde Welt, in die nun eine von Marianne Frank-Mast kuratierte Ausstellung im Landratsamt Waiblingen Einblicke gibt. „Götter, Farben und Gewürze“ lautet ihr Titel, und wer durch sie schlendert, erfährt viel vom Leben im siebtgrößten Staat der Erde, der die verschiedensten Landschaften zu bieten hat – von den Gipfeln des Himalaya bis zu Sandstränden am Indischen Ozean. Indische Gottheiten wie Ganesha mit dem Elefantenkopf begegnen Reisenden im ganzen Land. Einige stehen auch im Foyer des Landratsamtes, zudem Buddha-Statuen und allerlei Gerätschaften, die in Tempeln zum Einsatz kommen: Lämpchen, Rituallöffel und spezielle Gefäße, die von der Tempeldecke baumeln. Sie würden mit Kuhmilch befüllt und als Opfergabe über die Götter gegossen, erzählt Marianne Frank-Mast. Kerzen, Weihrauch, Glocken – viele Elemente im Hinduismus spielen auch beim Christentum eine Rolle. „Man hat sich immer gegenseitig beeinflusst“, sagt Marianne Frank-Mast. Seit dem Indienfeldzug Alexanders des Großen habe sich beispielsweise das Aussehen der Buddhas gewandelt. Ihre Gesichtszüge wurden europäischer, statt eines Dutts trugen sie ihr Haar nun lockig.

Gewürze, Mund-Erfrischer – und Kuhfladen

Auf einem großen Tisch ist alles versammelt, was mit dem Alltagsleben zu tun hat. Typische Gewürze wie Garam Masala, Zimtrinde, Mandeln und die aufputschend sowie hungerstillend wirkenden Betelnüsse. Besucher können an Ölen mit Basmati-, Nelken- und Rosenduft schnuppern, quietschbunte Nudeln und versilberte Anissamen und farbenfrohe Kaugewürzmischungen bestaunen. Diese Mukhwas, übersetzt Mundgeruch, sind ein Mix aus Samen von Anis, Fenchel und Koriander und werden nach dem Essen als „Mund-Erfrischer“ gereicht.

Interessant ist auch ein Blick auf den mit Glassteinen bestückten Hochzeitssari, der zwölf Kilogramm wiegt, und die historischen Schmuckstücke aus Silber. Beim Anblick der schweren, klobigen Fußreifen sei ihr klar geworden, „dass Schmuck nicht nur schmückt und der finanziellen Absicherung dient, sondern auch eine Behinderung sein kann“, sagt Marianne Frank-Mast.

Schule, Kleidung und Essen für die Kinder

Im Leben der Allerärmsten spielt anderes Material eine Rolle. Ein Foto zeigt ein kleines Mädchen, das aus Kuhmist Fladen formt. Diese werden getrocknet und als Heizmaterial genutzt. Für die Ausstellung hat die Kuratorin einige Exemplare importiert. Arbeit statt Schule – das ist für die Kinder der Unberührbaren normal. Das Schicksal der Dalit beschäftigt Marianne Frank-Mast schon seit gut 50 Jahren. Denn sie würden bis heute aufs Schlimmste diskriminiert. Frank-Mast ist überzeugt, dass allein Bildung daran etwas ändern kann – und hat deshalb im Jahr 2003 einen Verein gegründet, um in Indien Schulen für jene zu bauen, die sonst nie ein Klassenzimmer von innen sehen würden.

Mit ihrem Verein Mädchenschule Khadigram ebnet sie, die fließend Hindi spricht, insbesondere Mädchen den Weg zu Kenntnissen im Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Kinder bekommen auch abwechslungsreiche Kost, denn viele sind unterernährt. Derzeit ermöglicht der Verein knapp 300 Kindern den Schulbesuch und 50 jungen Frauen eine Ausbildung zur Krankenpflegerin. Wohlwissend, dass eine Veränderung zum Besseren nur in kleinen Schritten vor sich geht. „Eine Frau, die alphabetisiert ist, gibt das an ihre Kinder weiter. Da heißt es Geduld haben, zuschauen und warten.“

Mehr zum Verein erfährt man hier: www.maedchenschule-khadigram.de

Ausstellung in Waiblingen und ein Fest in Althütte

Eröffnung
 „Götter, Farben und Gewürze“ eröffnet an diesem Freitag, 1. September, um 19 Uhr im Landratsamt Waiblingen, Alter Postplatz 10. Nach einem Grußwort von Landrat Richard Sigel hält Marianne Frank-Mast einen Vortrag und führt durch die Ausstellung.

Öffnungszeiten
Die Ausstellung läuft bis zum 20. Oktober und ist immer montags bis mittwochs von 8 bis 17 Uhr, donnerstags bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Ab fünf Personen bietet Marianne Frank-Mast Führungen und Vorträge zum Preis von 25 Euro an. Anmeldungen dafür sind unter der Telefonnummer 0173/6 59 36 94 oder per E-Mail an msk-germany@gmx.de möglich. Der Erlös kommt der Projektarbeit des Vereins zugute.

Jubiläum
 Unter dem Motto „Miteinander lebenswerter“ feiert der Landkreis mit den 31 Kommunen 50-jähriges Jubiläum. In Althütte ist der Kreis beim Fest im indischen Dorf des Vereins Mädchenschule Khadigram am Tag des Schwäbischen Waldes, 17. September, dabei.