Für die Sondierungsbohrarbeiten auf dem Grünstreifen an der Benzstraße mussten drei Platanen weichen. Foto: Kuhn - Kuhn

Am Karl-Benz-Platz wird gebohrt und sondiert: Im Auftrag der Bahn sucht ein Kampfmittelbeseitigungsteam nach Fliegerbomben im Boden. Schließlich soll dort der Stuttgart-21-Tunnel durchführen.

UntertürkheimSeit Samstag wird am Karl-Benz-Platz gebohrt. Denny Brademann, der Geschäftsführer der Terrasond Kampfmittelbeseitigung, und seine Männer suchen nicht nach Mineralwasser oder Öl. Im Auftrag der DB Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm untersuchen sie den Untergrund nach Überresten aus dem Zweiten Weltkrieg: Fliegerbomben, deren Zünder nicht ausgelöst wurden. Gefährliche Blindgänger. Schließlich nimmt die Bahn in dem Bereich gerade Sprengungen für den Stuttgart-21-Tunnel vor. Dieser soll vom Hauptbahnhof zum Servicebahnhof führen. „Luftaufnahmen aus dem Jahr 1945 zeigen etliche Bombenkrater rund um das Daimler-Werk. Bevor wir mit dem Tunnelbau in diesen Bereich vorstoßen, müssen wir sicher sein, dass der Untergrund kampfmittelfrei ist“, sagt Andreas Dörfel, der für den Bereich zuständige Projektleiter der Bahn. Mit Spannung verfolgt er die Bohrarbeiten unterhalb des Stegs, der zum Mercedes-Benz-Werk führt.

Von der Ferne betrachtet, sieht die Arbeit unspektakulär aus. Doch die Kampfmittelbeseitiger benötigen Fingerspitzengefühl und Erfahrung. „Schließlich ist unsere Arbeit als zweitgefährlichster Beruf eingestuft“, sagt der als Feuerwerker ausgebildete Bohrmeister Marco Rellis. Feinfühlig bedient er den Bagger, an dessen Arm ein etwa sechs Meter langes Bohrgestänge angebracht ist. „Aus den Erfahrungen der Kampfmittelbeseitigung wissen wir, dass Fliegerbomben maximal sechs Meter tief im Boden lagern“, sagt Brademann. Rellis wirft den Motor des Baggers an. Langsam dreht sich das Gestänge in den Untergrund. Zuerst zwei Meter tief, dann zieht Rellis das Gestänge wieder heraus. Sein Kollege Nicky Link tritt ans Bohrloch. Er lässt den stabförmigen Magnetometer ins Loch. „Er ist ein hochsensibler Detektor, der speziell Eisen anzeigt, weil Bombenhüllen aus Eisen bestehen“, sagt Brademann. Die Messung gibt keine Anomalien an. Der Bohrer dreht sich weitere zwei Meter in den Boden, Link misst ein zweites Mal und wiederholt den Messvorgang auch nach der dritten Bohrung. Sechs Meter sind geschafft. Brademann blickt auf das Auswertungsdiagramm der Sondierung. „Alles im grünen Bereich. Wir können mit der nächsten Bohrung fortfahren“, sagt er. Erleichterung. Brademann hat vor Beginn der Untersuchung ein dichtes Netz mit Punkten festgelegt. Das Raster bildet die Stuttgart-21-Tunnelröhren ab, die in etwa sechs Meter Tiefe unter dem Karl-Benz verlaufen werden.

Insgesamt müssen die Bombenexperten bis Sonntag 830 Sondierungslöcher bohren. „Übers Wochenende haben wir bereits knapp 200 Löcher im Kreuzungsbereich und auf der Benzstraße gebohrt und untersucht“, sagt Brademann. Dazu mussten teilweise Fahrspuren gesperrt und Abbiegemöglichkeiten aufgehoben werden. Umleitungen waren ausgeschildert. Zu den befürchteten Verkehrsbeeinträchtigungen kam es bisher kaum. Auch die Lärmbelästigung scheint erträglich. Laut Pressestelle gab es keine Beschwerden und nur wenige Anwohner in der Augsburger Straße nahmen das Angebot der Projektgesellschaft an, während der Bauzeit in ein Hotel umzuziehen. Noch steht auch nicht fest, ob eine unangenehme Überraschung im Untergrund schlummert. „Einzelne Bohrloch-Messungen haben zwar Anomalien ergeben. Aber ich muss mir erst ein Gesamtbild verschaffen, um zu sagen, ob es sich um eine Fliegerbombe oder beispielsweise um einen Eisenträger eines Gebäudes handelt, das dort einst stand“, sagt Brademann.