Strom ist in mehr Bereichen unverzichtbar, als man denkt. Foto: dpa/Nicolas Armer

Wenn der Strom ausfällt, funktioniert nicht mehr viel. Kommunen und auch der Landkreis treffen Vorsorgemaßnahmen für wichtige Teile der Infrastruktur.

Jahrzehntelang haben sich die meisten Menschen hierzulande in einer Komfortzone bewegt und sich über die Verfügbarkeit von Strom und Wärme keine großen Gedanken gemacht. Doch die Zeiten sind vorbei. Die Flutkatastrophe im Ahrtal und der Krieg in der Ukraine haben allen vor Augen geführt, dass mehr geschehen muss als seither. Und schließlich kann die Infrastruktur auch durch Hacker gefährdet werden, die die Computer lahmlegen.

Städte und Gemeinden haben die Zeichen der Zeit erkannt und rüsten sich jetzt für den Notfall. Auch wenn das eine Stange Geld kostet, wie das Beispiel von Benningen zeigt. Dort hat man systemrelevante Liegenschaften ausgewählt, die mit Notstromversorgungen versehen werden sollen. Denn: „Insbesondere das Szenario von Stromausfällen über mehrere Tage infolge von Angriffen auf die Infrastruktur in Deutschland macht eine autarke und örtliche Notstromversorgung notwendig, die die systemrelevanten Liegenschaften der Gemeinde in Betrieb hält“, so die Begründung der Verwaltung, die betont, dass die Feuerwehr bereits über Notstromaggregate verfüge.

Wichtige Gebäude mit Notstrom versorgt

Als dringend benötigte Gebäude wurden nun das Rathaus – als Krisenzentrum und Tagungsort des Krisenstabs -, der Wasserhochbehälter und die Druckerhöhungsanlage des Pumpwerks sowie das Regenüberlaufbecken und der Notwasserbrunnen zur Sicherstellung der Wasser- und Abwasserversorgung ausgewählt, außerdem die Gemeindehalle mit Gaststätte zur Notunterbringung für die Bürgerschaft und der Bauhof für die technische Unterstützung. Die Kosten dafür laut Angebot: knapp 237000 Euro. Immerhin: Trotz langer Lieferzeiten und Rohstoffknappheit wurde der Gemeinde von der anbietenden Firma für die wichtigsten Geräte eine Lieferzeit bis Mitte des kommenden Jahres zugesagt.

Affalterbachs Bürgermeister Steffen Döttinger möchte ebenfalls die Wasser- und Abwasserversorgung sicherstellen, plädiert aber angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit eines kompletten Stromausfalls für Augenmaß. Zudem verweist er auf lange Lieferzeiten und horrend hohe Preise, wenn jetzt alle Kommunen auf einmal bestellen.

Von „Leuchttürmen“ aus funktioniert die Kommunikation

Kritisch kann es bei einem Stromausfall auch deshalb werden, weil die modernen Kommunikationsmittel nicht mehr funktionieren. Deshalb gibt es im Landkreis Ludwigsburg zum Absetzen eines Notrufs oder zum Anbieten von Hilfe sogenannte Leuchttürme – meist die Feuerwehrhäuser, die dann rund um die Uhr besetzt und mit Notstrom versorgt sind. Ein entsprechendes Zeichen weist darauf hin. Und weil auch Tankstellen ohne Strom außer Betrieb sind, hat der Landkreis zudem mobile Kraftstoffbehälter besorgt, damit Dienstfahrzeuge des Rettungsdienstes und der Feuerwehr betankt werden können. Die notwendigen Maßnahmen werden in enger Abstimmung mit den Städten und Gemeinden getroffen.

Landkreis plant Katastrophenschutz unter einem Dach

Und wenn alles wie geplant und erhofft klappt, kann im Jahr 2025 ein Katastrophenschutzzentrum des Landkreises in Betrieb gehen. Dort sollen die verschiedenen Akteure in einer Krisensituation – wie Krisenstab und integrierte Leitstelle – statt wie bisher an unterschiedlichen Orten dann unter einem Dach angesiedelt sein, was die Koordination erleichtert. Aktuell ist der Landkreis in Abstimmung mit Eigentümern von Grundstücken, die für einen solchen Neubau geeignet wären, und hat ein Gutachten für den Bedarf der integrierten Leitstelle in Auftrag gegeben.

Man rechnet mit Kosten von gut 15 Millionen Euro für das Gebäude, das dank Notstromaggregaten und Fotovoltaikanlage autark sein soll. Auch die vom Bevölkerungsschutz benötigten Hilfsmittel würden dann dort gelagert und könnten schnell abgerufen werden. Und: Sollten Menschen evakuiert werden müssen – etwa wenn ein Pflegeheim wegen eines Stromausfalls vorübergehend unbewohnbar geworden ist – könnten im Katastrophenschutzzentrum auch bis zu 500 Menschen untergebracht und versorgt werden.

Risiko ist gering – außer in einem sehr kalten Winter

Doch wie groß ist das Risiko eines totalen Stromausfalls, also eines Blackouts? Gering, sagen die Experten, beispielsweise von Netze BW, dem größten Verteilnetzbetreiber des Landes. Allerdings, so ist zu hören, habe man bereits Pläne in der Schublade, um einen totalen Zusammenbruch des Stromnetzes zu vermeiden. Dann würde es nämlich sogenannte Brownouts geben – gezielte, vorübergehende Abschaltungen. Solch eine Abschaltung würde laut Christoph Müller, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung von Netze BW, 90 Minuten dauern und nacheinander verschiedene Regionen betreffen. Auch Brownouts werden aber für nicht sehr wahrscheinlich gehalten. Allerdings könnte extreme Kälte den Prognosen einen Strich durch die Rechnung machen, weil sich dann die deutschen Gasspeicher schneller leeren. Denn Gas wird nicht nur zum Heizen und in der Industrie genutzt, sondern auch zur Stromerzeugung. Hinzu kommt: In Frankreich, wo derzeit einige Atomkraftwerke außer Betrieb sind, wird viel mit Strom geheizt. Und Deutschland hat mit dem Nachbarland – wie mit anderen europäischen Ländern – Vereinbarungen getroffen, im Notfall Strom zu liefern.