So sehen die standardisierten Suchplakate von Tasso aus – ohne private Daten. Einige von ihnen hängen auch in den Neckarvororten aus. Foto: Elke Hauptmann - Elke Hauptmann

Eine Untertürkheimerin wäre fast einem dreisten Betrug aufgesessen: Sie hatte nach ihrem vermissten Kater per Plakat gesucht – daraufhin meldete sich ein Unbekannter und forderte Geld für die Rückgabe des Tieres.

UntertürkheimSabine möchte ihren vollen Namen partout nicht nennen. Und vor allem: „Ich werde nie wieder meine Handynummer öffentlich machen.“ Denn der Schock sitzt noch immer tief: Beinahe wäre die Untertürkheimerin Opfer eines dreisten Betrugs geworden. Doch der Reihe nach.

Anfang April war der Kater der jungen Frau von einem seiner Streifzüge durch das Wohngebiet am Ortsrand nicht zurückgekommen. Als er drei Tage später noch immer nicht auftauchte, wurde Sabine unruhig. Ob ihm vielleicht etwas zugestoßen ist? „So lange ist er noch nie weg gewesen.“ Also beschloss sie, eine Suchmeldung in der Nachbarschaft auszuhängen. „Vermisst“ stand in großen Buchstaben auf den DIN-A-4-Zetteln, die sie an Zäune und Straßenlaternen klebte. Darunter prangte ein Foto des Katers – und der hoffnungsvolle Zusatz: „Wir sind über jede Hilfe dankbar. Hinweise bitte an Familie... unter Telefon-Nr...“

Damit nahm das Verhängnis seinen Lauf: Nur wenig später habe sie einen Anruf – mit unbekannter Nummer – von einem Mann erhalten, erzählt sie: „Er sagte, er würde mir den Kater bringen. Aber er wolle 100 Euro dafür. Er hätte Kosten gehabt.“ Diese Forderung habe sie zwar als unverschämt empfunden, doch sie wäre gern bereit gewesen, einen Finderlohn zu zahlen. Den Betrag, so verlangte der Unbekannte, solle sie jedoch schon vorab über einen US-Zahlungsdienst überweisen. „Da erst bin ich stutzig geworden.“ Sie habe sich nach reiflicher Überlegung entschieden, nicht darauf einzugehen. Zu dubios sei ihr die ganze Angelegenheit erschienen. „Aber die Zeit danach war die Hölle. Ich habe mich immer gefragt, ob das richtig war. Vielleicht hat der Mann meinen Kater doch?“ Als der „Herumtreiber“ dann endlich nach einer Woche mauzend vor der Terrassentür stand, war ihre Erleichterung groß. Aber auch ihre Wut: „Das ist eine ganz üble Abzockmasche.“ Dennoch sei sie nicht zur Polizei gegangen, um den Betrugsversuch anzuzeigen. Weil ihr die Sache unangenehm sei, räumt sie ein. Und zum Glück sei alles gut ausgegangen. Die 25 Suchplakate in der Nachbarschaft habe sie umgehend wieder entfernt.

Bei der Tierschutzorganisation Tasso sind ähnliche Fälle bekannt, in denen Betrüger die Sorge von Tierhaltern ausnutzen, räumt deren Sprecherin Laura Simon ein. „Generell empfehlen wir, niemals die eigenen Kontaktdaten öffentlich im Internet, auf Online-Plattformen wie Facebook oder auch auf Suchplakaten anzugeben. Das öffnet Erpressern Tür und Tor. Auch eine Belohnung sollte man niemals aussetzen, das bringt Betrüger erst auf die Idee.“ Die Täter würden äußerst dreist vorgehen: „Unter gefälschten Telefonnummern rufen sie bei den Betroffenen an und geben vor, unter anderem im Auftrag von Tierkliniken, Tierheimen oder Rechtsanwälten anzurufen, zu denen das Tier gebracht worden sei. Der Halter könne es dort gegen eine Gebühr abholen. Oft wird auch behauptet, das Tier sei verletzt und man müsse die Behandlungskosten erstatten, bevor man sein Tier zurückbekäme“, berichtet Simon. Auffällig sei: „Die Anrufer verlangen eine Vorabbezahlung. Wer darauf eingeht, sieht sein Geld und unter Umständen auch sein Tier nie wieder.“

Die Organisation, die eigenem Bekunden nach mit 9,3 Millionen Tieren das größte Haustierregister Europas betreibt, bietet einen kostenlosen Service an: Den Haltern werden standardisierte Suchplakate zur Verfügung gestellt, auf denen die 24-Stunden-Notrufnummer der Organisation angegeben ist. Dadurch ist die Suchmeldung anonymisiert – und die Abzocker haben keine Chance. „Sollte das entlaufene Tier gefunden werden, stellt Tasso den Kontakt zwischen Finder und Halter her“, erklärt Simon. Natürlich gebe es auch Tiere, die von alleine wieder nach Hause zurückfinden. „Dann sollte uns der Halter informieren und wir nehmen die Suchanfrage von unserer Homepage.“ Gleiches gelte auch für den Fall, wenn das Tier verstorben sei.

Im vergangenen Jahr wurden laut Simon bei Tasso rund 107 000 entlaufene Tiere gemeldet– etwa 38 500 Hunde und knapp 68 000 Katzen. Die meisten davon konnten zurückvermittelt werden, auch dank des Engagements vieler ehrenamtlicher Suchhelfer. Allein in Stuttgart wurden insgesamt 648 Tiere als vermisst gemeldet, davon 204 Hunde, 440 Katzen und vier Vögel. „Über den Daumen gepeilt kann man sagen, dass Katzen etwa zehn Mal häufiger entlaufen als Hunde“, berichtet Simon. Auf der Internetseite der Organisation kann man die aktuellen Suchmeldungen ansehen – auch zahlreiche Tierhalter aus den Oberen Neckarvororten haben dort Anfragen eingestellt.

In fos zum Haustierregister und Tipps, was man tun kann, um sein entlaufenes Tier zu finden, gibt es online unter www.tasso.net.