Brahim Neto, Bruno Eisinger und Cassio Barbosa (von links) wollen mit ihren Start-ups in der Region Stuttgart Fuß fassen. Foto: Pioniergeist/Pioniergeist

Die Kampagne „Hi Tech“ der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart zeigt erste Erfolge. Drei brasilianische Unternehmen liebäugeln mit einem Umzug

Das Ziel ist anspruchsvoll, die Konkurrenz groß: Um die Region Stuttgart weltweit als einen der führenden IT-Standorte im Bewusstsein der Branche zu verankern, hat die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) vor zwei Jahren die Kampagne „Hi Tech!“ ins Leben gerufen. Sie soll vorrangig internationalen Fachkräften und Start-ups die Region näherbringen. Dabei präsentiert die WRS den Standort als Hightech-Region mit einem engmaschigen Netzwerk aus weltbekannten Marktführern, hochtalentierten Start-ups und innovativen Familienunternehmen.

Teil der Standortmarketing-Kampagne ist das „Start-up-Welcome-Package“: Das Programm bietet internationalen Start-ups die Möglichkeit, jeweils zehn Tage lang die Region im Schnelldurchgang kennenzulernen. Die Zielgruppe sind dabei Start-ups, die mit ihrem Profil zur Region passen – also vor allem Unternehmen aus den Bereichen der Industrietechnologie oder der grünen Künstlichen Intelligenz.

Viele Fragen müssen zunächst geklärt werden

Die WRS organisiert für die Gäste nicht nur zahlreiche Kontakte - etwa ein Speeddating mit Unternehmen, die potenziell Kunden oder Geschäftspartner werden könnten. Den Gästen werden auch Coaching- und Mentoring-Angebote gemacht, etwa bei Fragen, die sich rund um die Ansiedlung ihres Unternehmens in Deutschland aufdrängen. Als dritter Baustein spielt die Region ihre Lebensqualität aus. Schließlich gewinnen auch für junge Unternehmen weiche Faktoren wie die Nähe zur Alb, zu Weinbergen oder zum Schwarzwald immer größere Bedeutung bei der Wahl des Standorts.

Drei solcher Start-up-Welcome-Reihen hat es mittlerweile gegeben, bei denen 26 Start-ups aus der gesamten Welt die Region Stuttgart aus nächster Nähe kennengelernt haben. Großes Lob für das Angebot haben die Organisatoren bisher bekommen. Besonders hervorgehoben haben die Teilnehmer die Kontaktmöglichkeiten zu Unternehmen und zu Akteuren der regionalen Start-up-Community. Auch die Hilfestellungen zur Gründung von Niederlassungen in Stuttgart ist auf großes Interesse gestoßen.

Noch ist kein unternehmen nach Stuttgart gezogen

Kleiner Wermutstropfen, der allerdings auch mit der doch vergleichsweise kurzen Zeitspanne zu erklären ist: Zwar haben vier Start-ups aus der zweiten Besuchergruppe sich grundsätzlich offen für einen Umzug in Richtung Stuttgart gezeigt. Vollzogen hat diesen aber noch niemand.

Das könnte sich nun ändern. Drei brasilianische Start-ups, die in diesem Juli in Stuttgart zu Gast waren, sind fest entschlossen, gemeinsam in Stuttgart aktiv zu werden und dabei noch andere brasilianische Startups von der Idee zu begeistern. Die Start-ups sind in sehr unterschiedlichen, sich aber durchaus ergänzenden Bereichen aktiv: Hedro Sistemas Inteligentes entwickelt, so der Firmenchef Cassio Barbosa, Sensortechnik, um alte Anlagen und Maschinen mit dem Internet verbinden und Daten erheben zu können. Brahim Netos Quality Storm hat sich auf die Datenverarbeitung spezialisiert. Infinity Foundry wiederum wagt den Sprung in die Zukunft und beschäftigt sich mit der industriellen Anwendung von digitalen, dreidimensionalen Zwillingen.

Strategisch ist die Nähe zu Headquartern wichtig

„Für uns ist Stuttgart fast wie ein Mekka“, sagt Infinity-Foundry-Gründer Bruno Eisinger. Mit seinen 22 Mitarbeitern arbeitet er an einem industriellen Metaverse, in dem es möglich ist, auch komplexe und schwierige Probleme im virtuellen Zwilling zu lösen. „In der Region Stuttgart gibt es Zentralen von so vielen großen Weltunternehmen, die wir auch in Brasilien kennen. In der Nähe dieser Headquarters arbeiten zu können wäre strategisch höchst wichtig für uns“, so Eisinger.

Letztlich wird es aber eine Frage des Geldes sein, ob die Niederlassung in Stuttgart entstehen kann. Aktuell suchen die Start-ups nach finanziellen Fördermöglichkeiten, um ihren Traum zu verwirklichen. Da sind der WRS allerdings die Hände gebunden: „Wir können bei dieser Suche nur vermitteln und nicht selber einspringen,“ betont WRS-Sprecherin Johanna Hellmann – und fügt hinzu: „Wir unterstützen aber nach Kräften.“

Michael Kaiser, der neue Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS), findet nur lobende Worte für die von seinem Vorgänger Walter Rogg angestoßene Kampagne: „Mit ,Hi Tech!` bringen wir junge, vielversprechende Unternehmen in die Region Stuttgart, deren Geschäftsfelder zu Zukunftsbranchen unseres Standortes passen. Und wir machen die Region als Ort zum guten Leben und Arbeiten international bekannt und begeistern für unseren hochattraktiven Wirtschaftsraum.“

2024 sollen die Startups noch genauer ausgesucht werden

Fortsetzung
Die neue Programmrunde, die mittlerweile vierte, der Hi-Tech-Kampagne beginnt im November. Dieses Mal soll die Online-Betreuung der teilnehmenden Start-ups im Vorfeld verstärkt werden. Die aussichtsreichsten Kandidaten werden dann im Frühjahr 2024 in die Region eingeladen.

Suchlauf
Werbung für die vierte Runde wird im Schengenraum, in Israel, Großbritannien und im Silicon Valley in Kalifornien ausgespielt – dort vor allem vor Ort mittels Flyern und ähnlichem in entsprechenden Einrichtungen und via Social-Media-Targeting, etwa mit Linkedin. hol