Die Abstandsregeln gelten auch in Gotteshäusern. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Die Weihnachtsgottesdienste fallen in diesem Jahr coronabedingt anders aus als sonst. Die Kirchengemeinden sind ideenreich und bieten Alternativen an.

Untertürkheim - D er Kirchenbesuch an Heiligabend ist vor allem für Familien mit Kindern ein wichtiges Ritual. Doch dieses Weihnachten wird anders sein als sonst. Maximal zehn Personen dürfen sich an den Feiertagen treffen. Einen Sonderstatus haben Gottesdienste, unter Auflagen dürfen diese stattfinden – allerdings in einer abgewandelten Form. Eine voll besetzte Kirche am 24. Dezember – ein Bild, das in den vergangenen Jahren üblich war – wird es nicht geben in Zeiten von Corona. Abstandsregeln, begrenzte Teilnehmerzahlen und Singverbot zwingen zum Umdenken. Und da sind die Kirchengemeinden in den Stuttgarter Neckarstadtbezirken ziemlich kreativ.

So will die evangelische Gartenstadtgemeinde den Familiengottesdienst und die Christvesper am 24. Dezember „dorthin verlegen, wo einst die ersten Zeugen der Geburt Jesu sich auch aufhalten mussten: Unter freiem Himmel wie die Hirten auf dem Feld in Bethlehem“, sagt Pfarrer Reinhard Mayr. Die Gartenstadtkirche in Luginsland, in die aufgrund der Platzbegrenzungen höchstens 90 Personen eingelassen werden können, bleibe geschlossen. Stattdessen soll es an Heiligabend ab 16 Uhr eine Waldheim-Weihnacht geben, der Gottesdienst wird dort vor einer großen Leinwand stattfinden. Und da kein Krippenspiel aufgeführt werden darf, will das Kinderkirchenteam im Vorfeld einen Film darüber drehen, der dann gezeigt wird. Die Christvesper mit dem Posaunenchor findet um 18 Uhr bei freiem Zutritt im Garten hinter der Kirche statt. Für den Gottesdienst um 16 Uhr in der Rotenberger Dorfkirche müsse man sich jedoch anmelden, denn dort stünden nur 40 Plätze zur Verfügung, sagt Mayr, der auch für diesen Stadtteil zuständig ist. Parallel dazu werde aber ein Familiengottesdienst vor der Turn- und Versammlungshalle mit Pfarrer Georg Amann stattfinden, „vielleicht noch ein zweiter um 17 Uhr“. Man sei noch in der Planungsphase, räumt Mayr ein.

Aufzeichnung im Internet abrufbar

Die Untertürkheimer Stadt-Wallmerkirchengemeinde will grundsätzlich auf Anmeldungen verzichten, informiert Pfarrer Martin Hug, der etwa 80 Stühle in St. Germanus aufstellen kann. Auch wenn er an Heiligabend gleich zwei Familiengottesdienste (14 und 16 Uhr) zwei Christvespern (18 und 20 Uhr) sowie eine Christmette (23.15 Uhr) anbieten wird, räumt er ein: „Möglicherweise werden wir einige Besucher abweisen müssen.“ Einen Gottesdienst werde man indes aufzeichnen und ins Internet stellen, so könnten ihm Familien von Zuhause aus beiwohnen. Hug betont zugleich, „Weihnachten ist nicht nur am 24. Dezember“ und appelliert, auch die Gottesdienste an den beiden Feiertagen zu nutzen.

Die evangelische Kirchengemeinde Uhlbach feiert Heiligabend, „aber anders als sonst. Das passt zu einem Jahr, in dem so vieles anders ist“, sagt Pfarrer Jakob Spaeth. Gefeiert werde beim Gemeindehaus „mit Blick auf unser Uhlbach – und mit der Weihnachtsgeschichte und Weihnachtsliedern.“ Und natürlich mit Mund-Nasen-Schutz. Um 15 und 16 Uhr finden Familiengottesdienste statt und um 17 und 18 Uhr Heiligabend-Gottesdienste. „Die meisten Sitzplätze sind Open Air, zum kleineren Teil sind sie im Gemeindehaus – also besser wärmer anziehen.“ Er bittet die Gemeindemitglieder um Anmeldung, „damit alle einen Platz bekommen und es kein Gedränge gibt“.

Zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten

Die evangelische Kirchengemeinde Obertürkheim wollte ursprünglich an drei verschiedenen Orten die Weihnachtsgeschichte erzählen. Pfarrerin Friederike Weltzien wäre samt der erforderlichen Technik mit einem Lastwagen von einem Ort zum anderen gefahren. „Die Abstands- und Sicherheitsauflagen waren aber zu aufwendig“, bedauert sie. Alternativ wird die Pfarrerin nun um 15.30 Uhr vor der Seniorenwohnanlage Haus am Weinberg einen 30-minütigen Gottesdienst abhalten, der dann um 17.30 Uhr und 18.30 Uhr in der Andreaskirche wiederholt wird. Am ersten Weihnachtsfeiertag ist ein Gottesdienst mit Ausschnitten aus dem Weihnachtsoratorium und am zweiten Feiertag der traditionelle interreligiöse Gottesdienst mit den geflüchteten Menschen geplant. Eine Anmeldung ist erforderlich. Wenn die Kirche zu voll wird, wird der Gottesdienst in den Luthersaal übertragen.

Die evangelische Kirchengemeinde Hedelfingen/Rohracker/Frauenkopf feiert am 24. Dezember mehrere Gottesdienste zur gleichen Zeit: Um 16 Uhr finden in der Alten Kirche, in der Kreuzkirche, in der Hedelfinger Kelter, in der Bernhardskirche, am Pavillon und in der Rohracker Kelter sowie in der Frauenkopfkirche jeweils etwa 30-minütige Gottesdienste statt. „Gehalten werden sie von Pfarrerinnen und Mitgliedern der Kirchengemeinde. Wer an welchem Ort predigt, ist eine Überraschung“, sagt Diakonin Ulrike Lung-von Schütz. Zusätzlich wird es um 17.30 Uhr drei Gottesdienste in den drei Ortskirchen sowie am 25. Dezember einen Feiertagsgottesdienst in der Bernhardskirche geben. Auch die Wangener Kirchengemeindemitglieder können sich aussuchen, welchen Gottesdienst sie an Heiligabend besuchen wollen: Gehalten werden diese jeweils von 16 bis 16.45 Uhr an drei verschiedenen Orten: in der der Wangener Kelter, im Gemeindehaus und in der Michaelskirche. Doch vorher sollten sie sich unbedingt anmelden.

Bislang nur wenige Anmeldungen

In den katholischen Kirchengemeinden der Oberen Neckarvororte hat die Anmeldung für die Gottesdienste an den Weihnachtsfeiertagen am vergangenen Montag begonnen. 10 000 Katholiken zählt die Gesamtkirchengemeinde St. Urban, zu der St. Christophorus in Wangen, St. Franziskus in Obertürkheim, St. Markus in Hedelfingen und St. Johannes Evangelist in Untertürkheim gehören. Noch sind die Gemeindemitglieder zurückhaltend. „Wir haben bisher etwa 60 Anmeldungen für die fünf Untertürkheimer Gottesdienste. Aber wir gehen davon aus, dass sich in den kommenden Tagen die Familien überlegen, für welchen Gottesdienst sie sich entscheiden wollen“, sagt Regine Arnold vom Pfarrbüro St. Johannes. Für die Organisatoren ist die Sitzplatzeinteilung eine logistische Mammutaufgabe. Gläubige aus einem Haushalt dürfen zusammensitzen, ansonsten müssen Abstände eingehalten werden. Die Besucher werden platziert. „Wir müssen schauen, wie wir die Sitzplätze optimal ausnutzen können. Maximal 65 Personen können wir pro Gottesdienst zulassen.“ Am beliebtesten sind jene an Heiligabend um 15 und 16.30 Uhr sowie die Christmette. An den folgenden Feiertagen finden jeweils um 10.45 Uhr Gottesdienste statt.

Die evangelische Stadtkirche Bad Cannstatt lädt an Heiligabend zu vier Kurzgottesdiensten auf dem Marktplatz ein: Um 15.30, 16.15 Uhr, 17.30 und 18.15 Uhr, die Christmette findet um 22 Uhr im Gotteshaus statt, teilt Dekan Eckart Schultz-Berg mit. „Ebenso bieten wir um 17 Uhr eine Ökumenische Andacht zu Hause mit Liederheft oder Video im Internet an. Um 17 Uhr werden die Glocken in allen Kirchen Cannstatts läuten, dann spielen Bläser von verschiedenen Kirchtürmen, anschließend kann man zu Hause mit den Angehörigen eine Feier machen.“ Und als Zusatzangebot finden Christfestgottesdienste an den Folgetagen jeweils um 11 Uhr statt. Zu allen Gottesdiensten wird um Anmeldung gebeten, „das erleichtert uns die vorgeschriebene Registrierung zur Kontaktnachverfolgung und zeigt uns, wann die Gottesdienste zu voll werden. Aber man kann auch kurzfristig kommen, wenn noch Platz ist“. Der könnte jedoch schnell knapp werden: Zwischen 70 und maximal 120 Besucher könnte man in die Stadtkirche einlassen. „Wir werden Ordner am Eingang haben“, kündigt Schultz-Berg an. Auf dem Marktplatz hätten immerhin bis zu 500 Personen Platz. „Es gibt ein sehr gutes Hygienekonzept, das die Infektionsgefahr sehr gering hält.“

Registrierung erleichtert den Ablauf

Auf schönes Weihnachtswetter hofft auch Britta Feuersinger, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Stuttgart-Mühlhausen. „Wir haben uns dafür entschieden, Heiligabend im Freien, im Innenhof des Gemeindehauses, zu feiern. Um 15 Uhr und um 16 Uhr wird es einen Gottesdienst für Familien geben. Um 17 Uhr feiern wir eine Christvesper. Falls Bedarf ist, werden wir auch um 18 Uhr noch einmal einen Gottesdienst anbieten.“ Gefeiert werde im Stehen, weshalb die Gottesdienste nur 30 Minuten dauern. Eine Anmeldung online sei erwünscht, um die Kontaktdaten bereits vorab aufzunehmen – „was den Ablauf an Heiligabend erleichtert.“ Am 1. Weihnachtsfeiertag lade man dann zum Gottesdienst nach Münster ein (16.30 Uhr), am 26. Dezember finde um 10.30 Uhr ein Gottesdienst in der Veitskapelle statt.