Ulrich Ruf war Finanzchef des VfB Stuttgart und ist jetzt sein eigener Herr. Foto: Rehberger Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Sie standen in der Öffentlichkeit, haben Schlagzeilen gemacht, ihre Geschichten haben uns bewegt, uns unterhalten, uns zum Lachen, Weinen oder zum Nachdenken gebracht. Jetzt stehen sie nicht mehr im Rampenlicht, sind aber dennoch nicht vergessen. In der Serie „Was macht eigentlich?“ stellen wir sie wieder vor. Heute: Ulrich Ruf.

Der ehemalige Finanzchef des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart galt zwischen 2000 und 2015 als „einzige Konstante im VfB-Vorstand“. Als Vorstandsmitglied „überlebte“ er Manfred Haas, Karlheinz Förster, Hansi Müller, Rolf Rüssmann, Peter Godenrath, Erwin Staudt, Horst Heldt, Gerd E. Mäuser oder Fredi Bobic. Aufgeben ist ihm fremd, getreu seiner Philosophie „Leistung setzt sich auf Dauer immer durch“.

Unter Präsident Bernd Wahler schied Ulrich Ruf nach 35 Jahren beim Traditionsverein aus. Sein Vertrag wäre noch ein Jahr gelaufen. Er hat 2014/15 den ersten Anlauf für die spätere Ausgliederung der Profiabteilung mit auf den Weg gebracht, wollte zum 30. Juni 2015 ausscheiden, grundsätzlich aber nie weggehen, wenn‘s schlecht läuft. Doch die Gesundheit forderte ihren Tribut. „Die letzten fünf Jahre waren überwiegend nicht mehr schön.“ Sie haben seiner Gesundheit zugesetzt. Am 16. April 2015 war sein letzter Arbeitstag. „Um 22 Uhr habe ich mein Büro verlassen, eigentlich wie immer.“ Ruf, dem Vertrauen ganz wichtig ist, wollte sich an diesem Tag nicht mehr persönlich von den Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle verabschieden. „Das hätte ich emotional nicht verkraftet.“ Das wurde bei seiner offiziellen Verabschiedung nachgeholt.

35 Jahre schüttelt man halt nicht so einfach ab. „Ich habe den Verein gelebt.“ Die Arbeitstage waren lang, Urlaube wurden unterbrochen, verkürzt oder ganz gestrichen. Rufs Leben war nach dem Fußball ausgerichtet. Als alles vorbei war, sei die Erleichterung sehr groß gewesen. „Ich bin im Frieden gegangen. Das war mir wichtig.“ Ein saubererer Schnitt.

Ruf hatte den Vorteil, in die Aufgabe „VfB“ hineinwachsen zu können. Über die Kunst kam der gelernte Bankkaufmann zum VfB. In der Zentrale der früheren Württembergischen Bank auf dem Kleinen Schlossplatz war er auch für Kunstausstellungen mit zuständig. Der Künstler Fritz Genkinger ist 1977 vom VfB beauftragt worden, eine Serigraphie zum Thema Fußball und VfB zu gestalten. Über die Vernissage in der Bank kam der Kontakt zum damaligen VfB-Geschäftsführer Ulrich Schäfer zustande, der ihn im zum 1. April 1980 zum VfB holte. Ruf wurde stellvertretender Geschäftsführer und Leiter der Geschäftsstelle. Rufs Aufstieg begann und führte ihn zum Direktor für Finanzen, Recht, Verwaltung und Organisation und schließlich in den Vorstand. Er war damals unter anderem auch für Transferverhandlungen und für die Ausarbeitung der Transferverträge zuständig.

Als junger Banker hatte er jetzt ganz anderes Klientel. „Das war natürlich sehr reizvoll.“ Er hat später den Umbau des Stadions in eine reine Fußball-Arena vorangetrieben - „das ist mein Baby und das einer kleinen Arbeitsgruppe“ - und 1999 die Marketing GmbH ins Leben gerufen. „Mir wurde vorgeworfen, ich würde das Risiko scheuen. Das stimmt nicht.“ Betriebswirtschaftliche Entscheidungen seien von außen eben nicht immer für jeden nachvollziehbar, und ein Finanzchef sollte über den Tellerrand hinausschauen können.

Und das Leben nach dem VfB? „Das gibt es auch“, lacht Ruf. „Fußball ist jetzt nicht mehr das Maß aller Dinge.“ Er ist sein eigener Herr, spürt nicht mehr den enormen Druck. „Das ist mir sehr wichtig.“ Ruf hat sich um seine Gesundheit gekümmert und Lebensqualität zurückgewonnen. „Fürs Altenteil bin ich zu umtriebig“, sagt der 62-Jährige. Nach mehreren Monaten Auszeit und Reisen nach Afrika und Südamerika machte er sich zum 1. Oktober 2016 selbstständig. Consulting, Management und Services. „Eine anderer Art der Herausforderung.“ Er hilft mit seinen Kooperationspartnern Unternehmen, sich zu verbessern. Als Exote schnuppert er in eine Branche, die er bislang nicht kannte. Wo Ruf auftaucht, ist immer auch der VfB Stuttgart das Gesprächsthema. „Das bleibt natürlich nicht aus.“ Den Draht zum Bundesligisten hat er nie abreißen lassen. Das Geschehen verfolgt er weiterhin, wenn möglich im Stadion, manchmal auch auswärts. „Die Mannschaft macht einen durchaus stabilen Eindruck, ist seit dem Abstieg in keiner Begegnung untergegangen.“ Der Klassenverbleib wird kein Selbstläufer, ist aber machbar - und finanziell wichtig.

Seine Erfahrungen nach 35 Jahren Vereinsfußball kommen ihm bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorsitzender der Revisionsstelle des DFB zugute. DFB-Präsident Reinhard Grindel hat ihn angerufen und gefragt. Im November 2016 wurde er auf dem DFB-Bundestag gewählt. Das Gremium kommt sechs bis acht Mal im Jahr zusammen, mindestens einmal im Monat ist er in Frankfurt. „Wir geben Empfehlungen zu wirtschaftlichen Sachverhalten, können aber keine sportpolitischen Entscheidungen treffen“. Ruf ist seit gut zwei Jahren aktiver Faustballer, natürlich beim VfB, und hilft dem Förderverein der Feuerbach, Sponsoren zu gewinnen und Geld zu akquirieren. „Ein klassisches Ehrenamt.“ Eine weitere Leidenschaft des gebürtigen Stuttgarters ist die Rockmusik. Mit seiner Frau besucht er daher gerne Konzerte. In diesem Jahr geht es zu den Toten Hosen, Guns‘n‘Roses und Roger Waters „Der Fußball und der VfB werden immer in meinem Herz bleiben.“