Die zweimotorige Partenavia mit den silbernen Rauchgas-Generatoren von Hagelflieger Rainer Schopf sind einsatzbereit. Foto: Kuhn - Kuhn

Sie waren bereits in der Luft: Am Pfingstmontag hatten die Hagelflieger den ersten Einsatz. Sie verhinderten, dass sich große Hagelkörner bildeten. Für die Region sind bis zu drei Maschinen in der Luft. Sie impfen Wolken.

Untertürkheim Die beiden Partenavia-Flugzeuge der Hagelabwehr Stuttgart stehen seit 25. April am Stuttgarter Flughafen startklar bereit. An Pfingstmontag stiegen sie zum ersten Mal auf. Die Radar-Infozentrale in Karlsruhe meldete eine Gewitterfront mit einer möglichen Hagelzelle. Große, schwarze Gewitterwolken zogen auf die Region zu. Die Piloten flogen ihnen entgegen. Ihr Auftrag: „Impfen“ der dunklen Wolken mit Silberjodidkernen. Sie sollen die Bildung großer Hagelkörner verhindern. „An Pfingstmontag haben wir vor allem den Rems-Murr-Kreis zwischen Beutelsbach und Winnenden abgedeckt“, sagt Markus Duwe, Geschäftsführer und Pilot von Jumara Air Service. Zum Pilotenteam gehört auch Routinier Rainer Schopf. Er hat vor mehr als 35 Jahren die Hagelabwehr in der Region Stuttgart aufgebaut. Die Region spielte eine Vorreiterrolle. Die Hagelflieger mussten bis vor wenigen Jahren noch gegen Skeptiker kämpfen, die den Nutzen anzweifelten. Das verheerende Unwetter am 28. Juli 2013 brachte den Umschwung. Eine gewaltige Gewitterfront hinterließ im Raum Reutlingen/Göppingen eine Spur der Verwüstung. 15 Zentimeter mächtige Hagelkörner zertrümmerten Fenster, zerbeulten Autos und vernichteten die Ernte. Die Versicherungen taxierten die Schäden auf mehrere Millionen Euro. Das Erstaunliche: Die Nachbarn in Stuttgart und im Rems-Murr-Kreis blieben weitgehend unbehelligt – vermutlich, weil die Hagelflieger in der Luft waren.

Gemeinsame Finanzierung

Dies führte dazu, dass weitere Kommunen – vor allem die Weinbaugemeinden in den Kreisen Ludwigsburg und Heilbronn – der Hagelabwehr der Region Stuttgart beitraten. Jährlich müssen rund 330 000 Euro aufgebracht werden. „Dafür kommt eine Solidargemeinschaft aus Wein- und Obstbauern, Unternehmen wie die Daimler AG sowie Kommunen aus der Region, darunter Stuttgart und Esslingen, auf“, sagt Georg Enssle, Koordinator im Landratsamt Rems-Murr-Kreis. Das Schutzgebiet wurde erweitert. Seit 2015 finanziert die WGV-Versicherung zusätzlich einen dritten Hagelflieger. Er ist auch in Stuttgart stationiert, soll aber ganz Baden-Württemberg abdecken. In Donaueschingen stehen zwei weitere Flugzeuge, die für den Hagelabwehrverein Schwarzwald-Baar, und eines, das nun für den Raum Reutlingen in die Luft geht. „Mit dieser Flotte sind wir in der Region gut aufgestellt“, ist sich Schopf sicher. Zudem wurde die Kommunikation zwischen den Meteorologen und den Piloten seitdem optimiert. „Wir bekommen Radarbilder aufs Tablet gemeldet, stehen via Satelliten-Telefon mit den Meteorologen in Kontakt, die uns Tipps über die exakte Wetterlage geben können“, erzählt Duwe. Hagelzellen können so gezielt angeflogen werden. Das ist notwendig. Die Analysen der Meteorologen zeigen, dass es durch den Klimawandel immer öfter zu Wetterextremen mit schweren Hagelstürmen kommen wird.

Vergangenes Jahr hatten die Hagelflieger der Region Stuttgart an 38 Tagen Bereitschaft. Insgesamt führten sie 29 Einsatzflüge an dreizehn Tagen durch. Auch für die kommenden Tage stehen die Piloten wieder auf Abruf. Die Rauchgasgeneratoren sind bestückt. „Sobald die Wetterkundler Hagelgefahr melden, werden wir die Motoren anwerfen“, verspricht Duwe.