Akkordeon-Weltmeister Radu Ratoi begeisterte im Kursaal. Foto: Rolf Wenzel - Rolf Wenzel

Radu Ratoi ist 20 Jahre alt. Der Musiker aus Moldawien ist dreifacher Akkordeon-Weltmeister. Bei seinem Meisterkonzert im Kursaal begeisterte er die Besucher mit seinem Spiel

Bad CannstattZu ihrem jüngsten gemeinsamen Meisterkonzert am Sonntag hatten Cultur in Cannstatt und Bürgerverein Bad Cannstatt erstmals einen Akkordeonspieler in den Kursaal eingeladen. Radu Ratoi hatte 2016 seine erste Trophée Mondial in Portugal gewonnen. Jetzt kam der Virtuose aus Moldawien mit 20 Jahren als dreifacher Weltmeister nach Bad Cannstatt und überwältigte die Zuhörer mit seiner Kunstfertigkeit, seiner Hingabe und der Kühnheit, mit der er klassische Musik mit Seelenklängen verband, die er wie ein Naturereignis aufwallen ließ.

Die Spannweite der Kompositionen reichte dabei von der barocken Suite bis zur zeitgenössischen Neuen Musik. Programmatisch begann das Konzert mit Ratois Bearbeitung von Bachs Präludium und Fuge b-moll aus dem Jahre 1720, bei dem der Akkordeonist hineinlauschte in sein Instrument, mit konzentrierter Leidenschaft ins Spiel versank, mit der rechten Hand geschmeidig über die Tasten strich und zart oder burschikos die melancholischen oder fröhlichen Tonwellen aufklingen ließ.

Dieser Heiterkeit ließ Ratoi die Vertonung des Psalms 130 von Sofia Gubaidulinas folgen. „De profundis“ aus dem Jahre 1978 begann mit dumpf-brummenden Tonstößen wie ein Erdbeben, ebbte ab, eine leise Melodie und Ansätze schönen Klangs mischten sich ein, unterbrochen von grellen Eruptionen des Instruments, harten Klopfzeichen der linken Hand, der leichtfingrigen Artistik rechts und dem Atemholen des Akkordeon-Balgs, der auf die ganze Länge aufgezogen wurde. Mensch und Instrument waren zu einer Einheit verschmolzen, die geheimnisvolle Klänge aussandte. Diese rätselhafte Botschaft zog sich weiter, auch durch Anatoly Kusyakovs Sonata Nr. 6. Flatternde Klangschmetterlinge wechselten dort mit gewaltsam aufbrechenden Tönen des Instruments durch die Seelenmelodie des Musikers bis zum abrupten Ende zur Pause.

Wie ein Trainingslauf der Finger über die Akkordeontasten hatte Ratoi das Solo „Power“ von Sampo Haapamäki aus dem Jahre 1979 arrangiert und danach Domenico Scarlattis Cembalo-Sonate zum Tanzvergnügen gestaltet. Ole Schmidts Toccata Nr. 1 dagegen geriet zum Rütteltest für Instrument und Gemüt, durchweht von Sehnsuchtsklängen.

Mit Peter Tschaikovkys Romanze op. 5 und Camille Saint-Saens „Dance Macabre“ beglückte das virtuose Spiel des jungen Weltmeisters auch die konservativen Anhänger der klassischen Sonntagskonzerte. Dann folgten noch moldawische Volkslieder als Hommage an Ratois Heimat und Dixi-Vibrationen als Blick in die Zukunft dieses genialen Abenteurers auf dem Akkordeon.

Am 22. September um 18 Uhr spielt Aleksandra H. Dabek Klavierwerke von Chopin, Haydn und Beethoven beim 21. Förderkonzert von Treffpunkt Polen im Kursaal.