Dekan Eckart-Schultz Berg am Modell der Stadtkirche. Foto: Iris Frey - Iris Frey

Dekan Eckart Schultz-Berg ist vor kurzem für eine weitere Amtszeit als Dekan wiedergewählt worden. Er will gerne seine Arbeit fortsetzen und hat einige Ziele vor sich.

Bad CannstattVor ein paar Tagen ist der 59 Jahre alte Eckart Schultz-Berg als Dekan wiedergewählt worden. Zehn Jahre Amtszeit hat er bereits in Bad Cannstatt verbracht und sich nochmals beworben. Im Gespräch erklärt er seine neuen Herausforderungen und Ziele für die kommende Amtszeit.

Herr Schultz-Berg, Sie haben sich bewusst wieder als Dekan in Bad Cannstatt beworben, was war Ihnen wichtig?
Die Gemeinden entlang des Neckars sind mir richtig ans Herz gewachsen. Rebenhänge und Industriehallen, spannender kann ein Dekanatsbezirk kaum sein. Ich habe das Gefühl, beruflich am richtigen Platz angekommen sein. Und da will ich weitermachen.

Welche Ziele haben Sie sich vorgenommen in dieser neuen Amtszeit?
Ich verstehe mich als „Wegbereiter“ und als „Wegbegleiter“. Das heißt, Impulse in die Gemeinden hineingeben und dann dabei sein, wenn sich die Gemeinden oder Dienste weiterentwickeln – Idee, Beratung und Unterstützung. Und dann verstehe ich mich als Bindeglied zwischen den Kirchengemeinden entlang des Neckars und mit dem Kirchenkreis Stuttgart.

Welche Herausforderungen haben Sie vor sich?
Wir müssen den Pfarrdienst anders aufstellen, 2021 gehen einige Pfarrer und Pfarrerinnen in den Ruhestand. Da müssen wir pfiffig planen. Mir schwebt vor, so eine Art von „Pfarrpools“ in den Distrikten zu bilden, in denen man sich gegenseitig unterstützen und aushelfen kann. Außerdem steht ein Prozess des Zusammenwachsens mit dem Bezirk Zuffenhausen an – um eine gute zahlenmäßige Größe zu haben, macht das Sinn. Und dann muss die Stadtkirche, das Wahrzeichen Cannstatts renoviert werden, die Nordostfassade samt gotischer Kreuzblumen, innen die Toiletten und eine Teeküche. Das wird eine große Aufgabe für ganz Bad Cannstatt.

Wenn Sie die vergangenen Jahre zurückblicken, worüber haben Sie sich gefreut, was konnten Sie voranbringen?
Die vielen Anlässe, wo wir als Kirche öffentlich werden, sind mir sehr wichtig. Da habe ich in Pfarrer Florian Link und im Stadtkirchenteam hervorragende Partner und Partnerinnen. Dann hatten wir einige große Fusionen auf Gemeindeebene, das waren dicke Bretter, die aber dank der Pfarrer und Pfarrerinnen und Kirchengemeinderäte gut gelungen sind. Die Bildung der Diakoniestation Stuttgart in der heutigen Form als größte Diakoniestation im Land war eine ziemliche Herausforderung. Und dann der Bau und die Eröffnung des Kinderhospizes. Auch die gelungene Renovierung des Steigkirchen-Areals wäre zu nennen.

Was war schwierig für Sie, zu bewältigen?
Ich habe keine wirklich gute Antwort auf die vielfache innerliche Not, der wir in der tagtäglichen Arbeit begegnen. Seelsorge und Gemeindedienst sind eine stille Arbeit, die nicht groß nach außen sichtbar ist. Wir könnten viel mehr Mitarbeitende brauchen. Wobei wir neuerdings ein tolles Team an Jugendreferentenhaben. Ein kirchliches Immobilienkonzept für Cannstatt zu entwickeln, ist wahnsinnig schwer, denn in all den kirchlichen Häusern ist ja reges Gemeindeleben.

Die schwindenden Mitgliederzahlen sind auch bei der evangelischen Kirche nicht leicht zu verkraften. Welche Ideen haben Sie hier?

Viele Menschen leben heute nicht mehr wohnsitzbezogen. Mit unseren Parochien erreichen wir deshalb nur noch einen Teil der Bevölkerung. Wir müssen hier neue Angebote finden, die die Interessen der Menschen gemeindeübergreifend erreichen und die sich wie ein Netz über die Gemeinden legen. Beides zusammen bildet moderne Kirche.

Sie waren im Sommer als Gasthörer an der Universität Greifswald, welche Impulse haben Sie da für Ihre jetzige neue Amtszeit mitgenommen?
Ich habe verstanden, wie sehr sich unsere Gesellschaft innerlich verändert. Wir haben aber noch den äußeren Rahmen von Gemeinden rund um einen Kirchturm. Wir müssen Cannstatt ganzheitlich denken und für ganz Cannstatt eine inhaltliche Planung unseren Schwerpunkte und Immobilien machen. Damit haben wir inzwischen begonnen.

Ein Thema ist ja auch der Klimaschutz, den Sie aktivieren wollen in der Kirchengemeinde. Wie gestaltet sich die Einführung des Lastenrads? Wird es genutzt?
Das Lastenfahrrad ist ein Gemeindefahrrad zur allgemeinen Benutzung. Wir haben einen Vater, der fährt gerne seine Kinder damit zur Schule, ein anderer radelt damit in seinen Schrebergarten nach Beutelsbach. Die Evangelische Jugend hat neulich ihr Material zu einer Kinderveranstaltung auf den Marktplatz gefahren. Kürzlich wurde damit sogar ein Zimmer im Altersheim geräumt.

Vor dem Dekanatamt stehen seit neuestem immer wieder E-Scooter. Hat die Firma bei Ihnen da eine Parkstelle extra eingerichte oder stehen die da zufällig?
Die E-Scooter vor dem Dekanat sind ziemlich ärgerlich, zumal sie teilweise auf unserem Grund und Boden stehen. Ich fliege da jedesmal fast drüber.

Sind Sie auch schon E-Scooter gefahren? Wenn ja, wie war es?
Ich finde sie überteuert, 20 Cent pro Minute, das macht bei einer halben Stunden sechs Euro plus ein Euro Grundmiete. Dafür komme ich mit dem Bus bis hinter Schorndorf. In unserem Keller steht noch ein Kickboard meiner Kinder. Dafür bin ich fit genug.

Welche Herausforderungen haben Sie als Vorsitzender des Diakonievereins zu schaffen?
Der Diakonieverein unterstützt die ambulante Pflege zu Hause. Das ist eine große Aufgabe, die mir sehr am Herzen liegt. Die Menschen möchten in ihrer vertrauten Umgebung alt werden. Die Diakoniestation ist gut aufgestellt, aber die zu erwartenden Zahlen an Hilfesuchenden sind riesig. Wir bereiten uns darauf vor. Derzeit beschäftigt uns der Fachkräftemangel.

Wie schaffen Sie es, die vielen Tätigkeiten unter einen Hut zu bekommen? Sie sind ja auch Zweiter Vorstand beim Evangelischen Verein und aktiv bei der Hospizarbeit.
Da kann ich noch viel hinzufügen: Diakoniestation, Betreuungsverein oder Aktivitäten auf landeskirchlicher Ebene. Ich habe eine unterstützende Familie und tolle Mitarbeiterinnen im Dekanatamt und in der Kirchenpflege. Die halten mir den Rücken frei.

Was wünschen Sie sich für Ihre zweite Amtszeit?
Ich wünsche mir, dass mir die Freude an meinem Beruf weiter erhalten bleibt. Pfarrer zu sein ist ein toller Beruf und da habe ich einfach Lust, anzupacken, was ansteht - von der Geburt bis zum Tod.

Die Fragen stellte Iris Frey