Biologe Oliver Röller fängt im Gebiet um den alten Güterbahnhof mit speziellen Angeln Mauereidechsen ein. Bei dieser Arbeit sind vor allem eine ruhige Hand und Geduld gefragt. Foto: Schumacher - Schumacher

Einer Sisyphosarbeit kommt es gleich, was Biologen derzeit rund um den alten Güterbahnhof nahe des Eszet-Stegs leisten: Sie sammeln auf dem stillgelegten Gleisbett Mauereidechsen ein, um die unter Naturschutz stehenden Tiere umzusiedeln.

Untertürkheim Untertürkheim Einer Sisyphosarbeit kommt es gleich, was Biologen derzeit rund um den alten Güterbahnhof nahe des Eszet-Stegs leisten: Sie sammeln auf dem stillgelegten Gleisbett Mauereidechsen ein, um die unter Naturschutz stehenden Tiere umzusiedeln. Denn hier, auf Höhe der Haltestelle Blick, sollen im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 Abstellgleise sowie ein Überwerfungsbauwerk – eine Art Viadukt für Züge – gebaut werden. Damit dies gelingen kann, müssen zuerst die Echsen eingefangen und anschließend zur Feuerbacher Heide auf dem Killesberg sowie nach Plochingen umgesiedelt werden.

Mit speziellen Angeln durchforsten Biologen eine etwa 2,5 Hektar große Fläche, die durch einen schwarzen Folienzaun eingegrenzt ist. Sobald eine Mauereidechse entdeckt wird, pirscht sich einer der Biologen an die flinken Tiere heran. Aus nächster Nähe versucht er dann, eine Schlinge, die am Ende der Angelrute befestigt ist, vorsichtig um das Tier zu legen. Anschließend wird die eingefangene Mauereidechse behutsam in ein Leinensäckchen gelegt. „Das ist für die Tiere die schonendste Methode“, sagt Florian Back, der als Biologe für die Umsiedlung mitverantwortlich ist. Keine Frage: Bei dieser Aufgabe sind die Geduld und das Geschick der Biologen gefragt. „Eine ruhige Hand ist dabei von Vorteil“, sagt Back.

Weniger aufwendig als das sogenannte Angeln ist es, die Mauereidechsen in Blumenkästen zu fangen. An die Behälter wurden Pappen gelehnt, die wie eine Art Rampe funktionieren. Im Blumenkasten befinden sich kleine Steine, Ästchen und Blätter, die den Tieren als Versteck dienen sollen. „Aus Blumenkästen springen die Mauereidechsen nur selten wieder heraus“, sagt Back. Er vermutet, dass sie die Höhe nicht richtig abschätzen können. Wenn die Echsen über die Pappe in die Blumenkästen geklettert sind, wird der Behälter gekippt und die Tiere gleiten in eine Transportbox. In dieser werden sie zu ihren neuen Quartieren auf den Killesberg oder nach Plochingen gebracht. Um den Echsen dort einen angemessen Lebensraum bieten zu können, wird großer Aufwand betrieben: Es werden Sandflächen angelegt, die zur Eiablage dienen sollen, Büsche angepflanzt und kleine Schotterhügel als Versteck aufgeschüttet.

Im Laufe der vergangenen acht Wochen wurde auf diese Weise ein Großteil der etwa 1000 Eidechsen in diesem Bereich eingesammelt und umquartiert. Jetzt ist damit allerdings erst einmal Schluss. Denn im Juni und Juli legen die Tiere ihre Eier ab und „dies wollen wir nicht gefährden“, sagt Back. Im August geht es dann weiter.

Wenn alle Tiere innerhalb der eingezäunten Fläche eingesammelt wurden, wird eine schwarze Folie über den Boden gespannt. Diese wird anschließend mit Brettern, Sandsäcken und Steinen beschwert, „sodass sich hier keine Eidechse mehr ansiedelt“, sagt Corinna Frank, Projektingenieurin bei der Deutschen Bahn.

In nächster Zeit steht auf dem Gebiet eine weitere Umsiedlung an: Sobald das Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt 1.6 b, der sich ebenfalls auf dem Gleisbett am alten Güterbahnhof befindet, abgeschlossen und der Bau des künftigen Abstellbahnhofs erlaubt ist, müssen die Mauereidechsen auch hier eingesammelt werden.

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