Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Seit Wochen leben die Bewohner des Lindenschulviertels mit Erschütterungen aus dem Untergrund. Die erste von zwei Stuttgart-21-Tunnelröhren wird unter ihren Häusern gegraben. Tagsüber mit Sprengungen, nachts mit Meißelarbeiten. Die Anwohner sind genervt. Zu zusätzlichen Sorgen führten neue Bohrungen. Sie dienen nach Aussage der Bahn spezifischeren Informationen über wasserführende Schichten.

Von wegen Sommerferien: Auch während der Urlaubszeit werden die Stuttgart-21-Tunnelröhren zügig vorangetrieben. Auch unterhalb des Lindenschulviertels. Unter dem Wohnviertel hindurch werden zwei Röhren gegraben und gesprengt. Sie binden den künftigen Hauptbahnhof an die Gleise der bestehenden Bahnstrecke im Neckartal an. Die Mineure sind mit dem Fortgang zufrieden. „Der Vortrieb der westlichen Tunnelröhre wird sich kommende Woche bereits unter der Albert-Dulk-Straße befinden“, sagt ein Sprecher des Bahnprojekts. Der Vortrieb konnte aus tunnelbautechnischer Sicht unter sehr guten Verhältnissen durchgeführt werden. „Aufgrund der guten Gesteinsverhältnisse konnten keine oberirdischen Verformungen gemessen werden. Eine Gefahr für die Häuser bestand zu keiner Zeit“, so der Bahnsprecher. Während der Bauzeit konnten die Bewohner, die in einem Radius von 100 Metern um die Tunnelbrust wohnen, in Hotels übernachten. Insgesamt wurden 400 Haushalte kontaktiert. 66 Haushalte haben in unterschiedlichen Zeiträumen die Möglichkeit genutzt, in Hotels zu übernachten.

Für neue Aufregung sorgte nun, dass abermals Bohrungen durchgeführt werden. Auf dem hinteren Schulhof des Wirtemberg-Gymnasiums steht ein „Bohrturm“. Was die langjährigen Bewohner des Viertels schon immer anmahnten, schien sich zu bewahrheiten: „Der Untergrund ist eben doch weniger standhaft, als die Bahn erwartete, weil es sich um das aufgeschüttete Neckarbett handelt“, so eine Bewohnerin. Die Ausschreibung für zusätzliche Erkundungsbohrungen schien dies zu bestätigen. „Trotz umfangreicher geologischer Erkundungsmaßnahmen im Vorfeld stellt sich im Bereich der Oströhre heraus, dass die Dichte der Aufschlussbohrungen nicht ausreichend war, um die Lage der Auslaugungsfront oder des Gipsspiegels verlässlich zu prognostizieren. Für den weiteren Verlauf der Oströhre können vergleichbare Wasserzutritte nicht ausgeschlossen werden“, heißt es in der Ausschreibung. „Die geplanten Erkundungsbohrungen dienen wie bereits die zusätzlichen Bohrungen am Großmarkt dazu, spezifischere Information und Erkenntnisse über die wasserführenden Schichten zu erhalten. Da die Überdeckung in Richtung Obertürkheim stetig geringer wird, werden auch hier grundwasserführende Schichten durchfahren“, präzisiert und beruhigt ein Bahnsprecher. Bei den derzeitigen Bohrungen im Bereich der Albert-Dulk-Straße handele es sich um das Einbringen von oberirdischen Messeeinrichtungen, die bereits im Auftrag des Bauunternehmens vorgesehen waren.

Die Oströhre, die parallel zur fast fertig gestellten Röhre verläuft, verharrt zurzeit noch auf der Wangener Neckarseite. „In Kürze werden wir die Gespräche für die Unterfahrungsrechte der von dieser Achse betroffenen Grundstücke beginnen“, sagt der Bahnsprecher. Vielleicht bekommt die Bahn bis dahin auch die Genehmigung, in der Nacht zu sprengen.