Die Maskenträger der Hogamale vertreiben den Winter und begrüßen den Frühling. Foto: Andreas Rosar - Andreas Rosar

Es ist eine der Fasnets-­Hochburgen in der Landeshauptstadt: Hofen. Ab Donnerstag übernehmen die Scillamännle wieder die Macht im Stadtteil. Auf Narren und Besucher wartet bis zum Faschingsdienstag ein buntes Programm.

Hofen Ein kleines närrisches Dorf am Ortsrand von Stuttgart – nein, die Rede ist nicht von Asterix und Obelix, den unbeugsamen Galliern aus den weltberühmten Comicheften, die den Römern mit Hilfe des Zaubertranks erfolgreich Widerstand leisten, sondern vielmehr von Hofen. Denn einmal im Jahr herrscht im kleinen Stadtteil der Ausnahmezustand, wenn die Hofener Scillamännle die fünfte Jahreszeit ausrufen. Gemäß dem Motto: „Ein Dorf, ein Verein, ein starkes Stück Fasnet“, betont Pressesprecher Raimund Stetter stolz.

Und das nicht ohne Grund. Schließlich ist die Narrenzunft der Hofener Scillamännle „die älteste und größte in den Unteren Neckarvororten“, sagt Stetter. Die inzwischen knapp 300 Mitglieder verteilen sich auf die einzelnen Gruppen der Scillaknospen (der Nachwuchs), der Maskenträger, Gardemädchen, der traditionellen Figur des Greadeffele und natürlich der Scillamusik auf. An eine solch enorme Zahl war vor 34 Jahren noch nicht zu denken, als der Grundstein für die heutige Narrenzunft gelegt wurde.

Denn damals vor 34 Jahren waren es gerade einmal 14 junge Männer, die die lange Tradition heimatlichen Ursprungs, die der Ort Hofen mit „Komma Gschwomma“ und der bodenständigen Fasnet verbindet, aufleben ließen. Vor 1985 gab es lediglich eine lose Gruppe Hofener Hexen. Aber diese sind nicht urkundlich belegt, noch der Volksmund wusste etwas von Hexen. „Orientierung an einer Hofener Gegebenheit“ – das war der Gedanke, um sich mit einer Maskengruppe einheitlich darzustellen. Und letztendlich kam nach langem Gedankenaustausch der Name Scillamännle zustande.

Dieser kommt nicht von ungefähr. Unweit von Hofen gelegen, blüht im Scillawald als eine der ersten Boten des Frühlings der unter strengem Naturschutz stehende Blaustern, der nirgendwo auf Stuttgarter Gemarkung in dieser Üppigkeit vorkommt. Dieses Zwiebelgewächs, lateinisch Scilla, diente als Vorlage für Masken und Häs. Ein „Plätzlesgewand“ in den erdfarben Grün und Braun, symbolisieren Stängel und Blätter der Scillablume. Eine freundliche und auch knitz dreinblickende, eigens aus Lindenholz geschnitzte Holzmaske, bildet den Blickfang. Umgeben von einem wallenden Kopftuch in den Blütenfarben der Pflanze Blau, Violett, Rosa, sind die Scillamännle keine Schreckgestalten sondern Naturverbundenheit und Brauchtum darstellende Hästräger.

Beim Fasnetstreiben 1985 in Hofen trat die neue Gruppe erstmals öffentlich auf. Seit 1986 ist der Verein im Vereinsregister eingetragen. Der erste Rathaussturm wurde 1986 in Mühlhausen durchgeführt. Seit 1988 sind die Hofener Scillamännle eine vom Landesverband württembergischer Karnevalvereine anerkannte Masken- und Brauchtumsgruppe. Seit 1986 tanzen die Mädchen als Scillablüten und Miniblüten in den Tanzgarden. 1988 stieg erstmals das Greadeffele – die Symbolfigur – aus des Burghofs dunklen Tiefen empor. 1990 gründete sich die Scilla-Musik und die Nachwuchsgruppe, die Scillaknospen. Seit dem Jahr 2014 gibt es die Gruppe Hogamale, die sich ausschließlich bei der Auferweckung und Beerdigung des Greadeffele zeigt.

Inzwischen sind die Scillamännle nicht mehr aus Hofen wegzudenken und auch weit über die Dorfgrenzen hinaus bekannt. Denn wo die Scillamännle auftauchen, sorgen sie für Aufsehen. „Bei uns gibt es keine Trennung zwischen den verschiedenen Gruppen, wir sind eine homogene Einheit“, betont Stetter. In der Regel mit bis zu 150 Mitgliedern besuchen sie verschiedenste Veranstaltungen – im Alter von 10 bis 75 Jahren. Die Freude am närrischen Treiben verbindet. Einen besonderen Bekanntheitsgrad weit über die Ortsgrenzen hinaus hat sich über die Jahre vor allem auch die Scillamusik erarbeitet.

Die Fasnets-Kampagne in diesem Jahr steht daher in Hofen auch im Zeichen eines ganz besonderen Jubiläums: Seit nunmehr 25 Jahren hat Roland Mezger die musikalische Leitung inne. „Ihm ist es gelungen aus einer Gruppe voller Laien eine inzwischen landesweit beachtete Gruppe für Guggamusik zu kreieren“, sagt Stetter. Zum Stamm gehören rund 30 Musiker. Auch wenn sich das Eigengewächs aus dem Hofener Musikverein selbst als „DADVS“ (der Arsch, der vorne steht) bezeichnet, wie Stetter lachend anmerkt, wissen die die Scillamänner sehr wohl, was sie an ihrem musikalischen Leiter haben und eigens einen närrischen Schlachtruf frei nach „I’m Sailing“ kreiert: „Wir sind Rolo, wir sind Rolo...“. Und dieser wird in diesem Jahr sicher auch in der närrischen Hochphase durch Hofen schallen – im kleinen närrischen Dorf am Ortsrand von Stuttgart.