Alexander Stoll hat bei Arbeiten in einem Dachgeschoss eine britische Flammstra Foto: Manfred Jaisen ( z) - Manfred Jaisen ( z)

27-jähriger Dachdecker hat den Blindgänger bei Arbeiten in einem Gebäude entdeckt

Bad CannstattDie Polizisten staunten nicht schlecht, als Alexander Stoll am Montagnachmittag ins Revier 6 in der Martin-Luther-Straße reinschneite und ihnen von einem Bombenfund auf einer Baustelle an der Fraasstraße im Stuttgarter Osten berichtete. Zum Beweis zückte der Dachdecker sein Smartphone und zeigte den Beamten ein Foto von dem Gegenstand. Er habe ihn am Freitag bei Arbeiten an einem Dachstuhl entdeckt und zunächst für ein verrostetes Heizungsrohr gehalten. Bei genauerer Untersuchung sei ihm am Montag jedoch klar geworden, dass es sich um eine alte Brandbombe handeln müsse. Als er den Beamten schließlich erzählte, dass er sie in sein Auto gepackt und sie mit nach Bad Cannstatt gebracht habe, schrillten die Alarmglocken. Sie verständigten den Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD).

Wenig später nahm Mathias Peterle, seines Zeichens gelernter Feuerwerker, den Blindgänger unter die Lupe. „Ich habe selten so ein gut erhaltenes Exemplar gesehen“, sagt der Experte des KMBD. „Es handelt sich um eine britische Flammstrahlbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die mit einem Gemisch aus Benzin und Benzol befüllt ist.“ Grundsätzlich würde von diesem Typen – bis zu 15 werden pro Jahr in Stuttgart entdeckt – keine Sprengkraft ausgehen. „Sie funktioniert eher wie ein Flammenwerfer.“ Bis zu sieben Mal hintereinander kann die rund 15 Kilogramm schwere Bombe einen Feuerball ausstoßen. „Geht sie in einem Gebäude los, macht sie ordentlich Ballett“, so Peterle, der den Blindgänger nicht in Bad Cannstatt entschärfen musste, sondern ihn in einem luftdichten Behälter zum KMBD nach Vaihingen brachte. „Dadurch ist ein Transport problemlos möglich.“ Zugleich kritisierte er die Vorgehensweise des Dachdeckers. „Er hat eine sehr intensive Belehrung bekommen.“ Denn auf den ersten Blick hätte es sich bei dem Blindgänger auch um eine Phosphorbombe handeln können. „Wenn sie zündet und mit Sauerstoff in Berührung kommt, hat er in seinem Auto ein flammendes Inferno.“

Alexander Stoll hat sich die mahnenden Worte zu Herzen genommen. Zugleich betont der 27-Jährige, dass er keineswegs lebensmüde sei und niemals bewusst mit einer scharfen Bombe durch die Landeshauptstadt fahren würde. „Sie steckte in dem Dachstuhl zwischen zwei vollkommen verkohlten Balken. Meine vier Kollegen und ich sind daher davon ausgegangen, dass sie längst ausgebrannt und somit harmlos ist.“ Zumal ihnen der ältere Hauseigentümer berichtete, dass der Dachstuhl während des Zweiten Weltkriegs durch Luftangriffe massiv beschädigt worden sei. Er habe die Bombe nur zur Polizei gebracht, damit sie richtig entsorgt werden könne. Rückblickend sei ihm klar, dass er sich falsch verhalten habe. „In erster Linie bin ich froh, dass nichts passiert ist. In Zukunft lasse ich von solchen Dingern die Finger weg.“