Zehn Fahrzeuge des Winterdienst-Fuhrparks sind Kombistreuer, die reine Sole, Feuchtsalz und reinen Trockenstoff auf die Fahrbahn aufbringen können. Foto: AWS Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Die Silos sind voll und die Einsatzpläne sowie Streurouten des städtischen Winterdienstes, der beim Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) angesiedelt ist, stehen. Wie in den vergangenen vier Wintern heißt auch diesmal das Schlüsselwort „Salzsole“, denn das Aufbringen des flüssigen Salzes als Prävention hat sich bewährt.

Knackig kalt wurde es in den vergangenen vier Jahren schon in den Wintermonaten, doch schneebedeckte Fahrbahnen und Gehwege kennen die Stuttgarter fast nur noch vom Fernsehen oder Skiurlaub. Den letzten harten Winter gab‘s vor fünf Jahren mit stattlichen 67 Einsatztagen für die städtischen Mitarbeiter. 2016/17 waren es 38. Wer denkt, dass der Eigenbetrieb durch mildere Winter viel Geld spart und die Mitarbeiter durch weniger Einsatztage in ihren Aufenthaltsräumen „Däumchen drehen“, der sieht sich getäuscht. Denn Straßenreinigung und Winterdienst haben ein gemeinsames Budget. Gibt es in Stuttgart einen milden Winter, so stehen für die Straßenreinigung mehr Finanzmittel aus diesem Etat zur Verfügung. Und wenn der Räumdienst mangels Schnee und Eis einmal nichts zu tun hat, so tauscht er die Schneeschippe kurzerhand mit dem Besen und verrichtet normale Straßenreinigungsarbeiten.

Keine Frage, das Aufbringen von Salzsole hat sich in den vergangenen vier Jahren bewährt und etabliert. Was immer wieder ein Streitpunkt ist, betrifft separate Radwege. Auch in diesem Jahr werden nur zwölf Kilometer von der städtischen Flotte oder von Privatunternehmen im Auftrag der Landeshauptstadt von Schnee und Eis befreit. „Viel zu wenig - Radfahrer sind auch im Winter unterwegs“, sagt Björn Peterhoff von den Grünen im Technikausschuss. Das betreffe übrigens auch die Hauptradrouten. Von den insgesamt rund 150 Kilometern werden momentan etwas mehr als ein Drittel geräumt. Da es jedoch Ziel der Rathausspitze ist, den umweltfreundlichen Radverkehr zu fördern und auszubauen, sollen künftig auch die Hauptradroute wie etwa die von Vaihingen über Cannstatt nach Fellbach verstärkt in den Streu- und Räumplan integriert werden. So jedenfalls der Wunsch des Bau- und Umweltreferats, das hierfür rund 75 000 Euro benötigt. Um die Bedeutung von Radwegen zu untermaueren, sollen deshalb acht weiter Zahlstellen entlang der Hauptradrouten eingerichtet werden. Ansonsten setzt die Stadt auf Bewährtes. Was das ist, haben wir einmal zusammengetragen.

Salzsole: Im Gegensatz zum Feuchtsalz, das über einen Streuteller verteilt wird, gelangt die Salzsole mittels dreier Düsen auf die Fahrbahn. Die Streubreite beträgt insgesamt elf Meter, wobei auch hier die Straßen nach ihrer Dringlichkeitsstufe (von I bis III) abgefahren werden. Doch im Kampf gegen Glatteis kann die Stadt dennoch nicht ganz auf die herkömmliche Streutechnik verzichten. Der Grund: Für größere Streumengen und sehr niedrige Temperaturen taugt die Sole-Streutechnik nicht.

Salzlager: Mit den vier neuen Silos beträgt die Salzlagerkapazität 4200 Tonnen. Insgesamt verfügt die Stadt über eine Salzmenge, die in den vergangenen drei Jahren problemlos ausreichte.

Fuhrpark: Zur Erfüllung der Winterdienstaufgaben auf Fahrbahnen stehen insgesamt 25 Lastwagen zur Verfügung. Zehn davon sind Kombistreuer, die reine Sole, Feuchtsalz und reinen Trockenstoff auf die Fahrbahn aufbringen können. Weiter gibt es noch sieben Unimogs (inklusive zwei Reservefahrzeuge), die bei winterlichen Straßenverhältnissen im Brandfall auch als Feuerwehrfahrzeuge einsetzbar sind. Ergänzt wird der Winterfuhrpark von neun Kleinfahrzeugen. In der Nachtschicht sind zwischen elf und 21 Mitarbeiter, tagsüber bis zu 33 Mitarbeiter im Einsatz.

Räum- und Streuumfang: Die Winterdienstverpflichtung der Stadt beträgt 956 der insgesamt 1409 Kilometer Straßenlänge. 391 Kilometer ebene Wohnstraßen werden nur im Schneefall geräumt. Dazu kommen noch 247 Kilometer Gehwege, 5711 Fußgängerüberwege und in der „Hauptstadt der Stäffele“ fast 19 797 Treppenstufen hinzu. Geräumt werden zwei Kilometer Wege zu den Glascontainern, 34 Kilometer Verbindungswege durch Grünanlagen sowie 57 Kilometer verkehrswichtige Fußwege außerhalb geschlossener Ortschaften.

Streupflicht und Dringlichkeit

Viele Beschwerden über fehlenden Winterdienst beruhen oft auf der Unkenntnis darüber, wer wann und wo verpflichtet ist, Winterdienst durchzuführen. Die Pflicht zum Winterdienst haben die Kommunen nur auf gefährlichen und verkehrswichtigen Straßenabschnitten und auch nur während der Hauptverkehrszeit. Unabhängig davon ist der Winterdienst des Eigenbetriebs AWS bei Bedarf im 24-Stunden-Betrieb im Einsatz, um schon vor Beginn des Berufsverkehrs die Hauptverkehrswege und gefährlichen Stellen im städtischen Straßennetz von Schnee zu räumen und gegen Glätte abzustreuen. Für Winterdienst auf Gehwegen ist jeweils der Anlieger/Anwohner zuständig - ohne Wenn und Aber. Leider gibt es laut Stadtverwaltung noch zu häufig Versäumnisse beim Winterdienst der Anlieger auf Gehwegen, denn im Schadensfall haftet der winterdienstpflichtige Bürger gegenüber dem Unfallopfer.

Wann und wie oft geräumt werden muss, hängt von der Wetterlage ab. Vorgeschrieben ist: bei Schnee- und Eisglätte müssen die Gehwege montags bis freitags bis 7 Uhr, samstags bis 8 Uhr, sonntags und feiertags bis 9 Uhr geräumt und gestreut werden. Kommt es tagsüber zu Schnee- und Eisglätte, ist unverzüglich - bei Bedarf auch wiederholt - zu räumen, und zwar bis 21 Uhr. Dabei dürfen in Stuttgart weder Salze noch andere auftauende Stoffe verwendet werden.

Der Winterdienst von Fahrbahnen erfolgt nach Dringlichkeitsstufen. Diese Dringlichkeitsstufen werden in Absprache mit der Polizei festgelegt und in einem Streuplan umgesetzt.

Dringlichkeits-Stufe I: Verkehrswichtige und gefährliche Stellen, Hauptverkehrs- und Durchgangsstraßen, Straßen für öffentlichen Personennahverkehr, Zufahrten für Notaufnahmen in Krankenhäusern.

Dringlichkeits-Stufe II: wichtige Verbindungsstraßen zu Hauptverkehrsstraßen, Wohnsammelstraßen.

Dringlichkeits-Stufe III: Sogenannte steile Wohnstraßen über fünf Prozent Steigung/Gefälle

Rest: Ebene Wohnstraßen unter fünf Prozent Steigung/Gefälle werden in der Regel geräumt, gegebenenfalls auch bestreut. Allerdings erst möglich, wenn sich Fahrbahnen der Dringlichkeitsstufen I bis III in verkehrssicherem Zustand befinden.