Bezirksvorsteher Ralf Bohlmann fassungslos auf der Verkehrsinsel, auf der die 80-Jährige von dem Auto erfasst wurde. Foto: Nagel - Nagel

Im Seeblickweg ist bereits zum dritten Mal in den letzten fünf Jahren jemand ums Leben gekommen. Die Anwohner sind sauer und fordern endlich eine Lösung.

HofenMühlhausens Schultes Ralf Bohlmann ist eigentlich gern in seinem Stadtbezirk unterwegs, schaut nach dem Rechten und unterhält sich mit den Bürgern. Auf den Ortstermin gestern Vormittag im Seeblickweg hätte er aber liebend gerne verzichtet. „Furchtbar, bereits der zweite Tote innerhalb von zwei Jahren an nahezu der gleichen Stelle“, so Bohlmann als er fassungslos den „Ort des Schreckens“ begutachtet. Der befindet sich im Kreuzungsbereich Kochelseeweg/Benzenäckerstraße/Seeblickweg. Eine Stelle, über die seit Jahrzehnten im Bezirksbeirat diskutiert wird und an der schon öfters Menschen durch Unfälle starben. Nicht nur das Bürgergremium ist deshalb der Meinung, dass es sich hier um eine für Passanten gefährliche Kreuzung handelt, auch Anwohner plädieren vehement dafür, dass die Stadt hier Maßnahmen ergreifen muss.

„Hier stand die Frau“, so Ralf Bohlmann und zeigt auf die kleine Verkehrsinsel, die eigentlich ein sicheres Überqueren der Straße ermöglichen sollte. Allerdings war die 80-jährige Hofenerin chancenlos, da der 58 Jahre alte Unglücksfahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und über die Insel fuhr. „Die Hintergründe soll jetzt das Gutachten aufzeigen“, sagt der Bezirksvorsteher mit Blick auf die Fahrbahn, auf der noch jede Menge Kreidestriche und Zahlen zu erkennen sind. Stumme Zeugnisse von dem tödlichen Unfall.

Grablicht und Blumenstrauß

Nur wenige Meter entfernt wurde bereits ein Grablicht samt Blumenstrauß abgelegt, gleich neben den Richtungsschild, dass der Unglücksfahrer ebenfalls mit seinem Auto überfahren hatte. Kurz darauf taucht ein städtischer Mitarbeiter auf, der im Auftrag des Tiefbauamts das kaputte Schild einsammelt und einen neuen Richtungspfeil aufmontiert. Nicht zum ersten Mal. „Sie werden regelmäßig umgefahren“, sagt Bohlmann, der auch weiß warum. „Auf dieser Strecke wird viel zu schnell gefahren.“.

Nach einer halben Stunde sitzt der Bezirksvorsteher in der Wohnung von Peter Niegel, einem Anwohner aus dem Kochelseeweg, der seit Jahrzehnten für einen sicheren Überweg in diesem Bereich kämpft. Er habe schon mit Ludwig Abele, Ursula Keck und Bernd-Marcel-Löffler – alles Vorgänger von Bohlmann – darüber debattiert. „Allein die Stadtverwaltung hat immer einen Grund gefunden, unser Anliegen in die Schublade zu legen“, so Peter Niegel, in dessen Stimme sich auch Zorn und Wut mischt. Denn nach dem tödlichen Unfall des Neunjährigen im August 2017 wurden Unterschriften gesammelt und erneut Maßnahmen gefordert. Vergebens – der Gemeinderat lehnte eine Finanzierung im Haushalt 2018/19 ab. Selbst die Unterstützung durch Landesumweltminister Franz Untersteller, der in einem Brief im November 2017 bei OB Fritz Kuhn um Abhilfe bat, hatte nichts bewirkt. Stuttgarts Stadtoberhaupt verwies in seiner Antwort im Januar 2018 darauf, dass man die Finanzierung zurückgestellt habe, weil die Kreuzung auf Hofener Gemarkung zunächst nicht im Sanierungsgebiet „Mühlhausen 3 - Neugereut“ lag. Die habe der Gemeinderat aber im Sommer 2017 beschlossen. Die Baumaßnahme für den Kreisverkehr soll „im nächsten Doppelhaushalt 2020/2021 angemeldet werden“, so OB Kuhn damals.

Immerhin steht seit Februar fest, dass die Kreuzung durch einen Kreisverkehr ersetzt wird. Der soll 1,85 Millionen Euro kosten und für Sicherheit sorgen. Allerdings müssten dafür noch Fördermittel des Landes beantragt werden, so Stadtplaner Andreas Hemmerich damals gegenüber dem Bezirksbeirat. Ein weiteres Manko: Baubeginn wäre erst 2021.

Zebrastreifen bis 2021

Eine Verzögerung, über die Ralf Bohlmann nicht glücklich ist. Er werde deshalb mit Nachdruck versuchen, ob bis dahin, nicht doch eine Interimslösung in Form eines Zebrastreifens möglich wäre. Die Verwaltung hat eine erste Anfrage des Bezirksbeirats mit der Begründung abgelehnt, dass an dieser Stelle zu wenig Passanten den Seeblickweg überqueren würden. „Ich habe bereits Kontakt mit dem Amt für öffentliche Ordnung aufgenommen“, so der Bezirksvorsteher. Er wolle bei diesem Thema nicht locker lassen.

„Ein Zebrastreifen würde die Raser zwingen, ihre Geschwindigkeit zu drosseln“, ist sich Peter Niegel sicher. Denn an das vorgeschriebene Tempo 50 halten sich an der abschüssigen Straße vor allem in Fahrtrichtung Hofen nur die wenigsten. „Sehr, sehr oft kracht’s – vor allem nachts“, weiß Niegel. Zudem erinnert der Hofener auch daran, dass es binnen weniger Jahre bereits der dritte Todesfall an der unfallträchtigen Kreuzung sei. Denn an Silvester 2014 wurde ein 71-Jähriger ebenfalls beim Überqueren der Straße von einem Wagen erfasst und getötet.

„Bisher gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Autofahrer zu schnell gewesen sein könnte“, sagt Polizeisprecher Martin Schautz. Auch Alkohol soll nicht im Spiel gewesen sein. Warum der 58-Jährige aus dem Landkreis Ludwigsburg von der Strecke abkam – das bleibt vorerst ungeklärt. Ein Gutachter wurde deshalb in die Ermittlungen eingeschaltet.