Einsatzleiter Thomas Ruhland am Rettungsboot. Foto: Iris Frey - Iris Frey

DLRG-Einsatzleiter Thomas Ruhland ist kürzlich vom Innenministerium für seine Arbeit geehrt worden. Er ist fast jeden zweiten Tag für die DLRG im Einsatz.

HofenThomas Ruhland ist DLRG-Einsatzleiter in Hofen. Für seine Arbeit im In- und Ausland wurde der 45-jährige Zuffenhausener Elektroingenieur kürzlich vom Innenministerium geehrt. Im Gespräch berichtet er über seine Arbeit und die Probleme der Hilfsorganisation.

Warum sind Sie Lebensretter geworden?
Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für das Wasser. In der Schulzeit bin ich beim Schwimmverein vergrault worden, da ich die dauerhaft erwartete Leistungssteigerung nicht bringen wollte.

Wann haben Sie bei der DLRG LV Württemberg begonnen?
Begonnen hat alles mit dem Besuch eines Rettungsschwimmkurses in Feuerbach 1986.

Waren Sie gleich zu Beginn Einsatzleiter für den Bezirk Stuttgart?
Der Verantwortungsübertragung für die Funktion eines Einsatzleiters geht eine jahrelange Ausbildungs- und Erfahrungsphase voraus. Und jeder Einsatz bringt hierzu einen kleinen Baustein.

Sie sind sowohl beim Wasserrettungszug als auch beim Sanitäts- und Betreuungsdienst tätig, wo sind Sie öfter im Einsatz?
Die DLRG ist in zwei Katastrophenschutzeinheiten tätig. Als Einsatzleiter ist die Zuständigkeit übergreifend. Zum Glück waren beide Einheiten in Stuttgart noch nie im Einsatz. In anderen Landesteilen gab es schon öfter schwere Hochwasser, zu denen der Wasserrettungszug ausrücken musste. Daher ist die Antwort: Wasserrettungszug.

Als Einsatzleiter waren Sie bei Katastrophen im Einsatz, zum Beispiel beim Hochwasser in Sachsen-Anhalt 2013. Was war da Ihre Aufgabe?
2013 war ich als Fachberater Hochwasser zur Unterstützung der Technischen Einsatzleitung im Salzlandkreis im Einsatz. Von der Beratung über Vor- und Nachteile von Maßnahmen für die Bürgermeister und anderen Verantwortlichen bis zur eigenen Erkundung im überschwemmten Gebieten war alles dabei. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe im Zwölf-Stunden-Schichtdienst über sieben Tage.

Und 2016 in Griechenland bei der Flüchtlingskrise, wie haben Sie da helfen können?
Wir waren eine offiziell von der Bundesrepublik Deutschland entsandte Mission im Zuge der europäischen Zusammenarbeit. Meist nachts haben wir Flüchtlinge in ihren unzureichenden Booten aufgenommen und der griechischen Küstenwache übergeben. Unser Ziel war es, dass keiner ertrinken muss. Es war eine tief beeindruckende Mission und die Situation, so mittendrin zu sein in der Weltpolitik, war besonders. Alle Bilder, wie sonst in 20 Sekunden in der Tagesschau, waren unser Alltag vor Ort. Die Rahmenbedingungen durch die offizielle Entsendung waren ganz andere als heute im Mittelmeer, viel einfacher. Wir waren willkommen zur Unterstützung der örtlichen Kräfte.

Wie verarbeiten Sie die Erlebnisse? Wer hilft Ihnen dabei, dies zu verarbeiten?
Angefangen von meinem Zivildienst im Rettungsdienst waren schwere Unfälle und menschliche Schicksale immer ein Begleiter. Zum einen ist es sicherlich die Erfahrung, die hilft. Es gibt jedoch besondere Situationen, bei denen wir auf ein gutes Netzwerk von Seelsorgern zurückgreifen können.

Was berührt Sie besonders?
Wenn die eigenen Kräfte nicht ausreichen, trotz Ausbildung und Ausrüstung, einen Menschen vor dem Ertrinken zu retten, zum Beispiel durch zu starke Gewässerströmungen bei Starkregenereignissen.

Was war Ihr letzter großer Einsatz im Inland?
Das ist schon ein paar Tage her. Im Januar 2016 hatten wir in einer Nacht zwei Taucheinsätze. Erst an der Schleuse Obertürkheim und drei Stunden später ist im Hafen ein PKW ins Wasser gefahren. Das war eine ganze Nacht im Tauchanzug.

Staatssekretär Winfried Klenk, hat Sie im vergangenen November mit dem Bevölkerungsschutz-Ehrenzeichen ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen das?

Ich war richtig gerührt, als ich die Einladung zur Ehrung bekommen habe. Die Verleihung im Innenministerium war sehr gut durchgeführt und bildete einen besonderen Rahmen für diese Ehrung. Es zeigt mir, dass die vielen Stunden in Besprechungen, Vorbereitungen, Übungen und Ausbildungen gesehen und geschätzt werden. Die Wege von Herrn Klenk und mir kreuzen sich seit über 25 Jahren regelmäßig. Erstmals als ich Zivildienst beim DRK war und er in Funktion des Rettungsdienstleiters.

Diese Ehrung ist nicht so sehr bekannt. Was ist das für eine Auszeichnung?
Dieses Ehrenzeichen bekommen nur höchstens 20 Personen pro Jahr, die sich um den Katastrophenschutz in Baden-Württemberg besonders engagiert haben.

Sie haben auch im Sitz der DLRG in Hofen noch immer mit den Folgen der Überschwemmung durch das defekte Wehr im Juni 2016 zu kämpfen. Wie geht es da nun weiter mit Ihrem Gebäude?
Nach den vorliegenden Gutachten wäre es das Sinnvollste, das Gebäude zu ersetzen. Aktuell laufen Gespräche mit allen Beteiligten, um zu prüfen, ob es genehmigungsfähig und finanzierbar wäre. Bis dahin leben wir mit unserem Container, den provisorischen Holzböden und den schiefen Wänden mit den Stützen.

Ist diese Arbeit Ihr Hauptberuf oder üben Sie auch noch eine andere Tätigkeit aus?
Die DLRG ist mein Hobby. Hauptberuflich bin ich bei einer großen Firma angestellt.

Wie oft sind Sie für die DLRG im Jahr im Einsatz?
Wenn Sie die Arbeit in der Organisation und Verwaltung hinzuzählen, dann bin ich jeden zweiten Tag für die DLRG unterwegs. Mit Blaulicht zum Glück deutlich weniger. Wir haben durchschnittlich acht bis zehn Wasserrettungseinsätze im Jahr.

Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit bei der DLRG?
Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen sind Helfer zweiter Klasse mit vielen spürbaren Nachteilen. Es gibt gravierende Unterschiede in der rechtlichen Stellung und im Umfang der ehrenamtlichen Anerkennung durch die Politik. Ich wünsche mir eine Gleichstellung mit dem Technischen Hilfswerk und der Feuerwehr.

Die Fragen stellte Iris Frey