Goldgräberstimmung am Neckar: Auch für die jungen Besucher haben die Veranstalter einiges in petto. Foto: Kuhn - Kuhn

Zum 60. Geburtstag feierte der Stuttgarter Hafen ein zweitägiges Fest mit Wasserskishow, Rundfahrten per Dampf-Lok, Schiff oder Bus, Konzerten und vielen Attraktionen für groß und klein.

HedelfingenEin Hafen ohne Wasser – undenkbar.

Und dennoch war dieses am Wochenende fast des Guten zu viel. Die Veranstalter des zweitägigen Hafenfestes hätten gern auf das Nass von oben verzichtet: Pünktlich zum Fassanstich um 11 Uhr öffneten sich am Samstag die Himmelschleusen. Es goss wie aus Kübeln. Die Festredner auf der überdachten Bühne standen wegen des Windes im Regen, viele Attraktionen drohten zunächst ins Wasser zu fallen. Die wetterfesten Hafenfest-Besucher wurden erst nach 15 Uhr mit etwas Sonne belohnt.

Das Versprechen: Im Regen stehen lassen will die Berliner Koalition das Land Baden-Württemberg nicht. Steffen Bilger, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, versprach, dass der Bund „den Ausbau der Bundeswasserstraße Neckar mit der Erweiterung und Modernisierung der Schleusen vorantreiben“ werde. Landesverkehrsminister Hermann mahnte allerdings mehr Tempo an. „Ein Ausbau erst bis Mitte des Jahrhunderts ist zu spät. Wir benötigen funktionierende Wasserwege und einen modernen Hafen, um den Transportverkehr von der Straße aufs Wasser und die Schiene zu verlagern.“

Zügiger Fassanstich: Was die Geschwindigkeit der Schleusenerweiterung anbelangt, können sich Planer am Ausbau des Stuttgarter Neckarhafens eine Scheibe abschneiden. „Innerhalb von vier Jahren Bauzeit wurde dieser für 33,7 Millionen Euro gebaut“, erinnerte OB Fritz Kuhn in seiner Festrede. Ohne nass zu werden und mit rekordverdächtigen zwei Schlägen stach er im Anschluss das Bierfass an.

Akrobaten auf Ski: Viel unruhiges Neckarwasser unter ihren Skiern hatten die Aktiven des ersten Deutschen Wasserski-Showteams. Dennoch begeisterten die Sportler – darunter mehrere Europa- und Weltmeister – mit ihrer Flaggenparade und zweistöckigen Pyramide – bei 40 Kilometern in der Stunde auf schmalen Brettern. Atemberaubend war auch die Flyboard-Einlage. Wie Phönix aus der Asche stieg der „Rocketman“ aus den Neckarfluten senkecht mehrere Meter empor. Getragen von zwei Wasserstrahlen schwebte er völlig losgelöst in 20 Meter Höhe, drehte Salti und Pirouetten.

Verbotenes Terrain: Was sonst strengstens untersagt ist, war beim Hafenfest zumindest teilweise möglich: einen Blick auf das Gelände verschiedener Firmen zu werfen. Im Oldtimerbus oder in der Bimmelbahn ging es bei den halbstündigen Touren an Containern und Schrottbergen vorbei mitten durch riesige Fabrikhallen hindurch. „In diesen Hochregalen haben 2000 Kassetten Platz, die jeweils ein Gewicht von vier Kleinwagen tragen können“, wusste Torben Röder den staunenden Teilnehmern zu berichten. „Das sind schon ganz andere Dimensionen, als ein Ivan-Regal von Ikea auszuhalten hat.“

Grandhotel auf dem Wasser: Anziehungspunkt war auch das elegante Flusskreuzfahrtschiff „MS Casanova“, das einen Zwischenstopp am Mittelkai einlegte. Bei Führungen durch Mitarbeiterinnen des Stuttgarter Veranstalters Nicko Cruises konnten sich Besucher die Kabinen, das Restaurant und den Panoramasalon – alles im Grandhotel-Stil anschauen, einige Minuten wohlfühlen und vom nächsten Urlaub träumen.

Geld stinkt doch: Es gibt die schöne Redewendung, nach der Geld angeblich nicht „riechen“ soll. Zollspürhündin Xarid bewies den Zuschauern allerdings das Gegenteil. Mit ihrer feinen Nase erschnüffelte die achtjährige Hündin Bargeld, das im Tank eines Autos verborgen war. „Nach einem Bankraub hat sie die versteckte Beute auf Anhieb gefunden“, erzählte Hundeführer Patrik Deininger.

Goldgräberstimmung am Neckar: Ein ungewohnter Anblick für Eltern: Am Stand des Aktivspielplatzes Krempoli stritten sich Kinder um den Abwasch. Allerdings wuschen und schüttelten sie aus Sand auch „Goldnuggets“ und „Edelsteine“ heraus. Wenige Meter entfernt war Feingefühl erwünscht. Aus Ölschieferplatten klopften junge Besucher Versteinerungen heraus. Überhaupt hatte sich der Neckarhafen zum Spielparadies verwandelt. Kinder konnten Kran- und Baggerfahren, Hufeisen schmieden oder Riesenseifenblasen in die Luft steigen lassen.

Dampf ablassen: Auch für Erwachsene wurden Kinderträume wahr. Auf einer Hubarbeitsbühne konnten sie 57 Meter in die Höhe steigen oder mit der T 103-Dampflok über das Hafengelände fahren. „Sie stammt aus dem Jahr 1905, war aber lange in Gaisburg im Einsatz“, wusste Lokführer Raimund Gunzenhäuser. Auch etliche Schiffe konnten geentert werden. Geprägt war das zweitägige Hafenfest vom Wetter, das sich am Samstag als „Spielverderber“ zeigte. Mehr Glück, so schien es, hatten die Veranstalter gestern. Gegen 16 Uhr setzte kurz Regen ein. „Es war zwar ein feuchtes, aber für alle Generationen erlebnisreiches und fröhliches Wochenende, an dem die Besucher den Hafen zu Fuß, auf der Schiene, zu Wasser und aus der Luft erleben konnten“, so Hafenchef Carsten Strähle.