Der Willkommensraum in der Andreaskirche wurde am Montagabend mit einem Fest eingeweiht. Foto: Kuhn - Kuhn

Die Finanzierung des Stadtteil- und Familienzentrums wurde den Obertürkheimern verwehrt. Mit einem abgespeckten Programm haben sie nun den Willkommensraum in der Andreaskirche eröffnet.

ObertürkheimAufgeben gilt für die Obertürkheimer nicht. Sie wollten ein Stadtteil- und Familienzentrum, wurden jedoch kurz vor Weihnachten enttäuscht. „Alle Vereine und Einrichtungen unterstützten die Forderung, der Bezirksbeirat sprach sich einstimmig für diese Lösung aus, aber wir bekamen im Gemeinderat keine politische Mehrheit zusammen“, erzählte Bezirksvorsteher Peter Beier bei der Einweihung des neuen Willkommensraums. Nach einer kurzen Zeit der Enttäuschung krempelten die Aktiven des Arbeitskreises die Ärmel hoch, speckten - den Gegebenheiten gehorchend – das Konzept des Familienzentrums ab und eröffneten am Montagabend den Willkommensraum in der Andreaskirche. „Die Stadt fördert unsere integrative Arbeit, indem sie uns als eines von fünf Zentren in den Pakt für Integration aufnimmt“, sagt Pfarrerin Friederike Weltzien. Für die Obertürkheimer bedeutet dies: Ihre Arbeit wird mit 30 000 Euro pro Jahr unterstützt, eine 25-Prozent-Stelle kann finanziert und die ehrenamtliche Mitarbeit der vielen Helfer wenigstens minimal honoriert werden.

Mit einem Mundharmonika-Ständchen einiger Schülerinnen und Schüler der Obertürkheimer Grundschule wurden die neun Räume im Erdgeschoss der Andreaskirche nun feierlich eingeweiht. „Die evangelische Kirchengemeinde hat im Vorfeld mit viel Eigenleistung die Toiletten renoviert, sodass wir hier nun auch barrierefreie Toiletten besitzen“, berichtete SPD-Bezirksbeirat Michael Jantzer, der im Namen des Bezirksbeirats jenen Ehrenamtlichen dankte, die sich für die neue Einrichtung einsetzen. „Es kamen zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Menschen zusammen und wir haben sicherlich dafür auch den Segen von oben erhalten“, freute sich Pfarrerin Weltzien über die Eröffnung des Willkommensraums und die große Resonanz bei der Einweihungsfeier. „Hier entsteht ein Treffpunkt für alle Obertürkheimer. Für Menschen jeder Religionszugehörigkeit, jedes Glaubens, jung wie alt, egal welcher Nationalität, egal ob der Bewohner hier schon lange wohnt oder jüngst als Flüchtling nach Obertürkheim gekommen ist“, sagt die Pfarrerin. Getragen wird die Einrichtung durch viele ehrenamtliche Helfer, den Brückenbauerinnen und den Kirchengemeinden. Auch die Kindertagesstätten, das Jugendhaus Villa Jo und der Grundschule engagieren sich – nicht bur beim Einweihungsfest.

„Es wurde viel erreicht. Jetzt gilt es, die Einrichtung mit Leben zu füllen“, rief Bezirksvorsteher Beier den Besuchern zu. Jeden Montag öffnet von 16 bis 19 Uhr das Begegnungscafé. Getränke und kleine Speisen werden angeboten. Eine Vorgeschmack darauf bekamen die Einweihungsgäste. Es gab Köstlichkeiten aus aller Welt: schwäbische Kuchen neben von Flüchtlingen zubereitete süßen und würzigen Speisen, Uhlbacher Apfelsaft stand neben syrischem Mokka. „Wir werden nicht mehr alle Speisen und Getränke umsonst anbieten können, sondern müssen einen kleinen Kostenbeitrag erbeten“, räumte Weltzien ein. Denn trotz des städtischen Zuschusses und einer namhaften Spende durch die Stuttgarter Wohnungs – und Städtebaugesellschaft (SWSG) klafft noch eine Finanzierungslücke. „Uns fehlen selbst für die abgespeckte Version noch rund 12 000 Euro pro Jahr“, so Weltzien. Der Blick der Organisatoren geht Richtung Dezember 2019. „Wir können jetzt beweisen, welche notwendige Integrationsarbeit in Obertürkheim geleistet wird. Ziel ist es dann, dass das Stadtteil- und Familienzentrum Obertürkheim in den Doppelhaushalt 2020/21 berücksichtigt wird“, sagte Bezirksvorsteher Beier.

Angebote

Der Willkommensraum wird künftig vielfältig genutzt: Montags von 16 bis 19 Uhr öffnet das „Café Bonvenon“ im Luthersaal der Andreaskirche.

Zeitgleich mit dem Café, am Montag von 16 bis 19 Uhr, sowie am Donnerstag von 15 bis 17 Uhr öffnet eine Nähwerkstatt. Ein syrischer Schneider hilft bei Problemen mit Rat und Tat.

Zudem helfen montags Flüchtlinge anderen Flüchtlingen. Donnerstags kann von 10 bis 12.30 Uhr im Luthersaal gemeinsam gefrühstückt werden. „ Fit fürs Baby“, lautet das fortlaufende Kursangebot für Babys, das das Elternseminar durchführt. Es wird Sprachkurse geben und einmal im Monat treffen sich Frauen samstags von 10 bis 13 Uhr, um beim Frühstück Fragen der Kindererziehung auszutauschen.