Harald Stingele (links), Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber, und Bernhard Löffler, DGB Region Nordwürttemberg, legen am Platz der ehemaligen Cannstatter Synagoge einen Kranz nieder, Foto: Rehberger Quelle: Unbekannt

(ede) - Vor 79 Jahren wurde die Cannstatter Synagoge in der König-Karl-Straße niedergebrannt. Das Bündnis zum Gedenken an die Pogromnacht in Cannstatt erinnerte gestern an dieses düstere Geschichtskapitel.

Am Abend des 9. November 1938 brannten in Deutschland tausende Synagogen und jüdische Geschäfte. Die Synagoge in Cannstatt wurde vom Leiter der Brandwache, zwei Feuerwehrleuten und einigen Nazis angezündet. Die Cannstatter Jüdin Ida Carlebach aus der Dürrheimer Straße 5 wurde Augenzeugin. Wie versteinert soll sie dagestanden haben, als die Funken bis fast an ihr Haus flogen. Mit dem Synagogenbrand erlosch ihr letzter Lebensmut. Ida Carlebach nahm sich am 27. November 1938 das Leben. „Suizid war das gewollte Ergebnis zielgerichteter NS-Politik“, führte Ralf Chevalier vom Bündnis zum Gedenken der Pogromnacht, die zum achten Mal die Veranstaltung durchführte.

Harald Stingele, der Vorsitzende der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber, legte den Blick auf die Kinder und Jugendlichen. „Sie waren damals 9 bis 14 Jahre alt, sind heute 87 bis 95.“ In einem Filmprojekt kommen diese Stuttgarter Zeitzeugen zu Wort. „Sie berichten von den einschneidenden Erfahrungen.“ Sie mussten die Schule für immer verlassen. „Dieser erzwungene Abbruch der Bildung ließ sie fassungslos zurück.“ Zum Unrecht kam oft noch Diffamierung. Den Familien wurde die Existenzgrundlage entzogen. „Flucht und Sicherung der Existenz waren vorrangig.“ Ihre Geschichten sollten heute noch im Gedächtnis bewahrt werden. 23 Filmbeiträge sind entstanden, drei wurden nach der Gedenkveranstaltung im Verwaltungsgebäude gezeigt. Stingele legte mit Bernhard Löffler, Geschäftsführer der DGB Region Nordwürttemberg, an der Synagogen-Gedenkstätte einen Kranz nieder. Löffler: „Hass und Zerstörungswut kannten keine Grenzen mehr und setzte sich in den KZ fort.“ Noch heute gebe es viel rechtsaffine Einstellungen. Daher müsse man gegen Diffamierung einstehen. „Demokratie muss immer neu erkämpft werden.“