Vor 50 Jahren brachte Walther Specht das Konzept der Mobilen Jugendarbeit nach Deutschland. Als bundesweit erster Streetworker begann er mit seiner Arbeit im Stuttgarter Stadtteil Freiberg. Foto: Olbort Quelle: Unbekannt

Von janey olbort

Seit 50 Jahren wird Jugendlichen in Baden-Württemberg durch Streetwork geholfen. Der Sozialpädagoge Walther Specht legte im Jahr 1967 in Freiberg den Grundstein für Mobile Jugendarbeit. Das Jubiläum wurde im Kleinen Kursaal in Bad Cannstatt gefeiert.

Es war im Jahr 1967, als Walther Specht die Mobile Jugendarbeit, heute besser bekannt als Streetwork, von den USA nach Deutschland brachte. Der Sozialpädagoge, der damals für ein halbes Jahr in den Vereinigten Staaten lebte, bewarb sich für eine Stelle in Stuttgart und kam schließlich nach Freiberg. Der Stadtteil habe damals durch hohe Jugendkriminalität für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt, sagt Specht. Statt der zu dieser Zeit üblichen Methode der Erziehung durch Strafen, ging er mit dem Ansatz der Mobilen Jugendarbeit neue Wege. Und das mit Erfolg, wie das Jubiläum beweist.

Die Stelle von Walther Specht wurde in Freiberg Ende der 1960-er Jahre von der Evangelischen Gesellschaft und des Caritasverbandes geschaffen, die Räume für die Jugendarbeit hat die Kirchengemeinde gestellt. Wichtig für das Gelingen seiner Arbeit sei damals wie heute gewesen, „dass beide Konfessionen an einem Strang ziehen“ und die Jugendlichen unabhängig von ihrem Glauben unterstützen.

Der Sozialpädagoge versuchte, auf benachteiligte Jugendliche zuzugehen und sie zu unterstützen. Zunächst schlug ihm dabei Skepsis von allen Seiten entgegen: Die Jugendlichen haben ihm anfangs misstraut, sich gefragt, ob er vielleicht ein getarnter Polizist ist, sagt er. Doch ein offener und ehrlicher Umgang mit den Jugendlichen habe schnell für ein vertrauensvolles Verhältnis gesorgt. Außerdem war der Ansatz mit „bösen Buben zu arbeiten“ in der Bevölkerung erst einmal „nicht gern gesehen“. Viele Leute haben sich gefragt, warum man für diese Jugendlichen Geld ausgeben sollte. Aus ersten Kontakten entstand schließlich ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Sozialpädagogen und den Jugendlichen, sodass im selben Jahr der „Club 67“ gegründet und ein Tanzkurs ins Leben gerufen wurde.

Konzept Streetwork setzt sich durch

Heute ist Mobile Jugendarbeit längst gängige Praxis und die Einrichtungen in Baden-Württemberg gut vernetzt. „Nachdem das Stuttgarter Modell gut lief, haben sich auch viele andere Kommunen für das Modell interessiert“, sagt Specht. Durch positive Rückmeldung von Polizei und Jugendamt sowie weniger Straftaten habe sich das Konzept Streetwork über die Stadtgrenzen hinaus herumgesprochen. Mittlerweile haben sich in Baden-Württemberg etwa 150 Projekte zur Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit zusammengeschlossen. Durch den Verbund könne man sich fachlich austauschen, aber auch auf politischer Ebene Einfluss nehmen, sagt der Vorsitzende Mitja Frank und weist auf eine Besonderheit hin: „Baden-Württemberg ist ein Vorzeige-Bundesland“, da es - außer in Sachsen - nur hier eine Förderung der Mobilen Jugendarbeit vom Land gibt.

In der Landeshauptstadt wird Mobile Jugendarbeit in 17 Stadtteilen angeboten, dafür sind 42 Beschäftigte in Vollzeit sowie 250 Ehrenamtliche im Einsatz. Für gelungene Jugendarbeit sei vor allem die Unterstützung von den Bürgern vor Ort wichtig, sagt Specht, „nicht nur die fachliche Expertise“.