Trio der schönen, warmen, dunklen Töne (von links): Michel Godard, Luciano Biondini und Lee Santana. Foto: Holger Schneider Quelle: Unbekannt

Von Verena Großkreutz

Stuttgart - Wenn Jazz-Virtuose Michel Godard seine grünlich schimmernde Tuba umschlingt, verschwindet sein Oberkörper dahinter, und es sieht so aus, als sei sein Kopf der ausladende Trichter: als verschmelze sein Körper mit dem Instrument. Eigentlich ist die Tuba als das tiefste und größte unter den Blechblasinstrumenten ein schwerfälliges Ding, aber wenn es Godard spielt - wie jetzt beim Musikfest im Stuttgarter Theaterhaus - klingt es so leicht und geschmeidig wie ein Saxophon. Sein Klang ist schön dunkel, warm und auch farbig, denn Godard bringt eine Menge Obertöne zum Mitschwingen.

Für manche ist schon die Solo-Tuba eine echte Exotin. Aber Godard setzt noch einen drauf: nämlich das Serpent. Das kennt man fast nur noch vom Besuch im Musikinstrumentenmuseum. Da steht das schöne, dunkle, schlangenförmige Instrument hinter Glas. Ein paar Klassikfreaks haben es vielleicht schon mal in historisch ambitionierten Aufführungen von Händels „Feuerwerksmusik“ gehört, oder in einigen wenigen romantischen Werken, wo es zusammen mit den Ophicléiden - auch so Exoten - für dämonisch finstere Bass-Abgründe zuständig ist. Aber im Jazz? Da hat erst Godard das ursprüngliche Renaissanceinstrument - das tiefste in der Familie der Zinke - bekannt gemacht.

Die Melodien und virtuosen Läufe sind, wenn Godard das Serpent spielt, dunkel-warm und dennoch schlank im Klang, im Ansatz knistert es ein bisschen wie eine alte Schallpatte. Manchmal lässt Godard das Instrument jaulen, gluckern, quietschen und plappern, gelegentlich ruft es wie ein mystischer Vogel.

In der Musikfest-Reihe Bach.Lab trat Godard zusammen mit dem exzellenten Jazz-Akkordeonisten Luciano Biondini und dem Alte-Musik-Spezialisten Lee Santana an verschiedenen Lauteninstrumenten auf. Das Trio spielte vor allem eigene Bearbeitungen von allerlei Adagio-Sätzen Johann Sebastian Bachs.

Die Melodien und Harmonien gingen auf in jazzigen Improvisationen, man spielte mal im Duett, mal im Trio. Und man hatte - wie Bach selbst - an die Adagio-Bezeichnungen ein „ma non tanto“ drangehängt: also sanft und langsam (Adagio), aber doch nicht zu sehr. Gleichwohl: Das dunkle Timbre der Godard-Instrumente - der Franzose spielte gelegentlich auch einen E-Bass -, das selbst im beschwingten Tempo und bei hochgradiger Virtuosität immer etwas melancholische Akkordeon und das introvertierte Zupfen von Lee Santana schufen ein sehr entspanntes, meditativ-ruhiges Nachtkonzert. Zur Freude des begeistert applaudierenden Publikums.