Bad Cannstatt Die Stadt Stuttgart hat Angst, dass durch sogenannte Luxussanierungen Wohnungen für Mieter unerschwinglich teuer werden. Angesichts dessen hat eine ökosoziale Mehrheit im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik jetzt die Aufstellung sogenannter Milieuschutzsatzungen beschlossen, darunter auch für einen Großteil des Cannstatter Stadtteils Seelberg. Es geht vor allem um die Firma Vonovia. Das größte deutsche Wohnungsunternehmen besitzt dort rund 300 Wohnungen und soll laut Stadtverwaltung Modernisierung und Ausbau im großen Stil angekündigt haben. Dem widerspricht Frederic Neumann, Vonovia-Geschäftsführer für Süddeutschland im Gespräch mit unserer Zeitung.
Herr Neumann, seit wann befinden sich die rund 300 Wohneinheiten auf dem Seelberg in Besitz der Vonovia, welches Baujahr haben sie und in welchem Zustand befinden sie sich?
Die Häuser aus den 50-er und 60-er Jahren sind seit vielen Jahren in unserem Besitz und in einem altersgemäßen, ordentlichen Zustand.
Falls Sie, wie die Stadt Stuttgart erklärt, Sanierungsabsichten haben, in welchem Umfang?
Es gehört zu unserem Tagesgeschäft, Quartiersentwicklungen zu prüfen. Deshalb haben wir 2018 ein Architekturbüro mit einer Machbarkeitsstudie zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum – etwa durch Dachaufstockungen – beauftragt. Fakt ist: Für dieses Quartier gibt es aktuell keine konkreten Modernisierungspläne. Generell gilt: Wir modernisieren nicht gegen den Willen unserer Mieter. Für die 300 Wohnungen im Seelberg gibt es aktuell keine konkreten Planungen, daher wurden auch keine Bauanträge eingereicht.
Welchen Einfluss hätte eine Milieuschutzverordnung auf ihre Sanierungsabsichten im Seelberg?
Auch wenn die konkreten Inhalte noch nicht feststehen, verstehe ich die Diskussion so, dass es um Luxusmodernisierungen geht. Die Politik muss Mieter nicht vor uns schützen. Grundsätzlich führen wir keine Luxusmodernisierungen durch, wir modernisieren mit Augenmaß. Unser Ziel ist es, dass unsere Mieter langfristig in ihrem Zuhause bleiben können.
Wie bewerten Sie dieses städtische Vorhaben, das im Gemeinderat eine Mehrheit erhalten hatte?
Wir respektieren natürlich die Entscheidungen des Gemeinderates.
Ihre Mieter aus dem Stuttgarter Norden kritisieren ihr Sanierungspaket und werfen ihnen Geldmacherei vor, wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen, auch bezüglich einer mangelhaften Infopolitik?
Mit den Vorwürfen, sich auf Kosten ihrer Mieter „zu bereichern“, sehen sich immer wieder Wohnungsunternehmen konfrontiert. Wird ihnen bei diesem Thema zu Unrecht der Schwarze Peter zugeschoben?
Wir würden uns sicher wünschen, dass unsere Argumente stärker gehört werden. Gleichzeitig nehmen wir wahr, wie emotional die Diskussion rund um bezahlbares Wohnen in Stuttgart geführt wird. Nebenbei, im Schnitt zahlen unsere Mieter in Stuttgart 8,44 Euro pro Quadratmeter – der Durchschnitt liegt bei 9,60 Euro. Und mit rund 1000 öffentlich geförderten Wohnungen in Stuttgart, das ist ein Viertel unseres Bestands, bieten wir auch Menschen mit niedrigem Einkommen Wohnungen. Der Wohnungsmarkt steht vor großen Herausforderungen. Nur drei Stichpunkte: Wir benötigen mehr Wohnungen, wir brauchen energieeffiziente Häuser und die Menschen werden immer älter. Dies gelingt nur gemeinsam mit allen Akteuren am Wohnungsmarkt. Sie sehen, es ist nicht alles schwarz-weiß.
Das Gespräch führte Uli Nagel