Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Niedrige Zinsen und zunehmende Regulierungskosten zwingen die Volks- und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg zunehmend zu Fusionen. So auch die Volksbank Stuttgart eG und die Volksbank Göppingen eG. Die Aufsichtsräte beider Kreditinstitute haben bereits grünes Licht für die weiteren Verhandlungen und Gespräche gegeben. Ziel ist eine Verschmelzung der Institute zum 1. Januar 2018.

Nach der Fusion ist vor der Fusion. Kaum, dass die Verschmelzungen im Jahr 2016 mit der Kerner Volksbank und der VR-Bank Weinstadt erfolgreich unter Dach und Fach gebracht wurden, wollen die Verantwortlichen der Volksbank Stuttgart in Sachen Zukunftssicherung weitere Nägel mit Köpfen machen. Bei einer Fachtagung im März gab es erste lose Gespräche mit den Kollegen aus Göppingen, die jedoch ziemlich zügig ins Konkrete gingen. Denn schnell haben beide Vorstandschaften erkannt, dass beide Volksbanken heute gesund sind und auch das künftige Bankengeschäft hätten allein meistern können. „Doch gemeinsam geht‘s besser“, sagte gestern Hans R. Zeisl Vorstandsvorsitzender der Volksbank Stuttgart eG, als er zusammen mit den beiden Chefs der Volksbank Göppingen das Fusionsvorhaben bekannt gab.

Das gemeinsame Ziel ist die Schaffung einer leistungsfähigen Volksbank in einer der stärksten Wirtschaftsregionen Europas. Die Aufsichtsräte beider Institute haben ihre Vorstände ermächtigt, die Fusions-Verhandlungen zu führen. Hans R. Zeisl: „Eine weiteren Bündelung der Kräfte im genossenschaftlichen Bankensektor ist wegen der fortschreitenden Digitalisierung der Bankdienstleistungen, einer überbordenden Regulatorik sowie extremen Kapitalmarktverhältnissen in Folge der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank zwingend nötig.“ In Verbindung mit der im Südwesten traditionell hohen Wettbewerbsintensität resultiere ein enormer Kosten- und Ertragsdruck, insbesondere auf kleinere und mittlere Banken. „Nur durch die Bündelung unserer genossenschaftlichen Kräfte sind wir in der Lage, eine starke und leistungsfähige Volksbank zu schaffen, welche sowohl die Marktanforderungen als auch die Marktherausforderungen gut und vor allem dauerhaft bewältigen kann.“

„Wenn der Wind der Veränderung weht, kann man entweder Mauern oder Windmühlen bauen“, zeigten sich Lukas Kuhn und Hermann Sonnenschein als Vorstandskollegium der Volksbank Göppingen eG von der Zukunftsfähigkeit des Zusammenschlusses überzeugt. Man könne gemeinsam nicht nur besser auf aktuelle und künftige Herausforderungen reagieren, sondern auch stärker als bisher im Markt agieren. Die kombinierte Kapitalbasis eröffne beispielsweise weiteren Spielraum für die Unternehmensfinanzierung der mittelständischen Kunden, die nach wie vor das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellen. „Dank der größeren Einheit wären wir in der Lage, neben unseren Bilanz- auch die Kostenstrukturen weiter zu verbessern“, bekräftigten die Vorstandsmitglieder Volksbank Göppingen. In diesem Zusammenhang betonten beide, dass die bestehenden Geschäftsstellennetze erhalten bleiben und es keinen fusionsbedingten Stellenabbau geben werden.

„Die Volksbank will auch weiterhin in der Fläche und so nah wie möglich für den Kunden präsent sein“, betonte Zeisl gestern nochmals das Filialkonzept. Sehr wohl seien die natürlich permanent auf dem Prüfstand, allein schon wegen des veränderten Kundenverhaltens. Denn eine Filiale, die täglich nur von ein bis zwei Kunden besucht wird, kann sich auch die gesündeste Bank nicht erlauben. Fakt ist, dass die Volksbank Stuttgart in den kommenden Jahren die heutige Belegschaft von knapp 1100 um etwa 100 reduzieren wird, der Fusionspartner um 35. „Sehr viele Mitarbeiter haben heute schon signalisiert, vorzeitig in den Ruhestand gehen zu wollen“, so Zeisl.

Für dieses Jahr sind nach Verbandsangaben insgesamt elf Fusionen von Genossenschaftsbanken im Land geplant. „Am Jahresende wird die Zahl der Banken damit voraussichtlich bei 180 liegen“, sagt Präsident Roman Glaser. Er erklärte: „Fusionen sind ein möglicher Weg von Vielen, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren, aber auch Kooperationen zwischen Banken oder die zukunftsfähige Aufstellung von Instituten in Eigenregie stellen mögliche Lösungen dar.“ Hier müsse jede Bank den richtigen Weg für sich selbst finden.

Fusionen

Fusionen sind keinen Erfindung neueren Datums. Sie prägten seit jeher die Geschichte der Volksbank Stuttgart. Insgesamt 43 sind es seit ihrer Gründung. Die im Jahr 2010 mit der Volksbank Rems eG schrieb Rechtsgeschichte, denn hier gelang es bundesweit erstmals, eine Aktiengesellschaft (Stuttgarter Volksbank AG) mit einer Genossenschaft zu verschmelzen. Fünf Jahre später kam die Korber Bank eG dazu, 2016 die Kerner Volksbank eG und die VR-Bank Weinstadt eG. Mit einer Bilanzsumme von etwa 8,7 Milliarden Euro, etwa 400 000 Kunden und rund 225 000 Mitgliedern würde nach einer Fusion von Stuttgart mit Göppingen das neue Kreditinstitut seine Stellung als Nummer Eins in Baden-Württemberg ausbauen. Bundesweit wäre man auf drei.

Gründung

Mitarbeiter

Geschäftsstellen

Kunden

Mitglieder

Bilanzsumme (Euro)

3. April 1865

370

46

116 374

57 999

2238 Millionen

Volksbank

Göppingen eG

Zahlen zu den potenziellen Fusionspartnern

4. März 1865

1138

111

287 499

164 638

6465 Millionen

Volksbank

Stuttgart eG