Tristesse pur: Der VfB Stuttgart geht im Schneegestöber von Mainz unter. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Carlos Ubina

Stuttgart - Nur eine Handvoll Trainingskiebitze hat am Sonntagvormittag den Weg in die Mercedesstraße gefunden. Es schien, als hätten die Fans nach der 2:3-Niederlage des VfB Stuttgart beim FSV Mainz 05 erst einmal genug gesehen von ihren Lieblingen aus der Fußball-Bundesliga. Und einer der unentwegten weiß-roten Anhänger fahndete dann auch noch nach dem Trainer. Wo war Hannes Wolf?

Auf dem Platz. Wie immer in diesen kalten Tagen hatte sich der Trainer einen wärmenden Anorak angezogen und die Mütze tief ins Gesicht gezogen. Der Wind bläst Wolf immer eisiger ins Gesicht, und die Fragen um in herum werden drängender.

Zu enttäuschend verlief die Begegnung, als dass die Stuttgarter jetzt zur Tagesordnung übergehen könnten. „Wir hatten eine große Chance, uns etwas abzusetzen“, sagte Wolf. Diese Gelegenheit wollte der VfB im Abstiegskampf nutzen. Mit voller Kraft. Doch dann ging das Spiel los und die Gäste erweckten den Eindruck, als hätten sie ihren Siegeswillen zu Hause vergessen. „In Summe waren uns die Mainzer in allen Belangen überlegen“, sagte Michael Reschke. Der Sportchef schob aber noch hinterher: „Wir werden uns in dieser Woche hinsetzen, um uns taktische und spielerische Änderungen zu überlegen.“

Das ließ aufhorchen, da diese Aussage so verstanden werden kann, dass sich der Manager in den Kernbereich des Trainers einmischt, weil er eine klare Abwärtstendenz erkennt. Wolf selbst hinterfragt sich in dieser kritischen Phase. Dennoch will er Reschkes Aussage nicht isoliert betrachten: „Wir befinden uns ständig im Austausch. Das empfinde ich als gesund.“ Und Reschke betonte: „Das ist keine Rapport-Veranstaltung.“ Eine Plauderstunde ebenso wenig. Der Druck erhöht sich. Wolf muss Ergebnisse liefern - und dafür muss er drei Problembereiche bearbeiten:

Die Einstellung: „Zum ersten Mal in dieser Saison hat uns der Gegner über die Faktoren Intensität und Willen den Schneid abgekauft“, sagte Wolf. Das ist für einen Tabellen-14. bedenklich, und ein Perspektivwechsel zeigt, wie wichtig den nun punktgleichen Mainzern die Einstellung zu dieser Partie gewesen ist. Mehrfach sprach der FSV-Coach Sandro Schwarz davon, wie stolz er sei, dass sein Team alle Widerstände überwunden habe. Dagegen wussten die Stuttgarter die Gunst der Stunde nicht zu nutzen.

Die Spielweise: Die Kritik an der Spielweise des VfB wird lauter - und sie trifft den Trainer, denn Wolf mischt seine Mannschaft auf defensive Stabilität ab. Das ist grundsätzlich gut, da die Stuttgarter nicht zuletzt aus ihrer Abstiegssaison wissen, was es bedeutet, zu viele Gegentore hinnehmen zu müssen. Allerdings ist es so, dass es die VfB-Elf spürbar Angriffswucht kostet, wenn sie den Fokus auf das Verteidigen legt. Seit aber Mario Gomez wieder das Trikot mit dem Brustring trägt, tariert Wolf sein Team anders aus. In Mainz führten jedoch weder das anfängliche 4-2-3-1 noch das spätere 5-2-2-1 zum Erfolg.

Die Entwicklung: Es fallen einem nur wenige Stuttgarter ein, die einen Leistungsschub erfahren haben und dieses neue Niveau dauerhaft zeigen. Benjamin Pavard etwa. In Mainz war der Franzose ebenso schlecht wie Timo Baumgartl. Das kann passieren, obwohl Baumgartl insgesamt stabiler geworden ist. Ein Effekt, der gern auch der Qualität seines Nebenmanns zugeschrieben wird: Holger Badstuber. Der Innenverteidiger bildet mit Ron-Robert Zieler, Christian Gentner und Mario Gomez eine Führungsachse. Dazu kommen gestandene Profis wie Emiliano Insua, Dennis Aogo, Daniel Ginczek und Andreas Beck. Es kann also keiner mehr behaupten, der VfB sei unerfahren. Wenngleich noch genügend Talente zum Team gehören. Doch es sieht so aus, als müsse sich diese neue Mischung erst noch zurechtrütteln. Trainerarbeit ist das.

statistik

FSV Mainz 05: Zentner - Hack, Gbamin, Diallo, Brosinski - Serdar (74. Bell), de Jong, Latza - Quaison, Holtmann (66. Donati) - Muto (83. Berggreen).

VfB Stuttgart: Zieler - Pavard, Baumgartl, Badstuber, Aogo - Ascacibar, Gentner - Donis (65. Burnic), Özcan, Insua (46. Kaminski) - Gomez (51. Ginczek).

Schiedsrichter: Osmers (Hannover).

Zuschauer: 25 736.

Tore: 0:1 Badstuber (19.), 1:1 Muto (45.+2), 2:1 Muto (54.), 3:1 Holtmann (64.), 3:2 Ginczek (90.+1).

Gelbe Karten: de Jong (1), Zentner (1) / Insua (2), Ginczek (1), Burnic (2), Pavard (2).

Beste Spieler: de Jong, Muto / Gentner.