Vor allem alleinstehende Frauen sind von Altersarmut betroffen. Foto: dpa/ Oliver Berg - dpa/ Oliver Berg

Altersarmut ist ein zunehmendes Problem: In Bad Cannstatt sind 5,5 Prozent der über 65-Jährigen betroffen. Im gesamten Stadtgebiet liegt die Quote bei 4,5 Prozent.

Bad Cannstatt Altersarmut ist ein zunehmendes Problem: In Bad Cannstatt sind 5,5 Prozent der über 65-Jährigen betroffen. Im gesamten Stadtgebiet Stuttgarts liegt die Quote bei 4,5 Prozent. Gegenüber der letzten Studie aus dem Jahr 2013 ist der Anteil von Personen in Altersarmut im Stadtbezirk zwar nur leicht um 0,3 Prozentpunkte (2013: 5,2 Prozent) angestiegen, trotzdem eine bedenkliche Entwicklung. Die betroffenen Personen werden vom Staat unterstützt. „Menschen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und deren Rente nicht ausreicht können im Sozialamt aufstockende Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten“, sagt Joachim Kübler, Leiter der Sozialhilfedienststelle Bad Cannstatt.

Unter der sogenannten „Hilfe zum Lebensunterhalt“ versteht man umgangssprachlich die Sozialhilfe. Sie deckt grundlegende Bedürfnisse wie Ernährung, Kleidung und Körperpflege, wenn der Hilfesuchende selbst kein Einkommen oder Vermögen hat. Diese Leistungen nehmen im Stadtbezirk immer mehr Menschen in Anspruch: 2018 konnten in Bad Cannstatt 676 Personen über 65 Jahre ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bestreiten, 2016 waren es noch 643. In Stuttgart stieg die Anzahl der Bezieher von Grundsicherung im Rentenalter in den vergangenen zehn Jahren um 40 Prozent, von 5940 im Jahr 2008 auf 8289 im Jahr 2018. In Baden-Württemberg erhielten zuletzt etwa 100 00 Rentner Grundsicherung, 36 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.

Dass die Rente für viele Menschen nicht reicht, stellt auch der Stadtseniorenrat fest. „Vor allem alleinstehende Frauen sind betroffen“, sagt Werner Schüle, stellvertretender Vorsitzender des Stadtseniorenrats. Denn Frauen haben wegen der Kindererziehung häufig in Teilzeit oder mit mehrjähriger Unterbrechung gearbeitet. Und das hat auch Folgen für den Rentenanspruch: Wer wenig einbezahlt, bekommt wenig ausbezahlt. Frauen sind es auch, die den Beruf zugunsten der Pflege von Angehörigen zurückstellen. „Wenn es zu einem Pflegefall in der Familie kommt, dann sind es in 70 Prozent der Fälle Frauen, die sich kümmern und unbezahlte Sorgearbeit leisten. Sie pflegen durchschnittlich 21 Stunden pro Woche unbezahlt“, sagte Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbands Deutschland gegenüber der Deutschen Presseagentur. Daher müsse es einen finanziellen Ausgleich geben und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für Frauen und Männer verbessert werden.

„Zur großen finanziellen Belastung werden für die Betroffenen mit kleiner Rente die hohen und immer höher steigenden Mieten“, sagt Schüle. Genau wie immer weiter steigende Pflegesätze, die im Fall eigener Bedürftigkeit zumindest teilweise bezahlt werden müssen. Wer das nicht leisten kann, erhält zwar Unterstützung vom Sozialamt, doch das Ausfüllen der entsprechenden Dokumente wird für viele ältere Menschen zur Hürde.

Um die Rente aufzubessern arbeiten einige Rentner. 2018 waren dem Statistischen Amt 2895 Sozialversicherungspflichtige Personen über 65 Jahre bekannt. Etwa 250 mehr als 2017. Aber: Sollte eine Arbeit aufgenommen werden, ist das Gehalt auf die Grundsicherung anzurechnen. Aus Sicht des Stadtseniorenrats halte sich die Anzahl derjenigen Rentner, die Vollzeit arbeiten, in Grenzen. „Manche gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach oder arbeiten saisonal zum Beispiel bei der Weinlese“, sagt Schüle. Er fordert zudem Veränderungen beim Seniorenticket. Das Ticket für das ganze VVS-Netz kostet etwa 560 Euro pro Jahr. Schüle plädiert dafür, ein Ticket für weniger Zonen zu einem günstigeren Preis anzubieten.

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