Terrakotta-Soldaten stehen im Museum im chinesischen Shaanxi. 1979 wurde das Museum der Terrakotta-Armee für die Öffentlichkeit eröffnet. Foto: Lu Yuxuan/Sipa Asia/Zum Wire/dpa

Im März 1974 machten chinesische Bauern per Zufall eine der bedeutendsten archäologischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts: Bei Brunnengrabungen stießen sie auf das Mausoleum des ersten chinesischen Kaisers Qín Shihuángdì. Noch heute entlocken Archäologen der Armee aus Terrakotta-Kriegern immer neue Geheimnisse.

Die Bauern hofften bei ihren Grabungen an Wasser zu gelangen, stattdessen stießen sie auf etwas gänzlich Unerwartetes: Die harte, rote Erde enthielt Spitzen alter Bronzepfeile und bröckelige Überreste lebensgroßer Köpfe aus Ton.

Zufallsfund entpuppt sich als archäologisches Jahrhundertereignis

Der Zufallsfund sollte sich als eine der bedeutendsten archäologischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts herausstellen: die Terrakotta-Armee, ein Kriegerheer aus Ton, errichtet für das Mausoleum von Qin Shi Huang (259-2010 v. Chr.), den ersten Kaiser Chinas.

Fast 50 Jahre ist es her, dass am 29. März 1974 nordöstlich der zentralchinesischen Stadt Xi’an am Fuße des Lishan-Gebirges die ersten Hinweise auf die Terrakotta-Krieger gefunden wurden. Xi’an ist eine Stadt mit mehr als 3100-jähriger Geschichte und war die Hauptstadt von 13 chineschen Kaiser-Dynastien.

Die Terrakotta-Krieger aus Xi’an

Rund 8000 Kriegerfiguren wurden hier gefunden, die als Leibwache den Kaiser auch nach seinem Tod beschützen sollten. Heute ist das Terrakotta-Museum eine der bekanntesten Touristenattraktionen der Volksrepublik China.

Auch Staatsgäste und Prominente, die ins Reich der Mitte reisen, lassen sich einen Stopp im Terrakotta-Museum von Xi’an oft nicht entgehen. Unter anderem waren die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Michelle Obama, Ehefrau des früheren US-Präsidenten Barack Obama, schon hier.

Das Mausoleum Qín Shǐhuángdìs ist eine frühchinesische Grabanlage, errichtet für den ersten Kaiser Qín Shǐhuángdì. Foto: Imago/Itar-Tass
Mit dem Bau wurde im Jahr 246 v. Chr. begonnen, der Kaiser wurde im Jahre 210 v. Chr. darin beigesetzt. Foto: Imago/Zoonar
Es ist einer der weltweit größten Grabbauten und bekannt für seine großen Soldatenfiguren, die Terrakotta-Armee. Foto: Imago/Itar-Tas
Das Mausoleum befindet sich in Zentralchina, etwa 36 Kilometer nordöstlich von Xi’an, der Hauptstadt des ehemaligen Königreiches Qin. Es liegt zugleich nahe der Hauptstadt Chinas zur Qin-Zeit, Xianyang und gleichsam am Fuß des Berges Lishan. Foto: Imago/Xinhua
Der Bau der Anlage begann unmittelbar nach der Krönung von Qín Shǐhuángdì zum König. Wissenschaftler und Archäologen mutmaßen, dass mehr als 700 000 Arbeiter aus allen Teilen Chinas an der Errichtung beteiligt waren. Foto: Imago/Zoonar
Als Qín Shǐhuángdì nach vielen langen Feldzügen Kaiser Chinas geworden war (221 v. Chr.), setzte er die ausgemusterten Soldaten zum Bau seines Grabmals, aber auch bei anderen Projekten ein. Hinzu kamen Sklaven und Kriegsgefangene. Foto: Penghua/Sip Asia/Zuma Wire/dpa
Die Schächte für die Terrakotta-Krieger wurden auf stabile Weise errichtet. Die äußeren Wände und die Stege zwischen den parallelen Korridoren bestehen aus gestampfter Erde. Die inneren Seitenwände bildeten aufrecht gestellte Holzbalken, die zugleich die Deckenbalken trugen. Foto: Imago/Imagebroker
Die Decken erhielten beim Bau der Gruben drei Meter dicke Lagen aus Mörtel und Erde. Der Boden aus gestampfter Erde ist teilweise noch hart wie Zement und wurde mit Ziegelsteinen ausgelegt. Foto: Imago/Itar-Tass
Berechnungen ergaben, dass fast 130 000 Kubikmeter Erde bewegt wurden, um die Gruben auszuheben. Dazu kamen etwa 8000 Kubikmeter Bauholz für die innere Holzkonstruktionen. Foto: Imago/Xinhua
Die Entdeckung der Terrakotta-Armee 1974 geschah jedoch rein zufällig, als Bauern aus dem Dorf Xiyang versuchten, einen Brunnen zu graben. Foto: Imago/Xinhua

Weltkulturerbe der Unesco

Seit 1987 gehört die letzte Ruhestätte des Kaisers Qin offiziell zum Weltkulturerbe der Unesco. Die Terrakotta-Krieger und -Pferde besäßen „außergewöhnliche technische und künstlerische Qualitäten“, begründeten die Experten ihre damalige Entscheidung. Die Armee sei ein „einzigartiges Zeugnis“ der militärischen Organisation in China zur Zeit der Streitenden Reiche (475-221 v. Chr.) und des kurzlebigen Kaiserreichs der Tausend Generationen (221-210 v. Chr.).

Krankenhaus für beschädigte Relikte

Auch ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entdeckung faszinieren die Terrakotta-Krieger Archäologen. Längst sind nicht alle Rätsel gelöst. Und mit dem Fortschritt der Technik eröffnen sich auch neue Möglichkeiten der Restaurierung und Konservierung.

So gibt es im Museum ein „Krankenhaus“ für die Relikte. Dort, so berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua im vergangenen Oktober, würden die ausgegrabenen Krieger mit Röntgen- und Ultraschallbildern sowie weiteren Verfahren untersucht.

Drei Fundgruben

Die Ausgrabungsstätte gliedert sich in drei Hauptbereiche. Grube 1 wurde zuerst gegraben und ist bis heute die bekannteste. Hier befand sich die Hauptinfanterieeinheit der Armee. Grube 3, die Ende der 1980er-Jahre fertig gegraben wurde, enthält die Figuren mehrerer hochrangiger Offiziere in einem kleinen Kommandoposten.

Als entscheidendes Puzzlestück für das Verständnis des Terrakotta-Krieger-Komplexes gilt jedoch Grube 2, auf die sich die Forschung nun konzentriert. Erste Ausgrabungen fanden hier 1994 und nach einer Pause wieder ab 2015 statt.

Spezialeinheiten der Armee als letzte Ausgrabung

Wie Grabungsleiter Zhu Sihong im vergangenen Jahr dem chinesischen Online-Portal „Sixth Tone“ berichtete, deuten die Untersuchungen darauf hin, dass hier vor allem die „Spezialeinheiten“ der Armee beheimatet waren: eine gemischte Einheit aus berittenen Truppen, Bogenschützen und Streitwagen. Von den neuen Funden erhofft sich Zhu noch nie dagewesene Einblicke in die Funktionsweise einstiger Armeen.

Und nicht nur die Terrakotta-Krieger selbst, auch der riesige Mausoleumskomplex in Xi’an dürfte noch Generationen von Archäologen beschäftigen.