Im Kessel wird es eng. Foto: Hauptmann Quelle: Unbekannt

Der Bedarf an Gewerbeflächen in der Region Stuttgart übersteigt deutlich das Angebot. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Erhebung.

Fast alle 179 Kommunen im Ballungsraum haben sich an der Studie der Wirtschaftsfördergesellschaft beteiligt. „Wir sind auf einem sehr niedrigen Niveau angelangt“, sagt der regionale Wirtschaftsförderer Walter Rogg: „Negative Folgen für das industrielle Wachstum sowie für den Bestand der regionalen Industriebasis können nicht mehr ausgeschlossen werden.“

Was wird gebraucht?

In der Region werden pro Jahr rund 160 Hektar Gewerbeflächen nachgefragt – das ist fast fünfmal die Fläche des Cannstatter Wasens. Rund ein Drittel dieser Nachfrage kann im Bestand realisiert werden, also in bestehenden Gebäuden und Brachflächen. Rund 100 Hektar müssten auf der grünen Wiese neu gebaut werden.

Wie ist das Angebot?

Auf den ersten Blick ist es groß: Rund 1030 Hektar – das ist fast die Fläche von Stuttgart-Feuerbach – sind in der Region für Gewerbe reserviert. Allerdings sind maximal 200 Hektar in den nächsten zwei Jahren nutzbar. Von den restlichen 830 Hektar stehen, wenn es gut läuft, knapp 400 Hektar in den nächsten zwei bis fünf Jahren zur Verfügung, weitere 430 Hektar können frühestens ab 2025 genutzt werden. Insgesamt gibt es 125 Hektar brachliegende oder mindergenutzte Flächen, wovon die meisten nicht größer als zwei Hektar sind. Aber auch davon stehen nur 42 Hektar bis Ende 2021 bereit.

Wie lautet das Fazit?

„Die Versorgung ist nicht ausreichend, selbst um den Bedarf der hiesigen Firmen zu decken“, sagt Rogg. Verschärft werde die Situation dadurch, dass es sich um eine rein quantitative Betrachtung handle: Oft passten Angebot und Nachfrage wegen Größe und Zuschnitt von Flächen, baurechtliche Vorschriften, Verkehrserschließung und Nutzung nicht zusammen. Rogg rechnet mit einem wachsenden Bedarf, wenn Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und anderen Antrieben gleichzeitig gebaut werden.

Gibt es regionale Schwerpunkte?

Ja. Die größte Nachfrage gibt es im Kreis Böblingen mit 92 Hektar in den beiden zurückliegenden Jahren. Es folgen der Kreis Ludwigsburg (82 Hektar), Stuttgart (58), der Rems-Murr-Kreis (42) und der Kreis Esslingen (35) vor dem Kreis Göppingen (18). Die Flächenpotenziale sind am größten in den Kreisen Böblingen (297 Hektar), Ludwigsburg (258) und Esslingen (234). Mit deutlichem Abstand folgen der Rems-Murr-Kreis (138) und der Kreis Göppingen (91). Schlusslicht ist Stuttgart (12). Kurzfristig sind in Waiblingen/Fellbach die meisten Flächen verfügbar, längerfristig hat der Bereich Sindelfingen/Böblingen das größte Potenzial.

Wo passen Angebot und Nachfrage?

Auch da gibt es Unterschiede. In den Kreisen Göppingen und Rems-Murr werden mehr Flächen angeboten als nachgefragt, im Kreis Esslingen hält es sich die Waage, in den Kreisen Böblingen und Ludwigsburg übersteigt die Nachfrage das Angebot bei Weitem. Besonders eklatant ist das Missverhältnis in der Stadt Stuttgart.

Was macht die Region?

Die regionale Wirtschaftsfördergesellschaft versucht in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsförderern der Kreise und der Städte Lösungen für ansiedlungswillige Firmen zu finden. Das geschieht oft im Hintergrund und macht keine Schlagzeilen. Dass das Bosch-Forschungszentrum in Renningen angesiedelt wurde, ist auch der WRS zu verdanken. Der Verband Region Stuttgart hat zudem regionale Gewerbeschwerpunkte mit 470 Hektar Fläche ausgewiesen, davon sind jedoch nur 54 Hektar in den nächsten beiden Jahren nutzbar. Oft scheitert die Region am Widerstand der Kommunen – beispielsweise bei der Ausweisung von Güterverteilzentren und von Gewerbeflächen an der A 81.

Gibt es neue Vorstöße?

Es werden regionale Vorhaltestandorte in der Größe von mehr als zehn Hektar gesucht, falls große Firmen rasch Flächen benötigen. Zudem unterstützt die Region mit einem mit drei Millionen Euro ausgestatteten Kofinanzierungsprogramm die Kommunen bei der Bereitstellung von Gewerbe- und Industriegebieten. In diesem Jahr gab es fünf Anträge, zwei wurden bewilligt. Bevor der interkommunale, 15 Hektar große Lauterpark in Donzdorf (Kreis Göppingen) erschlossen werden kann, müssen dort archäologische Funde untersucht und ausgegraben werden. Das kostet 210 000 Euro, die Region fördert dies mit 105 000 Euro. Das Gebiet Unter dem Plieninger Weg, einem elf Hektar großen Areal beim Ostfilderner Stadtteil Scharnhausen, kann um drei Hektar vergrößert werden, wenn Hochspannungsleitungen unter die Erde verlegt werden. Das kostet die Stadt 7,3 Millionen Euro, die Region gibt 600 000 Euro.