Ein Getreidefeld vor Rottweil. An diesem Standort soll ein neues Gefängnis gebaut werden. Foto: Patrick Seeger/dpa

Die Gefängnisse sind voll. Da wäre eine Entlastung durch eine neue JVA Rottweil erwünscht. Doch der Rechnungshof macht die Pläne madig. Lässt sich das Land beeindrucken?

Rottweil (dpa/lsw) - Der Landesrechnungshof stellt wegen erheblicher Mehrkosten den Standort für die neue Justizvollzugsanstalt (JVA) in Rottweil infrage. Das Land will dennoch daran festhalten. Dies sei dem Rechnungshof im Mai mitgeteilt worden, sagte ein Sprecher von Ressortchefin Edith Sitzmann (Grüne) am Freitag in Stuttgart. Auch ein anderer von den Karlsruher Kontrolleuren ins Spiel gebrachter Standort komme nicht infrage.

In einem Sonderbericht der Behörde heißt es, die Wahl eines wirtschaftlicheren Standortes für die Anstalt mit 500 Haftplätzen könne dem Landeshaushalt 30 bis 35 Millionen Euro einsparen. Das Projekt dürfe nicht zum unkontrollierbaren Kostenrisiko für das Land werden. Der Sprecher betonte, auf Grund des Siegerentwurfs für das Gebäude würden Einsparmöglichkeiten ausgelotet.

Der zum Finanzministerium gehörende Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg kalkulierte laut Rechnungshof im vergangenen Oktober mit 182 Millionen Euro. Das sind 64 Millionen Euro mehr als der im Juli 2017 genannte Kostenrahmen von 118 Millionen Euro. Die Mehrkosten sind vor allem auf die Lage und Bodenbeschaffenheit des Grundstücks zurückzuführen. Außerdem bedingt der Baugrund zusätzlichen Aufwand für Mauer und Zäune. Die Gesamtbaukosten werden nach Prognose des Rechnungshofes bei rund 210 Millionen Euro liegen. Der «Schwarzwälder Bote» hatte zunächst darüber berichtet.

Der Sprecher Sitzmanns betonte, der ausgewählte Standort sei das Ergebnis eines mehrere Jahre dauernden Suchlaufs und durch einen positiven Bürgerentscheid im September 2015 bestätigt. Der von der Bevölkerung akzeptierte Standort wurde demnach nur wegen breiter Bürgerbeteiligung gefunden.

Die Kontrolleure favorisieren aber den Standort Zimmern-Süd in Zimmern ob Rottweil wegen der Nähe zur Autobahn und der Verkehrspolizei. Dort hatte sich der Gemeinderat im Unterschied zu Rottweil gegen das Vorhaben ausgesprochen. Dass der Standort nicht optimal ist, führt die FDP-Fraktion auf Einfluss von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Wahlkampf 2011 zurück. Er habe durch das Versprechen einer Bürgerbeteiligung aus wahltaktischen Gründen einen besser geeigneten Standort verhindert.

Zugleich werfen die Kontrolleure dem Finanzministerium «Korrekturen» vor, um das Projekt wirtschaftlicher aussehen zu lassen. So seien die Gesamtbaukosten - anders als bei anderen JVA-Vorhaben - um Zuschläge und standortbezogene Kosten reduziert worden, um die Kosten pro Haftplatz zu verringern. Diese werden laut Rechnungshof auf 240 000 Euro beziffert, in Wahrheit lägen sie aber bei 372 000 Euro. Dies sei ein bundesweiter Spitzenwert im Vergleich der in den vergangenen Jahren gebauten Anstalten.

Baden-Württemberg verfügt über 17 Justizvollzugsanstalten mit 18 Außenstellen, zwei Jugendarrestanstalten, ein Justizvollzugskrankenhaus sowie eine sozialtherapeutische Anstalt.

In den Gefängnissen wird es jedoch eng und das Justizministerium wünscht sich, dass rasch eine neue JVA errichtet wird. Derzeit gebe es knapp 7500 Haftplätze und etwas mehr Gefangene, sagte ein Sprecher von Justizminister Guido Wolf (CDU). Die Belegung liege bei 101 Prozent, optimal seien aber 85 Prozent. Die Rottweiler Anstalt soll 2026 bezugsfertig sein.