Philipp Klement kam für rund 2,5 Millionen Euro vom SC Paderborn zum VfB Stuttgart – und war damit der teuerste Neuzugang bisher. Foto: Baumann - Baumann

Noch keine zehn Millionen Euro haben die Stuttgarter in neue Spieler investiert – so viel kostete vergangenes Jahr der Transferflop Pablo Maffeo alleine. Diesen Fehler wollen Thomas Hitzelsperger und Sven Mislintat nicht begehen und suchen preiswerte Qualität, die aber hochmotiviert ist.

StuttgartEs waren keine unbeschwerten Wochen, damals, im Sommer 2016. Der VfB war gerade abgestiegen, der VfB musste Spieler verkaufen, um den Laden am Laufen zu halten, der Verein stand vor einer ungewissen Zukunft. Aber: der VfB hatte zumindest eine Torgarantie verpflichtet. Und Bundesligaerfahrung.

Simon Terodde hatte in der Saison zuvor 25 Treffer für den VfL Bochum erzielt. Dass er erneut funktionieren würde, war ziemlich sicher. In Marcin Kaminski kam ein polnischer Nationalspieler, in Hajime Hosogai und Tobias Werner kamen Spieler, die sich schon eine Klasse höher über Jahre bewährt hatten. All das gab ein Gefühl der Zuversicht. Und nun?

Der VfB steht, so wird es von den Verantwortlichen gerne gesagt, nach dem erneuten Abstieg viel besser da als vor drei Jahren. Auch, weil allein 50 Millionen Euro an Transfereinnahmen in die Kasse kamen – weshalb sich viele Fans fragen: Warum investiert der VfB nicht mehr, um die Mission Wiederaufstieg vernünftig abzusichern? Die Antwort ist vielschichtig. Zunächst einmal müsste der VfB gestandene Bundesligaspieler (im besten Alter Mitte 20) erst einmal davon überzeugen können, das Thema zweite Liga überhaupt anzudenken. Wer kann, bleibt meist im Oberhaus – es sei denn, das finanzielle Angebot ist derart verlockend, dass sich ein freiwilliger Abstieg lohnt. Aber: Verrückte Sachen will der VfB nicht tun.

TV-Gelder in Millionenhöhe fehlen

Zwar sind die Einnahmen aus den Transfers von Benjamin Pavard (für 35 Millionen Euro zum FC Bayern) und Ozan Kabak (für 15 Millionen Euro zu Schalke 04) sehr hoch. Dennoch wird ein nicht unbedeutender Teil der Pavard-Millionen auch dafür benötigt, die Abstiegsverluste auszugleichen. Mit 30 Prozent weniger Umsatz rechnet man, allein 20 Millionen Euro fehlen gegenüber der vergangenen Saison an TV-Geldern, die von 48 auf 28 Millionen Euro sinken. Und der Kader – wie er derzeit dasteht – ist alles andere als ein billiger Jakob. Über 60 Millionen Euro verschlangen Spielergehälter in der Abstiegssaison, bis zu 40 Millionen teuer könnte er bleiben.

Auch deshalb suchte der VfB bisher in anderen Kategorien. Nicht einmal zehn Millionen Euro an Ablösesumme haben Sportvorstand Thomas Hitzlsperger und Sportdirektor Sven Mislintat bisher ausgegeben – soviel kostete im vergangenen Sommer allein der Transferflop Pablo Maffeo. „Wir haben nicht zu wenig investiert, sondern falsch investiert“, sagte VfB-Finanzvorstand Stefan Heim kürzlich im Rückblick. Nun hat einerseits das Rennen um die höher eingepreisten Akteure noch gar nicht richtig begonnen. Andererseits steckt hinter den bisherigen Aktivitäten der Weiß-Roten auch eine Philosophie. Als Spieler, die in ihrer bisherigen Karriere schon „Dreck gefressen“ haben, bezeichnete Hitzlsperger einen Teil der Neuzugänge, die möglichst jung und entwicklungsfähig, vor allem aber auch hungrig sein sollen – darauf, es über den beschwerlicheren, also nicht direkten Weg, in die Bundesliga zu schaffen. „Wir brauchen einen Spirit, sonst helfen die besten wirtschaftlichen Voraussetzungen nichts“, hat kürzlich Heim ebenfalls erkannt. Dazu kommt die Frage der Quantität.

Mit den aufgerückten bisherigen Juniorenspielern zählt der VfB-Kader (Hitzlsperger: „Es ist eine hohe Motivation da, aber auch viel Qualität“) aktuell rund 30 Spieler. Keine Größe, mit der sich während der Saison gut arbeiten lässt. Also muss demnächst noch einmal sortiert werden – um doch noch freie Kaderplätze oder Baustellenbereiche zu identifizieren. Unklar ist ja zudem, welche Spieler der Abstiegs-Elf der vergangenen Saison bis Anfang September doch noch den Club verlassen.

Vor Transferende nachlegen

Je nachdem, wer geht und wie viele gehen, kann oder muss noch einmal nachbesetzt werden. Dass der VfB dann doch noch viel Geld in die Hand nimmt, ist alles andere als ausgeschlossen. So kündigte Hitzlsperger ja auch an, den Erlös aus dem Verkauf von Ozan Kabak wieder in den Kader zu investieren. Der österreichische Stürmer Sasa Kalajdzic etwa wird mit rund drei Millionen Euro zu Buche schlagen.

Vor drei Jahren übrigens legte der VfB auch gegen Ende der Transferperiode noch einmal nach. Es kam unter anderem: Benjamin Pavard – für fünf Millionen Euro. Die stünden auch jetzt zur Verfügung. Sven Mislintat muss nur einen finden, der sie wert ist. Und zum VfB kommen will.