Der Schock bei Kindern, Eltern und Erzieher des Käthe-Kollwitz-Kindergartens sitzt tief. Foto: Werner Kuhnle

Ein Fünfjähriger wird in Freiberg in einer Kita durch eine herabfallende Tür schwer verletzt. Die Kommunikation und das Agieren der Stadtverwaltung sind unglücklich.

Ein schrecklicher Unfall überschattet diese Woche und beschäftigt nicht nur die Menschen in Freiberg. In einer Kindertageseinrichtung in Heutingsheim ist am Freitag vor einer Woche eine Tür aus den Angeln gebrochen und auf einen Jungen gefallen. Der Fünfjährige kam schwer verletzt ins Krankenhaus. Die vorläufige Diagnose – Schädelbruch, innere Blutungen und schwere Verletzungen im Bereich des Nackens – lassen jede Mutter und jeden Vater erschaudern. Ob bei dem Fünfjährigen körperliche Schäden zurückbleiben, wird sich zeigen. Psychisch werden der Bub und seine Familie den Unfall aber sicher noch lange zu verarbeiten haben. So entstehen Traumata.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Unfälle von Kindern und Jugendlichen passieren. Die meisten ereignen sich zu Hause oder im privaten Umfeld: zu 43,8 Prozent laut Statistik der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder. In der Schule oder anderen Betreuungseinrichtungen sind es 24,2 Prozent. Doch in der Regel bleibt es beim aufgeschürften Knie oder verstauchten Knöchel. Ein ähnliches Unglück hat es im Landkreis Ludwigsburg und darüber hinaus in den vergangenen Jahren wohl noch nicht gegeben. Den aktuell Betroffenen hilft das aber nicht.

Warum die Terrassentür aus den Angeln gefallen ist, kann im Moment niemand sagen. Auch was an dem Vorhalt dran ist, es habe schon öfter Probleme mit den Türen in der Einrichtung gegeben, lässt sich derzeit nicht verifizieren. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung aufgenommen, und dem Ergebnis sollte nicht mit Mutmaßungen vorgegriffen werden. Davon hat keiner etwas: die betroffene Familie nicht, das pädagogische Team des Kindergartens nicht und die Verwaltung nicht.

Gleichwohl stellen sich Fragen, denen nachgegangen werden muss. Etwa, warum die Stadt die Tür reparieren ließ, noch bevor die Polizei ihre Arbeit aufgenommen hat und Spuren sichern konnte. Eine zeitliche Abfolge, die Raum für Spekulationen bietet. Die Stadt hat lange auf die laufenden Ermittlungen verwiesen und hüllte sich in Schweigen. Mit Blick auf den Unfallhergang ist dies verständlich. Erst spät, am Elternabend am Mittwoch, informierte die Stadt, dass der Hausmeister die Tür reparierte, weil er den Kindergarten über das Wochenende nicht offen stehen lassen sollte. Immerhin sind die Schäden vorher noch fotografiert und dokumentiert worden.

Nerven liegen blank

Das tagelange Schweigen der Stadtverwaltung in diesem Punkt hat ebenso irritiert wie die erste Kommunikation mit den Eltern der Kinder, die die Einrichtung besuchen. Der Junge sei durch eine von ihm selbst aufgestoßene und aus den Angeln gebrochene Tür schwer verletzt worden, so der O-Ton der Verwaltung in einem Schreiben an alle Kindergarteneltern. Verständlich, dass diese Formulierung die Gemüter erhitzte. Worte haben Bedeutung und müssen in einer sensiblen Lage mit Bedacht gewählt werden.

Der Schock sitzt tief – bei allen. Die Nerven liegen blank, die Emotionen kochen hoch, die Sorgen sind groß. Sie den Eltern ganz zu nehmen wird kaum gelingen. Und doch sind vom Freiberger Rathausteam jetzt vor allem größtmögliche Transparenz, Empathie und Fingerspitzengefühl gefragt. Den schrecklichen Unfall ungeschehen machen kann keiner. Aber ihn aufklären und gegebenenfalls Verantwortung übernehmen oder Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen – das muss das Gebot der Stunde sein.

Der Informationsabend hat sicherlich zur Bewältigung der schwierigen Situation beigetragen. Den Beteiligten ist zu wünschen, dass sie sich unterstützen und der Junge mit seiner Familie, die Kita und ihr Umfeld wieder behutsam ins Leben zurückfinden.