Oberbürgermeister Fritz Kuhn stellte gestern die Kampagne zur neuen Feinstaubsaison vor. Foto: Stadt Stuttgart Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Stuttgart startet in die dritte Feinstaubalarm-Periode. Bei zu hoher Schadstoffbelastung werden Autofahrer in den nächsten sechs Monaten zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel aufgefordert. Die Maßnahme ist umstritten. Dennoch hält Oberbürgermeister Fritz Kuhn daran fest: Der Feinstaubalarm sei „ein wichtiges Signal und ein Weckruf, dass das Problem noch nicht gelöst ist“.

Bei entsprechender Wetterlage könnte erstmals am Samstag, 14. Oktober, Feinstaubalarm ausgelöst werden. Er würde dann ab Montag, 16. Oktober, 0 Uhr, für den Autoverkehr gelten. Auch der Betrieb von Kaminen, die nicht zwingend zum Heizen notwendig sind, wäre dann untersagt. „Freude macht uns das nicht, aber es ist notwendig“, sagte der OB gestern bei der Vorstellung der Kampagne „Gemeinsam für saubere Luft - Stuttgart steigt um“. Es gehe um Gesundheitsschutz und da könne die Stadt auf nichts verzichten, was zur Luftreinhaltung beitrage, betonte Kuhn.

Auch wenn das Limit von 35 Überschreitungstagen jährlich an der Messstation Neckartor bereits gerissen wurde - in diesem Jahr wurden dort schon 39 Tage mit Werten über 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen - verteidigt er den im Januar 2016 eingeführten Feinstaubalarm: „Wir kämpfen weiter gegen jedes Mikrogramm.“ Wie die konstant rückläufigen Messergebnisse zeigten, seien Verbesserungen erkennbar. „Aber es ist weiter ernst in Stuttgart“, so Kuhn. „Wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Wir werden nicht ruhen, bis die Belastung deutlich gesunken ist.“

Vor allem die Autofahrer stünden „in der Verantwortung, einen eigenen Beitrag zur sauberen Luft in Stuttgart zu leisten und ihr Mobilitätsverhalten zu überprüfen“, appellierte der OB. Alternativen zum Auto seien der Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr, die Bildung von Fahrgemeinschaften oder das Fahrrad. Wie viele Stuttgarter und Pendler dem städtischen Aufruf über Banner und Anzeigetafeln, das Radio oder Soziale Medien zum Autoverzicht tatsächlich folgen, lasse sich nicht klären, räumte Kuhn ein. Die vorherigen beiden Alarmperioden zeigten jedoch, dass die Wirkung überschaubar ist. Busse und Bahnen registrierten nur rund fünf bis sechs Prozent mehr Fahrgäste. Anreiz zum Umsteigen soll ein neues Umweltticket bieten, das nicht nur an den jeweiligen Alarmtagen, sondern ab 15. Oktober die gesamte Saison über gilt. Das Umwelt-Tages-Ticket kostet für eine bis zwei Zonen 4,50 Euro, für drei bis vier Zonen 7,70 Euro und ab fünf Zonen 12,10 Euro.

Kuhn verwies darauf, dass der Alarm nur eine Maßnahme von vielen zur Luftverbesserung sei. Allein im Doppelhaushalt 2016/2017 wurden rund 14 Millionen Euro für die Förderung der nachhaltigen Mobilität bereitgestellt, in Etat der nächsten beiden Jahre sind dafür 25,6 Millionen Euro vorgesehen. So sind neben dem weiteren Ausbau des Stadtbahnverkehrs und zusätzlichen Busspuren im Talkessel unter anderem eine „Abwrackprämie“ für Zweitakt-Zweiräder, die Erhöhung des Radetats und die Einrichtung einer Schnellbuslinie von Bad Cannstatt in die Innenstadt geplant.

Getestet wird darüber hinaus die Wirkung einer Mooswand in der Nähe von Deutschlands Feinstaub-Hotspot Neckartor. Dort startet am Montag auch die Nassreinigung: Die Fahrspuren und Gehwege rund um die Kreuzung werden bis zum Ende der Feinstaubalarm-Periode am 15. April 2018 von Sonntag bis Freitag zwischen 22 und 5 Uhr gereinigt. Ziel ist es, Dreck aufzusaugen bevor er durch den Verkehr zu Feinstaub zerrieben wird. Der Pilotversuch im vorangegangenen Winterhalbjahr hatte vielversprechende Ergebnisse geliefert.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte das Konzept: Es gebe „viel Rhetorik, aber keine zupackenden Sofortmaßnahmen für saubere Luft“, so die Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. Der BUND fordert ein Tempolimit auf den Zufahrtsstraßen nach Stuttgart. „50 Kilometer pro Stunde auf den Bundesstraßen 10, 14 und 27 sowie Tempo 60 auf den Autobahnen kann kurzfristig umgesetzt werden und die Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Emissionen damit deutlich reduzieren.“

www.feinstaubalarm-stuttgart.de