Foto: Seit Jahren sind Radfahrer, die - Seit Jahren sind Radfahrer, die verbotswidrig in der Marktstraße fahren, ein Ärgernis für viele Passanten (links). Doch es gibt auch positive Beispiele von Radfahrern, die in der Fußgängerzone absteigen und schieben (rechts).

Jahr für Jahr das gleiche Ärgernis in der Cannstatter Marktstraße: Radler fahren, statt zu schieben und gefährden so Passanten.

Bad CannstattFrau und Kind in Weiß auf blauem Hintergrund: Das runde Schild, das den Beginn der Cannstatter Fußgängerzone in der Marktstraße markiert, ist nicht zu übersehen. Jedem sollte klar sein: Fahrradfahrer müssen hier absteigen und schieben. Trotzdem sind derzeit – wohl auch angesichts der frühlingshaften Temperaturen – zahlreiche Radfahrer unterwegs. Dabei handelt es sich freilich nicht um ein neues Problem. Passanten ärgern sich Jahr für Jahr über Radfahrer in der Fußgängerzone. Auch wenn der eine oder andere Fahrradfahrer überzeugt ist, die Situation abschätzen zu können – gefährlich kann das verbotswidrige Radeln für Passanten trotzdem werden. Etwa für Kinder, die schnell vor das Rad springen, oder für Senioren, die langsamer zu Fuß sind und deshalb nicht so schnell ausweichen können.

Aus diesem Grund gilt „Fahrradfahren in der ausgeschilderten Fußgängerzone als Ordnungswidrigkeit“, sagt Éva Ádám, Fahrradbeauftragte der Stadt. Daher kontrolliert hier unter anderem das Ordnungsamt. Genau wie die Polizei. Wer in der Fußgängerzone illegal Fahrrad fährt, wird von den Beamten angehalten und verwarnt. Die Radfahrer müssen anschließend mit einem Bußgeld rechnen. Das beträgt je nachdem, ob Fußgänger gefährdet wurden oder es gar zu einem Unfall kam, zwischen 15 Euro und 30 Euro. Viele Radfahrer seien bei den Kontrollen einsichtig und sich ihres Fehlverhaltens bewusst, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Wie viele Unfälle durch die Fahrradfahrer in der Marktstraße pro Jahr verursacht werden, ist nicht bekannt, da dies nicht separat erfasst wird. Auch so mancher Einzelhändler ist genervt von den Radfahrer in der Fußgängerzone: „Geschäftsinhaber melden sich regelmäßig bei uns und machen auf das Problem aufmerksam“, sagt Lauer. Als „lästig und nicht förderlich“ beschreibt Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler den illegalen Fahrradverkehr in der Marktstraße.

Warum nutzen viele Fahrradfahrer die Fußgängerzone verbotenerweise? Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) attestiert dem Stadtbezirk mangelnde Alternativen. „Rundherum gibt es Einbahnstraßen, die nicht alle für Radfahrer frei sind“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des ADFC Stuttgart, Frank Zühlke. Als Beispiel nennt er die Badstraße, wo es im Bereich der Haltestelle keinen Fahrradstreifen gibt. Ähnlich ist die Situation in der Wilhelmstraße, wo zwar im Herbst letzten Jahres zwei etwa hundert Meter lange Fahrradspuren markiert wurden, der restliche Teil der Straße jedoch keinen Radweg aufweist. Andere Straßen im Stadtbezirk, die mit sehr viel Autoverkehr belastet sind, kommen laut ADFC für sehr viele Radfahrer nicht infrage. „Umso wichtiger ist für viele Radfahrer eine Verbindung zwischen der Neckarvorstadt und dem Bahnhof“, sagt Zühlke. Denn der direkte Weg führt derzeit von der Bahnhofstraße, die ebenfalls Fußgängerzone ist, über den Wilhelmsplatz hin zur Marktstraße. Außerdem wäre es aus Sicht des ADFC sinnvoll, eine Verkehrsberuhigung an den Hauptverkehrsstraßen und eine Verbindungsstrecke auszuweisen, um die Wilhelmsbrücke mit dem Wilhelmsplatz zu verbinden.

Als „völlig unzureichend“ beschreibt auch Peter Pipiorke von der Naturfreunde Radgruppe den Radwegeausbau im Stadtbezirk. Gleichzeitig würde er es begrüßen, wenn in der Fußgängerzone Fahrradfahren nicht verboten wäre, sondern Fußgänger Vorrang hätten. Legales Fahrradfahren in der Marktstraße könnte sich auch der ADFC vorstellen. Frank Zühlke betont jedoch: „Wir wollen nicht, dass durch die Marktstraße gerast wird.“ Denn: Fußgänger haben ein Recht auf sichere Wege – genau wie Radfahrer. Daher dürfe es nicht sein, dass sie keine andere Wahl haben, als viel befahrene Straßen zu nutzen. „Der Stärkere muss Rücksicht auf den Schwächeren nehmen“, sagt Zühlke. Das gelte nicht nur für Radfahrer gegenüber Fußgängern, sondern auch für Autofahrer gegenüber Radfahrern und Fußgängern.

Zunehmend zum Problem in der Marktstraße werde auch der Autoverkehr, sagt Bezirksvorsteher Löffler. Denn immer öfter sind hier Autofahrer verbotswidrig unterwegs und gefährden mit ihrem Verhalten Passanten.

Unerlaubtes Fahrradfahren auf dem Gehweg oder in der Fußgängerzone wird mit 15 Euro geahndet; mit Behinderung 20 Euro; mit Gefährdung 25 Euro; kam es zu einem Unfall, sind es 30 Euro.