Nach dem (wahrscheinlichen Aufstieg) ist vor der Bundesliga-Saison: Für Jan Schindelmeiser geht die Arbeit nach dem Saisonschluss weiter. Foto: dpa - Deniz Calagan/dpa

Von Sigor Paesler

Stuttgart – „Wahrscheinlich werde ich singen müssen“, sagt Jan Schindelmeiser noch und lächelt schief. Man wird von einem, der sich selbst als „Nordlicht“ bezeichnet, jedoch nicht erwarten dürfen, dass er zu sehr aus sich herausgeht. „Ich werde mich freuen“, sagt der Sportvorstand des Fußball-Zweitligisten VfB Stuttgart über den Moment, wenn die Mannschaft am Sonntag – wie angesichts der hervorragenden Ausgangslage zu erwarten – den Wiederaufstieg in die Bundesliga feiern wird. Richtig freuen wird er sich jedoch nur, wenn der VfB nach dem Spiel gegen die Würzburger Kickers (15.30 Uhr) als Meister und nicht als Zweiter aufsteigt: „Wir wollen die Schale in den Himmel heben.“ Auch wenn sie weniger schön schillert als die Bundesliga-Meistertrophäe.

Schindelmeiser warnt freilich, dass die Stuttgarter rechnerisch noch nicht durch sind und will, dass sie angesichts von drei Punkten und zehn Toren Vorsprung auf den Relegationsplatz am Ende nicht als Deppen der Nation dastehen. Aber er möchte auch, dass alles für eine schöne Party bereitet sein wird: „Wir wollen den Menschen etwas zurückgeben. Wir sind auch Botschafter dieser Stadt.“

Ein Sieg soll her gegen die in der Rückrunde heftig schwächelnden Würzburger – um Revanche für die 0:3-Hinspielniederlage zu nehmen, um Meister zu werden, um für eine euphorische Partystimmung zu sorgen – und für Arminia Bielefeld. Keiner betonte so deutlich wie Schindelmeiser, dass der VfB nur durch den 6:0-Kantersieg der Arminia gegen Aufstiegskonkurrent Eintracht Braunschweig für Sonntag getrost den Schampus kaltstellen kann. Keiner freute sich nach dem 0:1 zuletzt in Hannover so wenig wie er. „Die Bielefelder haben uns ein bisschen den Hintern gerettet. Wir spielen jetzt gegen einen ihrer Mitbewerber im Kampf gegen den Abstieg und stehen in der Pflicht, da etwas zurückzugeben.“

Vielleicht am meisten fordert Schindelmeiser jedoch einen Sieg für die eigenen Fans. „Man hat nach dem Abstieg gespürt, wie verletzt und traurig sie waren“, erklärt er – und dann kam es zu dieser enormen Unterstützung. „Ich weiß nicht, ob wir die schwierigen Phasen dieser Saison ohne unser Publikum überstanden hätten.“

Auch das wird Ansporn sein: Eine Mannschaft zusammenstellen, die in der kommenden Saison in der Bundesliga bestehen kann. Denn nachdem der FC Ingolstadt sowie Darmstadt 98 nicht mehr da sind und mit dem VfB vermutlich Hannover 96 aufsteigen wird, ist – zumindest unterhalb der Spitzengruppe – mit einer sehr starken und ausgeglichenen Liga zu rechnen. Wie umfangreich die Verstärkungen sein müssen und werden, ist die große Denksportaufgabe.

„Es wird Veränderungen geben“

An Urlaub ist für Schindelmeiser und sein Team ab Montag jedenfalls nicht zu denken. Fest steht bislang nur der Abgang von Florian Klein (bei Maccabi Haifa im Gespräch) und Benjamin Uphoff (Karlsruher SC). Der Leihvertrag von Josip Brekalo mit dem VfL Wolfsburg verlängert sich im Fall des Aufstiegs um eine weitere Saison, auch beim von Sporting Lissabon ausgeliehenen Carlos Mané, der verletzungsbedingt noch lange ausfallen wird, spricht viel für eine Weiterbeschäftigung in Stuttgart.

„Klar, es wird weitere Veränderungen geben“, erklärt der Sportvorstand, ohne freilich Namen zu nennen. Er ist froh, dass die Konzentration auf den Aufstieg in den vergangenen Wochen nicht durch Wechselspekulationen gestört wurde. Nach Uphoffs Abgang fehlt ein dritter Torhüter. Man braucht auch nicht viel Fantasie, um davon auszugehen, dass ein Innenverteidiger und mindestens ein weiterer Abwehrspieler auf der Einkaufsliste stehen. Ob der zurzeit vom FC Bayern an Schalke 04 ausgeliehene Holger Badstuber ein Kandidat ist, wollte Schindelmeiser nicht kommentieren.

Für den VfB geht am Sonntag eine anstrengende Saison zu Ende. Eine, in der der – sehr wahrscheinliche – Wiederaufstieg alles andere als ein Selbstläufer war. Eine, die alle gefordert hat. Auch den Sportvorstand, der dieses Amt erst im vergangenen Juli angetreten ist. „Wir hatten den Druck, aber das wussten wir“, sagt Schindelmeiser nachdenklich. „Aber das war auch das Reizvolle an dieser Aufgabe, sich dem zu stellen und hier Potenzial vorzufinden, etwas zu bewegen.“

Die Herausforderung wird nach dem Aufstieg nicht kleiner. Nur nicht nachlassen, lautet das Motto. „Wir sind auch in der kommenden Saison ambitioniert und wollen das Maximale erreichen“, erklärt Schindelmeiser und verliert dabei das Minimalziel Klassenverbleib nicht aus dem Augen. Der Verein will „Stück für Stück etwas aufbauen, personell, infrastrukturell und strategisch“.

Am Sonntag aber wollen die Schwaben erst einmal feiern. Möglicherweise mit einem singenden Nordlicht.