Meldungen über Verspätungen sollen weniger werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski - Lichtgut/Leif Piechowski

58 neue Züge, neue Signaltechnik, Verlängerung der S 1: So sollen die Fahrgäste künftig besser an ihr Ziel kommen. Spätestens in sechs Jahren sollen die allermeisten S-Bahnen pünktlich sein.

StuttgartDie S-Bahn-Fahrgäste kennen das: Der Zug fährt von Bad Cannstatt oder Feuerbach her in Richtung Hauptbahnhof, wird immer langsamer und hält schließlich an. Weit und breit ist kein Bahnsteig zu sehen. Über die Lautsprecher kommt die Ansage, dass der Fahrer warten muss, bis das Gleis vor ihm frei ist. Erst nach ein paar Minuten geht es weiter, der Zug fährt im Schneckentempo in den Innenstadttunnel ein. Geht es nach dem für die S-Bahn verantwortlichen Verband Region Stuttgart, sollen diese Szenen spätestens 2025 Geschichte sein.

Wie pünktlich kommt die S-Bahn?

Durch mehrere Veränderungen im System soll die S-Bahn pünktlicher werden als heute. Im vergangenen Jahr hatte nach Angaben der Bahn in der Hauptverkehrszeit zwischen 6 und 9 Uhr sowie zwischen 15.30 und 20.30 Uhr im Durchschnitt mehr als jede fünfte S-Bahn über drei Minuten Verspätung. Einer von zehn Zügen kam sogar mehr als sechs Minuten zu spät. Das ist weit von den Zielen entfernt, die mit der Bahn vertraglich vereinbart sind. Außerdem fahren künftig noch mehr Züge, da der Viertelstundentakt bis zum Jahr 2021 auf den ganzen Tag ausgedehnt wird, sodass die Lage noch angespannter werden könnte. Zumal ohnehin Jahr für Jahr mehr Fahrgäste einsteigen, zurzeit etwa 420 000 täglich.

Wie werden die Züge pünktlicher?

Damit die Situation nach Jahren des Darbens endlich besser wird, nimmt die öffentliche Hand nun eine Menge Geld in die Hand. Die Regionalversammlung als gewähltes Gremium des Verbands hat bei einer Enthaltung beschlossen, 56 neue S-Bahnen zu kaufen (zwei weitere kauft die Bahn), und alle 215 Züge der Flotte für eine neue Leit- und Sicherungstechnik ausrüsten zu lassen, die Bahn, Bund und Land auf den Strecken rund um Stuttgart einbauen sollen. Bei der Technik geht es darum, dass die Züge künftig in kürzeren Abständen in die Haltestellen einfahren können, als es mit der aktuellen Technologie möglich ist – und sie nicht mehr so oft vor dem Hauptbahnhof warten müssen, bis das Gleis frei ist. Mit dem sogenannten European Train Control System (ETCS) sollen künftig mehr als 24 anstatt bisher 20 Züge pro Stunde durch den Innenstadttunnel fahren können.

Was kostet das neue System?

Stuttgart 21 wird mit dem System gesteuert werden, dafür will die Bahn in diesem Frühjahr Material bestellen. Die S-Bahn könnte sich dranhängen. Bahn, Bund und Land müssten etwa 600 Millionen Euro in ETCS und neue Stellwerke investieren. Das Land hat bereits 230 Millionen zugesagt. Außerdem steht das Projekt im Bundesprogramm Digitale Schiene. Das System soll zusammen mit Stuttgart 21 im Jahr 2025 in Betrieb gehen. Dann könnte auch eine zusätzliche Linie (S 4, S 5 oder S 6) über die Schwabstraße hinaus in Richtung Vaihingen fahren.

Was bringen 58 neue Züge?

Bei den Zügen geht es in erster Linie darum, die jetzigen S-Bahnen zu verlängern. Bis zu drei Züge können aneinandergehängt fahren. Die Bahn hat aber nicht genug, um das auf allen Linien zu allen Zeiten zu tun. Mit 58 weiteren Zügen soll künftig deutlich mehr Platz auch für neue Fahrgäste sein. Mit diesen wird unter anderem gerechnet, weil die neue Einteilung der VVS-Tarifzonen zum 1. April das S-Bahn-Fahren für viele billiger macht. Außerdem erhoffen sich die Verantwortlichen, dass die Fahrgäste schneller ein- und aussteigen, wenn es in längeren Zügen mehr Türen gibt. 422 Millionen Euro sollen die Züge kosten. Das Land hat davon 106 Millionen zugesagt. Die Regionalversammlung hat sich dazu entschlossen, etwa 380 Millionen Euro an Krediten aufzunehmen, um den Kauf der Züge und die Ausrüstung mit ETCS in trockene Tücher zu bringen. Auch hier gibt es Termindruck, weil ein Angebot des Herstellers Bombardier ausläuft und die Fahrzeuge noch teurer zu werden drohen. Die Bahn soll die Fahrzeuge später ablösen. Damit sich das Ganze rechnet, will die Region den Vertrag mit der Bahn zudem vorzeitig von 2028 bis 2032 verlängern.

Wo können Linien länger werden?

Zuletzt beschloss das Gremium, sich an einer größeren Wendlinger Kurve im Zuge der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm als bisher geplant zu beteiligen. Damit die S 1 nach Nürtingen verlängert werden kann und S-Bahnen über die Neubaustrecke zum Flughafen fahren können, bringt die Region 12,5 Millionen Euro mit; aber nur, wenn die Region Neckar-Alb mit Reutlingen und Tübingen das Gleiche bringt.

Was sagen die Fraktionen?

Die Regionalversammlung steht einmütig hinter ihrer Entscheidung, einzig der Republikaner Ulrich Deuschle („Innovative Politik“) enthielt sich. Unterschiede gab es in der Bewertung der Risiken.