So mancher Patient schwänzt seinen Arzttermin. Foto: Imago/Westend61/Xavier Lorenzo

Zum Teil wartet man monatelang auf einen Arzttermin. Doch umgekehrt haben auch Arztpraxen Ärger mit Patienten: wenn diese nicht zum Termin erscheinen. Die Einführung einer Gebühr stößt dennoch bei vielen Experten auf Kritik.

Patienten müssen in Deutschland häufig lange auf einen Arztbesuch warten. Umgekehrt warten Ärzte zuweilen aber ebenfalls – auf Patienten, die ihren Termin nicht abgesagt haben. Laut einer Onlineumfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) klagen bundesweit sieben von zehn Arztpraxen über Probleme mit verpassten Terminen. „Wir gehen fürs Land von ähnlichen Zahlen aus“, hieß es auf Anfrage unserer Zeitung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg.

Gebühr löst keine Probleme

Es sei mehr als ärgerlich, wenn Patienten Termine einfach verstreichen lassen, kritisierte KBV-Chef Andreas Gassen. „Die Termine stehen dann für andere nicht zur Verfügung.“ Um den Schaden zu begrenzen, erneuerte er die Forderung nach einer „von den Kassen zu entrichtende Ausfallgebühr“.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wies die Forderung umgehend zurück: „Ein immer tieferer Griff in die Taschen der Beitragszahlenden löst keine Probleme“, sagte GKV-Sprecher Helge Dickau auf Anfrage unserer Zeitung. Stattdessen stellt Dickau die provokante Frage: „Wie wäre es denn mit einem finanziellen Ausgleich für Patientinnen und Patienten, die viele Stunden Lebenszeit in Warteschleifen und Wartezimmern ärztlicher Praxen verbringen?“ Um nicht nur die Terminvergabe, sondern auch die Absage von Terminen zu erleichtern, wünsche sich sein Verband, dass mehr Praxen „die Vorteile der Digitalisierung nutzen“, so Dickau weiter. Viele seien nämlich nach wie vor nur per Telefon zu erreichen.

Erinnerung ist sinnvoll

Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, kann den Ärger über Terminschwänzer zwar nachvollziehen: „Insbesondere im fachärztlichen Bereich werden Termine ja oft Monate im Voraus vergeben und können nicht einfach kurzfristig von anderen übernommen werden.“ Trotzdem lehne die AOK ab, dass „die Versichertengemeinschaft dafür eine pauschale Ausfallgebühr zahlen soll“. Um die Termintreue der Patientinnen und Patienten zu erhöhen, hätten sich „ein gutes Terminmanagement und elektronische Erinnerungsservices“ bewährt.

Nach Angaben von Björn Gatzer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gibt es für eine derartige Ausfallgebühr gar keinen gesetzlichen Rahmen. Manche Fachärzte und auch Physiotherapeuten verlangten zwar Honorare bei Nichterscheinen. Dafür müssten zuvor aber Vereinbarungen getroffen und vom Patienten unterschrieben werden, so der Jurist auf Anfrage. Dort sei der Termin in aller Regel tatsächlich für einen einzige Patienten reserviert. Sogenannte Wartezimmerpraxen könnten hingegen keinen Ausfall geltend machen: „Dort werden keine Termine geblockt.“