Smer-Kandidat Robert Fico nach einer Fernsehdebatte im Wahlkampf. Foto: AFP/Vladimir Simicek

Europa darf die Bedeutung des Kopf-an-Kopf-Rennens in der kleinen Slowakei nicht unterschätzen, kommentiert Jana Gäng. Es könnte mit einem Russlandfreund an der Macht in Europas Mitte enden.

So klein dieses Land auch ist, so groß und bedrohlich könnten die Konsequenzen für Europa sein, wenn die Slowakinnen und Slowaken am Samstag ihr neues Parlament wählen.

Die Bedrohung kommt als politische Wiederauferstehung und sie kommt in Form eines Mannes: Robert Fico. Der einst geschasste Ex-Premier weiß in Zeiten einer sich zerfleischenden und lahmgelegten Regierung den Wunsch vieler Slowakinnen und Slowaken nach starker Führung zu bedienen. Und er weiß es offenbar so gut, dass viele hinwegsehen über die ihm nachgesagten Verbindungen zur Mafia und die dunklen Kapitel seiner Regierungszeit wie den Mord am Journalisten Ján Kuciak – der 2018 die Slowaken noch so aufbrachte, dass die Demonstrationen Fico zum Rücktritt zwangen.

Ficos Sieg könnte für die EU einen weiteren Blockierer bedeuten

Politisch einst tot, liegt Ficos Partei Smer nun in den Umfragen wieder knapp vor der linksliberalen und europafreundlichen Progresívne Slovensko (PS) unter dem EU-Abgeordneten Michal Šimečka.

Das Kopf-an-Kopf-Rennen bildet das zerrissene Land nur allzu gut ab. Zwar kommt auch Ficos Smer auf dem Papier aus dem linken Spektrum, nennt sich sozialdemokratisch – die letzten sechs Regierungsjahre des Populisten Ficos standen aber weniger für Inhalte als für ein System der Korruption, dessen Oktopus-Arme bis tief hinein in Polizei, Geheimdienst und Gerichte das Land im Würgegriff hielten.

Michal Šimečka ist EU-Abgeordneter und Kandidat von Progresívne Slovensko – und in vielerlei Hinsicht Ficos Gegenkandidat. Foto: Imago//Dwi Anoraganingrum

Seit Ficos erzwungenem Rücktritt wickelt die Justiz die Arme des Kraken nach und nach auf. 40 Personen aus Polizei, Wirtschaft, Justiz, Geheimdienst, Politik und öffentlichem Dienst sind bereits verurteilt, 130 warten auf ihren Prozess oder haben Ermittlungen gegen sich laufen. Bei einem Sieg Smers dürften sie aufatmen – während die Luft für den Rechtsstaat wieder dünner würde. Denn allzu groß dürfte Ficos Interesse nicht daran sein, gegen die eigenen Leute vorzugehen.

Doch im Falle der Rückkehr Ficos an die Macht sollte Europa nicht nur in Bezug auf Oligarchentum und Korruption eine Handschrift erwarten, die man in der Union bisher vom Ungarn Viktor Orbán kennt. Brüssel darf sich auch auf einen weiteren Blockierer einstellen – ausgerechnet in Fragen, die zähe Verhandlungen kaum vertragen.

Ein Drittel der Slowaken wünscht Putin den Sieg

So dürfte auch die Ukraine am Samstag genau hinschauen, was die Nachbarn tun. Sicherlich, zu Kriegsbeginn waren es noch die Slowakinnen und Slowaken, die gemeinsam mit Polen oder Tschechien auf Waffenlieferungen drängten. Die sich solidarisierten mit den Angegriffenen. Doch die Stimmung ist gekippt. Schon im Februar dieses Jahres wünschte sich ein Drittel der Slowaken einen Sieg Putins, so eine Umfrage der slowakischen Akademie.

Ob Robert Fico unter ihnen ist, ist freilich nicht bekannt. Aber der als Putin-Freund geltende Populist zündelte im Wahlkampf nur allzu gerne mit der brodelnden Wut auf den Ukraine-Kurs von USA und Europäischer Union. Trotz Ficos Beschimpfungen und russlandfreundlicher Demos: die aktuelle Regierung blieb in Ukraine-Fragen zumeist brav auf Linie der Europäischen Union.

In der kremlnahen russischen Zeitung Istwestija aber jubeln sie am Dienstag schon ob der Aussicht einer Moskau-freundlichen Regierung in der Slowakei, die laut Zeitung eine baldige Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ebenso zunichte mache wie das Streben nach mehr Rechten für LGBT.