In Stuttgart gibt es inzwischen nur noch vier Geburtskliniken. Foto: Leif Piechowski - Leif Piechowski

Seit Ende 2018 gibt es in Stuttgart statt fünf nur noch vier Geburtskliniken. Das macht sich nun bemerkbar: Zwei Häuser verzeichnen Geburtenzuwächse.

StuttgartIn der Frauenklinik und der Filderklinik haben 2018 so viele Frauen entbunden wie noch nie. Für das Robert-Bosch-Krankenhaus ist es dagegen kein gutes Jahr gewesen in der Geburtshilfe – und das nicht nur, weil das Charlottenhaus seine Kreißsäle aufgeben musste.

So viele Babybäuche in einem Raum: Der Infoabend über die Entbindungsstation des Marienhospitals ist an diesem Abend gut besucht – trotz schlechten Wetters. Immerhin, stehen muss niemand. Das war beim Termin zuvor anders, da soll es noch voller gewesen sein. Seit Ende 2018 gibt es in Stuttgart statt fünf nur noch vier Geburtskliniken. Macht sich das bereits bemerkbar oder täuscht der Eindruck? Erstes Fazit nach einem Monat: Zwei Häuser aus Stuttgart verzeichnen tatsächlich Zuwächse im Vergleich zur Zeit, als die Kreißsäle im Charlottenhaus noch in Betrieb waren. Die Filderklinik arbeitet schon länger am Rand ihrer Kapazitäten. Doch nicht alle haben mehr zu tun.

In Stuttgart scheint die städtische Frauenklinik den Abschied des Charlottenhauses am 21. Dezember am stärksten zu spüren. Hier soll der Zuspruch seither „noch einmal deutlich zugenommen“ haben, wie der Sprecher des Klinikums, Hartmut Kistenfeger berichtet. Schon das gesamte Jahr 2018 war ungewöhnlich kinderreich für die städtische Geburtsklinik: Bei 3281 Entbindungen seien 3452 Kinder geboren worden – „ein absoluter Rekord“, so Kistenfeger. Kurz vor Weihnachten wurde sogar ein sechster Kreißsaal in Betrieb genommen als Reaktion auf die Entwicklung in der Geburtshilfe. Am 23. Dezember kam darin das erste Baby zur Welt: ein Junge namens Anton.

Geburtenrekord in der Filderklinik

„Man merkt es schon“, berichtet auch die Leitende Kreißsaalärztin Kathrin Fuchs des Marienhospitals über einen höheren Zuspruch seit dem Wegfall des Charlottenhauses. Ihr hätten mehrere Frauen erzählt, dass sie sonst dorthin zur Entbindung gegangen wären. Offenbar sprächen sie ein ähnliches Klientel an, meint Fuchs. Die gestiegene Nachfrage hatte bisher vor allem für frischgebackene Väter Konsequenzen. Das Marienhospital (knapp 1300 Geburten bewältigte das Haus bisher im Jahr) bietet den Männern als besonderes Bonbon an, die erste Nacht kostenlos bei Frau und Kind bleiben zu dürfen. In einer Woche im Januar war dies aufgrund der Belegung nicht möglich. Die Nacht für die Väter könne man nicht mehr garantieren, sagte Chefarzt Manfred Hofmann bei dem Infoabend.

Einen Geburtenrekord kann für 2018 neben der Frauenklinik auch die Filderklinik vermelden, die mit ihrer geringen Kaiserschnittquote auch viele Stuttgarter Schwangere anspricht. 2046 Geburten sind es 2018 gewesen, und damit erstmals mehr als 2000 Geburten. Noch mehr Entbindungen gingen nur bei einer Erweiterung, so die Leitende Hebamme Sigrid Sanwald, die räumlichen Kapazitäten seien erschöpft. Neben den vier Kreißsälen nutze man inzwischen zusätzlich einen Reserveraum für die Entbindungen. Auch im Januar hätten die Geburtenzahlen leicht über dem Durchschnitt gelegen. „Vor allem in der zweiten Januarhälfte hatten wir viel zu tun“, so Sanwald. Ob die steigende Nachfrage auch an der Schließung der Geburtshilfe im Charlottenhaus liege, könne sie nicht beurteilen.

Rückgang im RBK

In der St.-Anna-Klinik (900 Geburten im Jahr 2018), vom Profil her ähnlich wie das Charlottenhaus, stellt man bisher „keinen Unterschied“ fest, sei aber gerüstet, wie eine Sprecherin sagt. Auch das Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) verzeichnet „keinen Zuwachs“. Während das Charlottenhaus mit 918 Geburten in seinem letzten Jahr im Soll abgeschlossen hat, macht dem Ärztlichen Geschäftsführer des RBK, Mark Dominik Alscher, die Entwicklung der Geburtshilfe am Hauptsitz Sorgen. 1540 Geburten im Jahr 2018 bedeuten einen deutlichen Rückgang von 20,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr (1929 Geburten), 2016 waren es noch 2083 Geburten.

Alscher liefert die Begründung gleich mit: Sie hätten ein Problem mit der pädiatrischen Versorgung am RBK. Die Ludwigsburger Kinderklinik, mit der das Krankenhaus kooperiert, könne seit rund einem Jahr nicht mehr sicherstellen, dass rund um die Uhr, sieben Tage die Woche ein Kinderarzt vor Ort ist. Das sei Schwangeren aber wichtig. Das RBK würde deshalb am liebsten stattdessen mit dem Olgäle kooperieren. Alscher ist sich sicher: Bei der entsprechenden Versorgung mit Kinderärzten könnte man wieder deutlich zulegen – und das sei im Interesse der Stadt, meint er.

Am Olgahospital reagiert man reserviert auf das Thema. Es sei richtig, dass über die Option gesprochen werde, so der Klinikum-Sprecher, man habe schon eine gute Zusammenarbeit mit dem Marienhospital. „Ob vom Robert-Bosch-Krankenhaus die fairen Rahmenbedingungen, die mit dem Marienhospital langjährig bestehen, analog übernommen werden können“, müsse geklärt werden. Wirtschaftlich dürfe das Klinikum nicht zusätzlich belastet werden. Auch sei ihnen wichtig, dass die eigene Expertise „nicht gießkannenartig verteilt“ wird.