Warten auf den Spatenstich: Das Baustellenschild an der geplanten Radbrücke über die Panzerstraße. Foto: /tefanie Schlecht

Der Bau der umstrittenen Radbrücke über die Panzerstraße in Böblingen beginnt voraussichtlich am Donnerstag nächster Woche. Für viele Radfahrer steht sie an der falschen Stelle.

Mit Schwung sausen seit Mai 2019 Radler auf dem breit asphaltierten Schnellweg von Stuttgart-Rohr nach Böblingen-Ost. „Manchmal will man einfach mit Tempo geradeaus durch den Wald brettern. Das geht hier besser als sonst“, schreibt ein Radfahrer auf den Seiten des Routen-Planers Komoot. Nur musste er bisher an der Panzerstraße ordentlich bremsen, denn hier endete der Radweg abrupt. Die Planer hatten zwar eine Verkehrsinsel gebaut, um den Radfahrern das Queren zu erleichtern, aber „das war ziemlicher Murks“, sagt Peter Grotz, der Vorsitzende des ADFC Kreis Böblingen. „Wenn morgens viel Verkehr ist, dann kommen Sie da einfach nicht drüber.“

Zwar wäre eine Ampel denkbar gewesen, aber das widerspräche dem Gedanken eines Radschnellwegs, der möglichst kreuzungsfrei Reisegeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern erlauben soll bei einer Breite von vier Metern.

Das Bauwerk kostet 5,8 Millionen Euro

Also entschied man sich nach langer Diskussion für eine Brücke aus Stahl. Nachdem das Geld von Bund und Land jüngst auf das Konto des Landkreises Böblingen überwiesen worden ist, kann der Spatenstich kommen, geplant ist der 26. Oktober. Zäune und Materialcontainer stehen schon, im September 2024 soll alles fertig sein.

5,8 Millionen Euro kostet das Bauwerk, das in elegantem Bogen die Kreisstraße 1057 überspannt; die Straße trägt auf Böblinger Markung den Namen „Panzerstraße“ nach der nebenanliegenden Panzerkaserne, dem Domizil der amerikanischen Streitkräfte. Mehr als drei Viertel des Betrages zahlen das Land und der Bund. Rund 3,8 Millionen Euro kamen aus dem Finanztopf des Landes-Straßenbaus, der Bund steuerte 770 000 Euro aus seinem Radschnellwege-Sonderprogramm bei. Dank dieser neuen Brücke sollen die Berufspendler und Radreisenden schnell und sicher über die Straße kommen. Der übergeordnete Wegeplan schreibt die Route über die Thermalbad-Kreuzung in Richtung der Böblinger Innenstadt zum Elbenplatz vor. Dann wird die Route nach Herrenberg weitergeführt werden.

1200 Radlerinnen und Radler zu Spitzenzeiten

Zu Spitzenzeiten fahren dort etwa 1200 Radler täglich, aber nicht alle nehmen den Asphaltweg. Wer sich auskennt, biegt in Richtung Stuttgart kurz nach der Thermalbad-Kreuzung direkt in den Wald ab und nutzt den sogenannten „Sandweg“. Auf der geschotterten Strecke geht es am Spatzensee vorbei zum AWO-Waldheim – und umgekehrt. Das spart im Vergleich zur jetzigen Trasse ein paar hundert Meter Strecke und um die 20 Höhenmeter.

Hier wird der Radschnellweg künftig verlaufen. Foto: Grafik/Björn Locke

„Noch weniger Höhenmeter wären es gewesen, wenn die Trasse der alten B 14 gefolgt wäre“, beschreibt der ADFC-Vorsitzende Peter Grotz die Diskussionen um die Trasse damals, der zu 100 Prozent hinter der jetzigen Streckenführung steht. Der Sandweg sei seinerzeit tatsächlich kurzzeitig als Radschnellweg im Gespräch gewesen, doch aus forstlicher Sicht sei er problematisch gewesen, weil damit zu viel Boden versiegelt worden wäre. Es gab auch eine Bürgerinitiative gegen den Schnellradweg. Bürger aus Vaihingen wollten keine Radautobahn mitten im Wald oder fanden die alte bucklige Pflasterstraße schützenswert im Sinne des Denkmalschutzes. Als Kompromiss wurden ein paar Meter Kopfsteinpflaster kurz vor Stuttgart-Rohr erhalten.

Vorübergehend auf Eis

In der Planungsphase der Brücke gab es noch andere Störgeräusche. Zum einen reagierte die Stadt Böblingen verschnupft, weil sie erst spät beteiligt wurde. Zudem fand sich zunächst kein Ort in Böblingen, wo man die rund 30 Ar Wald wieder hätte aufforsten können, die dem Eingriff zum Opfer fallen werden. Der Kreis fand eine ungewöhnliche Lösung und schuf eine Ausgleichsmaßnahme in Aidlingen. Zum anderen wurde die Brücke teurer und teurer. Ursprünglich waren die Planer von 2,2 Millionen Euro ausgegangen. Doch Mitte 2022 lag das günstigste Angebot bei knapp acht Millionen Euro – man setzte das Projekt vorübergehend auf Eis. Schließlich fand sich eine Lösung für 5,8 Millionen Euro – für die Kreisräte letztlich annehmbar.

Der Bau erfolgt unter laufendem Verkehr

25 Kilometer lang soll der erste Schnellradweg Baden-Württembergs werden, der einmal Stuttgart mit Herrenberg verbinden wird auf einer Trasse, die möglichst kreuzungsfrei sein soll. Von zwei Stellen aus wächst der zurzeit auf Böblingen zu. Im Süden wurde im Jahr 2023 ein 1,6 Kilometer langer Teilabschnitt bei Ehningen freigegeben. Weiter ist man schon im Norden. Die vor vier Jahren gebaute Strecke von Stuttgart/ Rohr, die über die schnurgerade ehemalige Römerstraße führt, ist insgesamt etwa acht Kilometer lang.

Der Bau erfolgt unter laufendem Verkehr. Lediglich für das Einheben der einzelnen Brückensegmente werden nächtliche Sperrungen notwendig sein, eine einmalige Vollsperrung der Kreisstraße 1057 wird es auch geben, wenn das Hauptteil der Brücke eingebaut wird. Das dauert länger und wird an einem Wochenende geschehen. Während der Bauzeit wird der Rad- und Fußverkehr über eine Querungshilfe in der Nähe umgeleitet – ortskundige Radler fahren aber möglicherweise weiter über den Sandweg.