Der Betriebshof der Abfallwirtschaft Stuttgart in der Gingener Straße soll für 14,65 Millionen Euro erweitert werden. Foto: Kuhn - Kuhn

Nach einer hitzigen Debatte lehnte der Bezirksbeirat die Erweiterung des Betriebshofs der Abfallwirtschaft Stuttgart in der Gingener Straße ab. Angetan waren sie von den Neubauplänen fürs Autohof-Areal.

WangenNach 90-minütiger Diskussion über die Erweiterung des Betriebshofs der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) waren Wangens sonst ruhige Bezirksbeiräte aufgebracht. Nach mehrfachem Nachfragen erkannten sie: Sie hatten eigentlich nichts zu bestimmen, sollten nur informiert werden. Die Verlegung großer Teile des bisherigen Betriebshofes in der Türlenstraße in die Gingener Straße soll in den nächsten Tagen vom Gemeinderat beschlossen werden. „Eine beschämende Art und Weise mit dem Bezirksbeirat umzugehen“, sprach Ingrid Kreis von den Freien Wählern den Bezirksbeiräten aller Parteien aus dem Herzen. Einstimmig und brüsk fassten sie einen Beschluss: Sie lehnten die geplante Erweiterung strikt ab. Dabei hatte die Stadtverwaltung drei Vertreter in die Sitzung geschickt. Der Leiter der Abfallwirtschaft, Thomas Heß und die Stadtplaner Angela Weißkopf und Hubert Vollmer versuchten, den Bezirksbeiräten die Entscheidung plausibel zu machen. Der Gemeinderat hatte beschlossen, dass der historische und zentral gelegene AWS-Betriebshof in der Türlenstraße aufgegeben wird. Auf dem AWS-Gelände sollen hochwertige Wohnungen entstehen. Die AWS benötigt allerdings nicht nur Ersatz für ihren Traditionsstandort. Ein weiterer Betriebshof in Vaihingen wird aufgegeben und mit der Einführung der Biotonne kommen neue Aufgaben hinzu, wofür die AWS mehr Platz für Fahrzeuge und Mitarbeiter benötigt. „Wir haben nach alternativen Standorten gesucht, kamen aber nicht zum Zug“, berichtete Heß. Inbetriebnahme 2022

In Ermangelung neuer Standorte konzentrierte sich die Suche auf eigene, städtische Grundstücke. Der Blick richtete sich auf die Standorte Burgholzstraße in Münster und die Gingener Straße in Wangen. Als drittes kommt das Gebiet der noch existierenden Feuerwache in Degerloch hinzu. Eine Machbarkeitsstudie wurde durchgeführt. „Demnach können die Aufgaben auf die drei Standorte aufgeteilt werden“, erklärte Heß. Der Löwenanteil von 65 bis 70 Prozent soll nach Wangen verlagert werden. Das Grundstück in der Gingener Straße wird bislang vom Tiefbauamt und der AWS je zur Hälfte genutzt. „Das Tiefbauamt gibt uns rund 60 Prozent ihrer Fläche ab“, so Heß. Auf dem heutigen Lagerplatz und entlang der Gingener Straße sind Neubauten mit Garagen für die Abfall-Lastwagen und Büroräume geplant. Die Stadtverwaltung will 14,65 Millionen Euro investieren. Mit dem Bau soll 2019 begonnen werden. Inbetriebnahme ist für 2022 vorgesehen. „Die Fahrzeuge unserer Straßenreinigung inklusive des Winterdienstes werden dann in die Heinrich-Baumann-Straße verlegt. Dadurch werden die Anwohner am Wochenende und in den Nachtstunden nicht mehr belästigt“, so Heß. Es kommt dennoch zu mehr Fahrten. Durch die zusätzlichen Müll-Sammelwagen kumulieren sich die Fahrten zum Betriebshof auf 140 Bewegungen pro Tag. Heute sind es 108. Die Fahrzeuge erreichen den Betriebshof wie bisher über das Autohof-Gelände. Hinzu kommen noch die Fahrten und die Parkplatzsuche der von der Türlenstraße nach Wangen versetzten Beschäftigten. Was die Lärm- und Geruchsemission angehe, gäbe die Machbarkeitsstudie Entwarnung. Die AWS setze moderne, mit Erdgas betriebene Fahrzeuge ein, die vor der Sonne geschützt in Garagen untergestellt werden.

„Sie haben uns die Erweiterung schön beschrieben und als etwas Gutes verkauft, was Wangen aber nur Nachteile bringt“, meinten Kreis und Rolf Jänig (CDU) unisono und unter dem Beifall der Zuhörer. Gerhard Föll (Grüne) und Jean-Louis Servant (SPD) vermissten ein Gesamtkonzept für das Gebiet. Denn auch das Hotel Autohof wird abgerissen und neu gebaut. „Zudem benötigt die Wilhelmsschule einen Erweiterungsbau für den Ganztagesbereich, das Jugendhaus wird neu gebaut und auf dem Zürn-Areal entstehen gerade drei Wohngebäude mit 25 Einheiten“, berichtete Stadtplaner Vollmer. „Wir sehen diese Projekte nicht als separate Maßnahmen, sondern als ein Gesamtkonzept“, wiederholte Föll. Peter Selig-Eder (SÖS-Linke) setzte einen drauf: In der Stadtmitte werde dem Druck nach Wohnungen nachgegeben, dort werde der Betriebshof nicht gelitten, dafür bekomme Wangen ihn. „Die Türlenstraße wird auf-, Wangen abgewertet“, brachte Kreis die Gefühlslage auf den Punkt. Strikt lehnten die Bezirksbeiräte die Erweiterungspläne ab.