Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg schiebt sein Siegerauto in die Ausstellung. Für den ehemaligen Rennfahrer ein besonderer Moment, schon als 14-Jähriger sei der Autonarr im alten Mercedes-Museum gewesen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - In der Regel ist es für einen Rennfahrer kein schöner Moment, wenn er neben seinem Fahrzeug steht und es schieben muss. Denn dann ist er weit weg vom geliebten Grenzbereich, mögliche Formel-1-Punkte sind sowieso außer Sichtweite. Gestern Vormittag hat der amtierende Weltmeister Nico Rosberg jedoch gerne auf diese Weise zum Lenkrad gegriffen: Höchstpersönlich hat er sein Siegerauto, den F1 W07 Hybrid, ins Mercedes-Benz-Museum gebracht.

Statt mit mehr als 300 Kilometern pro Stunde rollte der Rennwagen im Schritttempo in den Ausstellungsbereich. Dabei ging es an manchen Stellen so eng wie auf einigen Stadtkursen zu - immer eine Handbreit an der Wand entlang, vorbei an Schikanen wie Stufen, Infotafeln und Absperrungen. Wie es sich gehört, trug Rosberg, der im vergangenen Dezember als Champion überraschend seinen Rücktritt aus der Königsklasse erklärt hat, Handschuhe. Jedoch nicht, um beim Lenken besseren Halt zu haben. „Bloß keine Kratzer oder Flecken in den auf Hochglanz polierten Boliden machen“, lautete die Devise auf den letzten Metern.

Im Museum trifft der neue Silberpfeil auf legendäre Rennfahrzeuge aus mehr als 120 Jahren Mercedes-Benz-Motorsportgeschichte. Es geht vorbei an unbezahlbaren Juwelen, aus der Ruhe lässt sich dennoch niemand bringen. Die Mitarbeiter haben fast so viel Routine wie eine Formel-1-Boxencrew beim Reifenwechsel. Selbst das Bewegen großer Fahrzeuge ist dank der richtigen Technik kein Problem. Herzstück ist ein individuell entwickelter 40-Tonnen-Kran. Ergänzt wird er von einem hydraulischen Hubtisch, der sich außen an der Museumsrückseite befindet. Mit diesem gelangt der beladene Krankorb vom Straßenniveau auf die Höhe des Atriums. Der Krankorb ist auf Luftkissen gelagert und lässt sich daher samt Ladung berührungsfrei und trotz des immensen Gewichts verhältnismäßig leicht per Fernsteuerung auf dem Boden des Atriums bewegen. Der knapp 700 Kilogramm schwere Formel-1-Flitzer, der ohne Öl und Benzin in der Ausstellung steht, stellte die Museumsmitarbeiter letztlich vor keine Probleme. Gemeinsam mit Rosberg rollten sie ihn unbeschadet an seinen Platz in der Ausstellung.

Dass der Silberpfeil dabei ausgerechnet einen Rennwagen seines größten Rivalen Lewis Hamilton verdrängt hat, schien dem 32-Jährigen zu gefallen. „Das ist schon okay“, sagte er mit einem Augenzwinkern. Zugleich betonte er, dass der Vormittag im Mercedes-Benz-Museum schon ein sehr emotionaler Moment für ihn sei. „Ich war schon als 14-Jähriger im alten Mercedes-Museum.“ Deshalb habe er unbedingt dabei sein wollen, als sein Siegerauto per Aufzug in die Ausstellung gebracht wurde.

Der gestrige Tag hat Rosberg wohl auf den Geschmack gebracht. Obwohl er sich selbst nicht als „Museumsgänger“ bezeichnet, kündigte er schon einen weiteren Besuch in Zuffenhausen an. „Das Porsche-Museum ist auch etwas, das man mal sehen muss. Das werde ich Klassik-Fan auch mal machen.“ Ansonsten genieße er die Zeit seit dem Ende seiner Karriere in vollen Zügen. „Es ist eine tolle Situation in meinem Leben. Eine Entdeckungsphase.“ Er freue sich zudem auf die Geburt seines zweiten Kindes.

Das Mercedes-Benz-Museum ist täglich von Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Kassenschluss ist immer 17 Uhr. Weitere Infos unter www.mercedes-benz.com/museum.

Nico Rosberg

Der in Wiesbaden geborene Nico Rosberg ist der erste deutsche Fahrer, der in der Formel 1 mit einem Silberpfeil Weltmeister geworden ist. Rosberg sichert sich im letzten Rennen der Saison 2016 den Titel mit einem zweiten Platz in Abu Dhabi. Sein Rivale Lewis Hamilton siegte zwar im Wüstenstaat, wurde jedoch im Gesamtklassement nur Zweiter. Insgesamt gewinnt der Deutsche im vergangenen Jahr neun Grands Prix, holt fünf zweite Plätze sowie zwei dritte Plätze. Gemeinsam fährt das Team in der letzten Saison 19 von 21 Siege ein; so viel wie noch nie. Mit dem Titelgewinn geht für Rosberg nach zehn Jahren in der Formel 1 ein Lebenstraum in Erfüllung. Fünf Tage nach dem Triumph verkündet er seinen Abschied aus der Formel 1.