Die Interimsbuslinie 109 soll durch die enge Tiroler Straße fahren. Esslingen will Standardbusse einsetzen, Stuttgarts Stadträte fordern Kleinbusse. Foto: Steegmüller - Steegmüller

Esslingen will wegen der Kanalbauarbeiten in der Geiselbachstraße ab Mitte 2019 die Buslinie 109 von Rüdern über Uhlbach nach Obertürkheim fahren lassen. Ob Standard- oder Kleinbusse eingesetzt werden, ist strittig.

UhlbachEs ist keinesfalls ein Vergnügen, als Bittsteller hier zu stehen“, räumte Esslingens Erster Bürgermeister Wilfried Wallbrecht ein, als er gestern im gemeinderätlichen Ausschuss für Umwelt und Technik die Pläne für eine Interimsbuslinie 109 von Rüdern über Uhlbach zum Obertürkheimer Bahnhof vorstellte. Diese wird notwendig, weil die Geiselbachstraße, die Hauptverbindung in den Esslinger Norden, wegen der Kanalsanierung ab Mitte 2019 komplett für den Verkehr gesperrt wird. Die Idee stößt in Stuttgart auf wenig Wohlgefallen, die Bürger Uhlbachs laufen Sturm dagegen. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer stellte jedoch unmissverständlich klar: „Wir sind per Gesetz zur Nachbarschaftshilfe verpflichtet.“ Ein entsprechender Rechtsantrag der Stadt Esslingen auf Ausweisung einer Umleitungsstrecke sei bereits im Stuttgarter Rathaus eingegangen. Es ginge also nicht um das Ob, sondern einzig um das Wie, so Schairer.

„Wir wissen um die schwierige Situation“, betonte Wallbrecht vor den Stadträten. „Aber wir befinden uns in einer Notlage“. Die Stadt Esslingen hätte alle Optionen einer Buslinie auf ihrer Gemarkung geprüft – und verworfen. Zum einen seien die Gassen dort zu eng, das hätte ein Fahrversuch gezeigt. Zum anderen seien die Hauptstraßen in den Stoßzeiten bereits jetzt überlastet. Kämen dann noch täglich rund 10 000 Fahrzeuge aus den Stadtteilen Rüdern, Sulzgries, Krummenacker und Neckarhalde hinzu, seien Staus programmiert. „Und der Bus steht mittendrin.“

Eine Route durch die Weinberge – mehrere Varianten waren im Gespräch – sei ebenfalls nicht möglich. Grund seien zahlreiche Kehren und Engstellen, zudem würden Beleuchtung und Leitplanken fehlen, schilderte der Leiter des Esslinger Tiefbauamts, Uwe Heinemann. Auch der Winterdienst sei heikel. Und an einigen Stellen sei Grunderwerb nötig. „Wir sehen die Umleitung über Uhlbach als einzig akzeptable Lösung an.“ Nein, beeilte sich Wallbrecht zu erklären, man wolle keinesfalls Verkehr auf die Nachbarkommune abwälzen. Vielmehr gehe es darum, ÖPNV-Umsteiger zu belohnen, indem man ihnen eine attraktive Busverbindung anbiete. Von Rüdern zum Obertürkheimer Bahnhof würde man maximal 16 Minuten ohne Umstieg benötigen, von Rüdern zum Esslinger Bahnhof mit Umstieg hingegen mindestens 41 Minuten.

Die Esslinger Pläne sehen vor, während der auf 15 Monate veranschlagten Bauzeit montags bis freitags von 6 bis 20 Uhr Standardbusse mit Euro-6-Norm fahren zu lassen – im Berufsverkehr morgens und abends alle 15 Minuten, in den Nebenzeiten alle 30 Minuten. Um ihnen ein Durchkommen zu ermöglichen, müssten in der Tiroler Straße und der Luise-Benger-Straße 25 bis 30 Parkplätze entfallen. Aber es gebe in den Nebenstraßen noch ausreichend Parkmöglichkeiten, erklärte Heinemann. Ein jüngst vorgenommener Fahrversuch habe gezeigt, dass die Strecke durch Uhlbach befahrbar wäre – freilich sollte Busbegegnungsverkehr vermieden werden. Um Schleichverkehr zu unterbinden, soll eine Schranke den wenigen Berechtigten die Zufahrt in die Tiroler Straße ermöglichen und über die Bauzeit hinaus Bestand haben. „Das sichern wir zu.“

Die Stuttgarter Gemeinderatsfraktionen signalisierten grundsätzlich ihre Bereitschaft, Nachbarschaftshilfe zu leisten. Beate Bulle-Schmid (CDU), Jürgen Zeeb (Freie Wähler) und Ralf Schertlen (Stadtisten) forderten jedoch den Einsatz von Kleinbussen. Laut Heinemann sei das schwierig. Das würde 130 Fahrten pro Tag bedeuten, in den Hauptverkehrszeiten müssten gar zwei Busse hintereinander fahren, um der Fahrgastnachfrage gerecht zu werden. „Wir bräuchten also nicht nur mehr Fahrzeuge, sondern vor allem auch mehr Fahrer.“ Mit Standardbussen wären nur 94 Fahrten pro Tag nötig. Björn Peterhoff (Grüne) und Martin Körner (SPD) regten an, dass die Linie 109 in Uhlbach mindestens eine Haltestelle bedienen sollte. Fritz Currle (CDU) äußerte den Wunsch, dass Esslingen in diesem Zusammenhang die Beleuchtung des Fußweges von Rüdern nach Obertürkheim wieder herstellt. Auch eine Anpassung der Taktzeiten der Linien 62 und 109 wurde angemahnt.

Die Vertreter beider Stadtverwaltungen nahmen die Anregungen auf und werden sie nun prüfen. Am 12. September wollen Schairer und Wallbrecht in einer öffentlichen Bezirksbeiratssitzung in Obertürkheim nochmals Rede und Antwort stehen.