Polizisten sollen einen Elfjährigen gefesselt auf die Wache gebracht haben. Der habe älter gewirkt und zuvor die Beamten bespuckt, nach ihnen getreten, seinen Namen und sein Alter verschwiegen, sagen Augenzeugen. Foto: picture alliance / Patrick Seeger/dpa/Patrick Seeger

Im südbadischen Singen sollen Polizisten ohne Grund einen Sinto kontrolliert, gefesselt und aufs Revier mitgenommen haben – sagt der Verband der Sinti und Roma. Augenzeugen stellen den Vorfall am vergangenen Samstag anders dar.

Singen - Polizeibeamte haben am vergangenen Samstag im südbadischen Singen einen elfjährigen Jungen in Handschellen auf das Polizeirevier der Stadt gebracht. Das geht aus einer Pressemitteilung des Verbandes der Sinti- und Roma hervor. Nach der sei der Junge während des Spiels mit anderen Kindern von mehreren Beamten kontrolliert, in gebrochenem Deutsch angesprochen, bedroht und dann gefesselt auf das Revier gebracht worden. Nach 30 bis 60 Minuten sei er dort freigelassen worden. Der Junge sei zudem daran gehindert worden, seine Mutter anzurufen.

Das zuständige Polizeipräsidium Konstanz erfuhr von dem Vorfall aus den Medien. Ein Sprecher bestätigte, dass ein Anwalt Strafanzeige gegen zwei Polizisten bei der Staatsanwaltschaft Konstanz gestellt habe. Diese habe die Kriminalpolizei in Rottweil mit Ermittlungen in dem Fall beauftragt; die eingesetzten Beamte würden vernommen. Bei dem Juristen handelt es sich um Mehmet Daimagüler, der im Verfahren gegen den rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) Opfer im Münchener Gerichtsverfahren vertrat.

Nach Recherchen unserer Zeitung beschimpften und bespuckten am Samstagnachmittag mehrere Kinder und Jugendliche lautstark Anwohner der beiden mehrstöckigen Häuser „Romulus“ und „Remus“ in der Singener Südstadt. Die Gegend gilt als sozialer Brennpunkt. Die von Anwohnern alarmierten Polizisten seien, so Augenzeugen, ebenfalls von der Jugendgruppe beleidigt worden. Dabei habe sich besonders der Junge hervorgetan, der später in Handschellen abgeführt wurde.

Gespuckt, getreten und geschlagen?

Auf die Gesprächspartner unserer Zeitung wirkte der Junge wie ein 14- bis 16-Jähriger. Er habe ebenfalls mehrfach in Richtung der Beamten gespuckt, sie beschimpft und sich auch auf mehrfache Nachfrage geweigert, seinen Namen und sein Alter zu nennen. Bei einer Durchsuchung hätte er nach den Beamten getreten und geschlagen. Bei dem Jungen hätten die Polizisten ein Messer gefunden. Die Hände des Jungen seien dann mit Handschellen auf seinem Rücken gefesselt worden, bevor er zum Streifenwagen geführt und in diesen gesetzt worden sei.

Kinder bis zum 14. Lebensjahr gelten in Deutschland als strafunmündig. Bei Befragungen durch die Polizei haben sie das Recht, dass Eltern oder ein Vormund anwesend sind.