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Die elf Kilo schwere Knolle gilt noch als Leichtgewicht, die Blüte wird mehrere Meter hoch.

Stuttgart (red)Eines der seltensten Erlebnisse in der Pflanzenwelt bahnt sich in der Wilhelma an. Die Titanwurz wird zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder einen der größten Blütenstände der Welt ausbilden. Er erreicht innerhalb von nur zwei Wochen mehr als zweieinhalb Meter Höhe. Die Pflanze blüht dabei lediglich eine Nacht, stinkt erbärmlich und heizt sich auf mehr als 30 Grad auf. So täuscht die pfiffige Pflanze vor, ein Tierkadaver zu sein, um Fliegen anzuziehen, die für sie die Bestäubung übernehmen. Weil dies so kraftraubend ist, bringt die Amorphophallus titanum die meiste Zeit nur einen Stängel mit Blättern hervor, um Energie zu tanken. Alle Jubeljahre, wenn die viele Kilo schwere Knolle stark genug geworden ist, kommt es zu dem bemerkenswerten Schauspiel.

Für die Gärtner der Wilhelma war am vergangenen Dienstag, 12. Juni, erstmals erkennbar, dass der Sproß in diesem Jahr kein Blattstängel, sondern ein Blütenstand werden wird. Seither geht es rasant voran. Jeden Tag schießt das Hochblatt etliche Zentimeter nach oben. „Unsere Überraschung war groß, denn die Knolle wiegt nur elf Kilo“, sagt Dr. Björn Schäfer, Leiter des Fachbereichs Botanik. „In der Fachwelt erwarten wir einen Blütenwuchs erst bei Knollen ab 30 Kilo. Jetzt lassen wir uns überraschen und sind äußerst gespannt, was eine Kleine unter den Titanwurzen schaffen kann.“ An den Weltrekord in der Wilhelma von 2005 dürfte die jetzige Pflanze wohl nicht heranlangen. Der eigenwillige Star war damals wegen seiner Unberechenbarkeit von den Gärtnern liebevoll „Diva“ genannt worden und hatte satte 40 Kilo auf die Waage gebracht. Sie erreichte 2,94 Meter Höhe und übertraf deutlich die damalige Bestmarke von 2,76 Meter, die im Botanischen Garten in Bonn gemessen worden war. Als Rekord gilt heute eine Titanwurz-Blüte 3,10 Meter, die der Pflanzenzüchter „Winnipesaukee Orchids“ in New Hampshire (USA) 2010 hervorgebracht hat.

Weitere Blüten gab es in der Wilhelma relativ rasch hintereinander 2008 und 2011. Möglicherweise hat sich die Pflanze dabei übernommen. Die jetzt gedeihende Titanwurz ist nicht mehr die „Diva“, sondern eine Nachzucht. Damit die Besucher der Wilhelma an diesem botanischen Spektakel teilhaben können, ist die Titanwurzam Freitag dem 15. Juni an präsentable Stelle im Schmetterlingshaus gebracht worden. Dort können die Gäste zusehen, wie das Aronstabgewächs täglich sichtbar größer wird. Derzeit ist es etwas über einen Meter groß. Eine Schautafel erläutert die zu erwartende Entwicklung. Üblicherweise geht das Wachstum zehn Tage lang sehr rasch. Fünf Tage vor der Blüte beginnen die Nebenblätter zu welken. An den letzten vier Tagen kommen nur noch wenige Zentimeter hinzu. Am Tag vor der Blütenöffnung tritt Flüssigkeit aus. Die Nachtblüte und der Gestank dürften, wenn alles nach Plan geht, um den 27./28. Juni liegen. Danach verwelkt die Blüte rasch.