Stuttgart (eh) - Der Streit um die Kaufsumme für das Stuttgarter Wassernetz geht weiter: Die EnBW hat den Vergleichsvorschlag des Landgerichts abgelehnt: 290 Millionen Euro für die gesamte Infrastruktur seien kein fairer Preis. Die Stadt, die auf die Herausgabe des Netzes dringt, hätte die Summe akzeptiert.

Die Hoffnungen, dass die seit Jahren vergeblichen Verhandlungen zwischen der Stadt Stuttgart und der EnBW-Tochter Netze BW endlich ein Ende finden werden, sind zerschlagen: Auch vor der Zivilkammer wurde keine Annäherung im Streit um die Frage erreicht, welchen Betrag 2500 Kilometer Wasserleitungen, 44 Trinkwasser-Hochbehälter, 39 Pumpwerke, 16 949 Hydranten und 16 247 Schieber wert sind. Die sind notwendig, um Haushalte und Unternehmen in der Landeshauptstadt mit Wasser zu versorgen. Einem Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2010 zufolge soll die Stadt diese Aufgabe übernehmen.

Wie berichtet, hatte das Landgericht bei einem Gütetermin im Mai einem Kaufpreis zwischen 280 bis 290 Millionen Euro in den Raum gestellt. „Dieses Vergleichsangebot lehnen wir ab“, erklärte Netze BW-Geschäftsführer Christoph Müller gestern. „Die Summe ist nicht angemessen, liegt deutlich unter einem marktgerechten Verkaufspreis.“ Nach Auffassung des Unternehmens sind bei der Preisfindung durch das Gericht wichtige Aspekte „nicht ausreichend berücksichtigt worden“ - zum Beispiel die Frage der Kapitalverzinsung, die Einbeziehung der Löschwasser-Kosten und die steuerlichen Vorteile für die Kommune. „Wir sind nach wie vor verhandlungs- und vergleichsbereit“, betonte Müller. Allerdings habe man „nichts zu verschenken“: Die Netze BW habe in den letzten 15 Jahren immerhin mehr als 175 Millionen Euro in das Stuttgarter Wassernetz gesteckt.

Seine Preisvorstellungen hatte das Unternehmen in den Verhandlungen nach unten korrigiert: Anfänglich verlangte man 700 Millionen Euro, reduzierte dann auf 626 Millionen Euro und forderte zuletzt 480 Millionen Euro. „Auch ein solcher Preis führt nach unserer Auffassung nicht zu Mehrbelastungen für die Bürger“, so Müller. Es wären aber immer noch 200 Millionen Euro mehr, als die Stadt Stuttgart geboten hatte.

Im Rathaus bedauert man die Absage der EnBW - der Gemeinderat hatte am Donnerstagnachmittag in nichtöffentlicher Sitzung mit großer Mehrheit einer gütlichen Einigung zugestimmt. „Das Gericht hat einen Weg aufgezeigt, der es uns an der oberen Grenze eines vertretbaren Kaufpreises ermöglicht hätte, zügig die Wasserversorgung zurück in städtische Hand zu bekommen, und der zugleich den wirtschaftlichen Interessen der Netze BW angemessen Rechnung getragen hätte“, sagte Finanzbürgermeister Michael Föll. Nun aber wird das Gerichtsverfahren fortgesetzt - möglicherweise zieht es sich noch über Jahre hin.

Der mögliche Rückkauf des Stuttgarter Wassernetzes könnte eines der teuersten Geschäfte der Kommune in der jüngeren Vergangenheit werden. Für den Rückkauf sind bislang im städtischen Haushalt 110 Millionen Euro eingestellt.