Die Neuauflage der Traditionsveranstaltung auf dem Marktplatz stieß gleich auf große Resonanz.Fotos (2): Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Bad Cannstatt - Die Anspannung war greifbar. Wie kommt die Neuauflage des Wein- und Brezelfestes an? Christian List hatte die Idee dazu im vergangenen Jahr. „Das Fest ist eine Legende, höchste Zeit, es wieder aufleben zu lassen.“ List verbindet damit Kindheits- und Jugenderinnerungen. „Für mich gehört das Wein- und Brezelfest einfach zu Bad Cannstatt.“ Der umtriebige Geschäftsmann suchte nach Mitstreitern und fand mit dem Weinfactum Bad Cannstatt und dem Weingut Zaißerei zwei Partner, die nicht lange überzeugt werden mussten. Auch Andreas Zaiß liegt die Veranstaltung quasi im Blut. Sein Vater Dieter Zaiß war 1970 einer der Mitbegründer des Wein- und Brezelfestes. „Bei einem solch tollen Event sind wir gerne dabei“, sagt Weinfactum-Geschäftsführer Marc Nagel. „Wir sind ein Weinbauort und das soll auch gezeigt werden.“ Weinfactum und Weingut Zaißerei sorgten für den Wein, für die Brezelkompetenz die Bäckerei Sailer.

Die Neuauflage kam gut an. Trotz wechselhaften Wetters zogen die Organisatoren positive Bilanz. Rund 10 000 Besucher waren an den vier Tagen auf den Marktplatz gekommen. „Die Idee hat funktioniert. Es war gut, das Fest ruhen zu lassen. Viele Leute haben sich bei mir bedankt, dass wir es wieder veranstaltet haben“, sagte Christian List. Nun soll noch die Brezel mehr Gewicht bekommen. Mehr als 4000 Brezeln wurden von den Besuchern verzehrt neben etlichen Zentnern Kartoffelsalat, Cannstatter Würstchen und Maultaschen. Der Weißherbst und die Weißweine waren der Renner, wussten Marc Nagel und Andreas Zaiß. „Die Cannstatter haben das Fest sehr gut angenommen. Es sind mehr Besucher gekommen, als kalkuliert“, so Zaiß. Viele kamen, weil sie das Wein- und Brezelfest von früher noch gut in Erinnerung hatten, wieder andere kamen aus Neugier, weil sie von der Traditionsveranstaltung gehört hatten.

Nach dem tollen Erfolg der Neuauflage 2016 findet auch 2017 das traditionsreiche Cannstatter Wein- und Brezelfest statt. Der Zuspruch war auf Anhieb enorm, das Fest gelang. „Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass wir auf Anhieb an die früheren, guten Zeiten des Brezelfests anknüpfen konnten“, sagt Christian List. Veranstalter-Kollege Marc Nagel ergänzt: „Viele Gäste haben uns gedankt, dass wir wieder für ein jährliches Stadtfest sorgen“. Daher haben sich die Veranstalter dazu entschieden, das Fest jedes Jahr am ersten Sommerferien-Wochenende stattfinden zu lassen. In diesem Jahr somit vom Donnerstag, 27. Juli, bis zum Sonntag, 30. Juli. Gefeiert wird wieder auf dem kompletten Cannstatter Marktplatz und am Freitag und Samstag zusätzlich vor dem Cannstatter Rathaus auf der Marktstraße.

Feiner Cannstatter Wein, warme Brezeln, handgemachte Musik, kühles Pils und schwäbische Spezialitäten laden die Besucher aus Stuttgart und der Region ein, vier Festtage zu verbringen. Besonderes Highlight ist wieder die große „Cannstatter Festbrezel“ der Bäckerei Sailer, die extra für das Fest entwickelt wurde und aus dem Marktstand und aus Brezelkörben verkauft wird.

Musikalisch setzt das Brezelfest auf handgemachte Unplugged-Musik, die im Hinblick auf die Lautstärke gezielt nur einen Teil des Marktplatzes beschallen soll. Denn beim Cannstatter Wein- und Brezelfest steht die Kommunikation unter den Gästen im Vordergrund.

Veranstaltet wird das Ereignis wieder von den drei Partnern Christian List Gastronomie, Weinfactum Bad Cannstatt und dem Zaißerei Weingut. Für warme Brezeln sorgt wie im Vorjahr die Bäckerei Sailer. Weitere Unterstützung erhält das Wein- und Brezelfest durch Stuttgarter Hofbräu und Ensinger Mineralwasser. Während des Brezelfestes fallen die Veranstaltungen „Cannstatt tanzt ...“ und der Abendmarkt aus.

Das Wein- und Brezelfest beginnt von Donnerstag bis Samstag um 17 Uhr und endet um 23 Uhr. Am Sonntag geht es bereits um 11.30 Uhr los und dauert bis gegen 20 Uhr.

Geschichte des Wein- und Brezelfestes

Am 13. Juni 1970 wurde das erste Cannstatter Wein- und Brezelfest auf der damals noch befahrenen Marktstraße gefeiert. Viel Überzeugungsarbeit war notwendig, um das Vorhaben umzusetzen. „Wenn die Cannstatter unbedingt auf der Straße feiern wollen, dann sollen sie das tun“, gab der damalige Oberbürgermeister Arnulf Klett der Veranstaltung schließlich seinen Segen. Denn Straßenfeste gab es damals noch keine. Die Arbeitsgemeinschaft Marktstraße, heute Die Altstadt Bad Cannstatt, hatte das Wein- und Brezelfest nach der Idee des Grafikers Hanns Lohrer mit Leben gefüllt. Er wollte die Nachbarn wieder zusammenbringen, nach dem Motto „Ja lebsch du au no?“ Lohrer, Frieder Baitinger und Hans Zerrweck von der AG Marktstraße und Weinvogt Dieter Zaiß mussten dicke Bretter bohren. „Wir wurden als Irre bezeichnet, die auf der Straße sitzen wollten“, erinnerte sich Frieder Baitinger. Der 13. Juni als Premierentag war bewusst gewählt. Da hatte der international bekannte Grafiker Lohrer, bekannt für seine humorvollen, hintersinnigen Plakate, Geburtstag. „Und da hat es noch nie geregnet.“ Der „Stammtisch der Gemütlichkeit“ kam gut an - und fand viele Nachahmer.

1986 wurde aus dem eintägigen ein Zwei-Tages-Fest unter strengen Auflagen bezüglich Lärm und Zeit. 1993 wurde der Drei-Tages-Rhythmus eingeführt. Die Veranstaltung machte einige Veränderungen durch. Die Zahl der Sitzplätze wurde erweitert, 1991 erstmals der Marktplatz miteinbezogen. 1970 gab es Brezeln, Käsebrote und Bratwurst, später auch Gyros, Steaks und Maultaschen. Auch Bier wurde ausgeschenkt, weil immer wieder danach gefragt wurde. Nach diversen kalten Veranstaltungen wichen die Veranstalter auf den Juli aus. 1997 wollte man zurück zu den Ursprüngen, gemäß des langjährigen Mottos „Prost Herr Nachbar, Prost Frau Nachbarin“. Auch die Musik war immer wieder Thema. Mal gab es Zentralbeschallung, mal konnten die Wirte in ihren Bereichen die Beschallung regulieren. 1999 wurde abgespeckt, sorgten zwei Live-Bands für Musik, gefeiert wurde zwischen Badergasse und Altem Rathaus, 2000 bei der 31. und letzten Auflage nur auf dem Marktplatz.