Meryem, Ezda, Dimi, Matej, Raul und Elisa (von links im Uhrzeigersinn) aus Stuttgart werden jetzt Schulkinder. Foto: Julian Rettig/Lichtgut; Collage: Malgorzata Kaszlikowski

Sie verlassen die Kita, weil sie im September in die Schule kommen. Was war besonders schön? Was werden sie vermissen? Und wie ist das für ihre Erzieherinnen und Erzieher, wenn sie gehen. Das haben wir Kinder und Fachkräfte aus Stuttgarter Kitas gefragt.

Bügelperlenbilder stecken, im Turnraum toben, Waldausflüge, Sommerfeste, Reimspiele im Morgenkreis „Ein kleiner Zwerg besteigt früh morgens einen Berg ...“ Die Kitazeit ist voller Spiele, Fantasien und kleiner Ereignisse. Was werden jene Kinder vermissen, die Mitte September in die Schule kommen? Und wie schwer fällt der Abschied Erzieherinnen und Erziehern, die manche Kinder schon seit Babytagen kennen? Wir haben in der städtischen Tageseinrichtung für Kinder Tapachstraße 62 (Stuttgart-Rot) und im Katholischen Kinder- und Familienzentrum Im Seelberg (Bad Cannstatt) nachgefragt.

Ezda, 6 Jahre

Ezda hat mit ihren Freundinnen einen Film gedreht. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Ich mag das Atelier. Da kann ich malen und basteln. Mit Asya und Anna habe ich einen Film gedreht. Mit dem Tablet. Wir haben aus dem Karton von Schuhen meiner Mama ein Haus gebaut. Und aus Klorollen ein Krokodil, ein Einhorn, eine Mama und Kinder. Die haben da gewohnt. Die Kinder haben in der Badewanne gebadet und sich reingeschubst. Das war lustig. Wir haben zu den Bildern erzählt, was passiert. Beim Abschiedsfest haben alle in der Kita den Film gesehen. Wir haben auch ein Lied gesungen, aber ich weiß nicht mehr, wie das heißt. Meine Freundinnen gehen in andere Schulen als ich. Ich würde gern noch im Kindergarten bleiben.“

Raul, 6 Jahre

Raul spielt gern draußen Fußball. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Ich werde meinen Freund Eray vermissen. Der kann gut Lego bauen und Fußball spielen. Ich spiele im Verein in der F-Jugend. Wenn wir am Morgen in die Kita kommen und es heiß ist gehen, wir gleich raus und kicken im Garten. Oder wir sind im Matheraum. Einmal haben wir ein Playmobilschloss gebaut. Aber Teile haben gefehlt, da haben wir wieder aufgehört. Ein bisschen freue ich mich auf den ersten Schultag. Aber danach wird es schwerer in der Schule glaube ich. Mein Schulranzen ist grün mit Fußbällen drauf.“

Meryem, 7 Jahre

Meryem mag Tiere und ihre Freundin Elisa. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Ich werde den Matheraum vermissen. Da habe ich mit Elisa Pferdehof gespielt. Ich möchte mal auf einem weißen Babypferd sitzen. Ich mag Tiere. Mein Schulranzen ist blau mit einem Delfin, einem Pferdchen und einem Regenbogen drauf. Elisa und ich essen gern Eierknöpfle mit Bratensoße in der Kita. Auf die Schule freue ich mich. Da muss man Schreibschrift schreiben, aber das lerne ich ja dann.“

Elisa, 6 Jahre

Elisa lacht ganz viel mit Meryem. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Meine Schwester hat erzählt, dass es in der Schule schön ist. Da finde ich viele Freunde. In der Kita spiele ich immer mit Meryem. Manchmal lachen wir, manchmal ganz viel. Wir sind gern im Bewegungsraum und bauen mit Polstern Türme, oder wir malen zusammen, zum Beispiel Erdbeeren. Ich werde die Kita ein bisschen vermissen.“

Cristine Schmidt, Leiterin städtische Kita Tapachstraße 62

Christine Schmidt sagt mit Goethe: Kinder brauchen Wurzeln und Flügel. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Kürzlich umarmte mich beim Bäcker eine junge Frau, die ich vor vielen Jahren als Kitakind betreut habe. Sie hatte eine schwere Kindheit und sagte mir: „Wenn ich dich nicht gehabt hätte!“ Da haben wir beide geweint. Es ist immer ein Abschied, wenn die Schulkinder die Einrichtung verlassen. Das geht ans Herz. Aber ich freue mich auch, dass ich sie ein Stück begleiten durfte. Der Zeitplan lässt nicht viel Zeit für Wehmut. Nach der Sommerschließzeit kommen die neuen Kinder. Dann ist alles auf Anfang.“

Lea De Caro, Erzieherin städtische Kita Tapachstraße 62

Lea De Caro freut sich zu sehen, wie die Kinder gewachsen sind. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Manche Kinder sind bei uns, , seit sie ein Jahr alt sind. Wir haben eine starke Beziehung. Ich kenne sie, sie kennen mich, sehen sofort, ob es mir gut geht, wann ich etwas ernst meine. Ich bin einerseits traurig, wenn sie die Kita verlassen, aber freue mich auch, wie sehr sie bei uns gewachsen sind.“

Dimi, 6 Jahre

Dimi ist gern in Bewegung. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Ich liebe den Bewegungsraum am meisten. Wir fahren mit Fahrzeugen rum, und es gibt so einen Reifen, da kann man schwingen. Und ich spiele Basketball mit Ivan. In der Schule gibt es kein Mittagessen, glaube ich, nur Snacks. Das find ich gut. Ich habe einen Weltallschulranzen. Der hat einen leuchtenden Magnet und einen Regenschutz.“

Matej, 6 Jahre

Matej hat eine Schultüte mit Spiderman gebastelt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Mit den Magnetbausteinen habe ich einen Bus und ein Auto gebaut. Ich fahre auch gern mit den Fahrzeugen draußen im Garten mit meinen Freunden. Oder ich bin in der Bauecke. Ich mag, wenn es Pizza in der Kita gibt. Aber ich esse auch alles. Die Schultüte habe ich mit meiner Mama im Kindergarten gebastelt. Da ist Spiderman drauf.“

Jasmin Schreitmüller, Leiterin Katholisches Kinder- und Familienzentrum Im Seelberg

Jasmin Schreitmüller hält mit den Familien auch nach der Kita Kontakt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„Wenn die Kinder gehen, freue ich mich, dass sie mit unserer Hilfe schulreif geworden sind. Wir halten mit den Familien über eine App Kontakt, laden sie weiterhin zum Familiencafé, Sommerfesten oder Picknicks im Familienzentrum ein. Die Schulkinder dürfen ihre Kita in den Ferien besuchen, das tun auch viele.“

Tobias Braun-Trillmann, Erzieher Katholisches Kinder- und Familienzentrum Im Seelberg

Tobias Braun-Trillmann hat gelernt, mit den Abschieden umzugehen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig/Julian Rettig

„In meinen ersten Berufsjahren hat es mich sehr getroffen, wenn ich Kinder verabschieden musste. Aber man lernt, damit umzugehen. Heute weiß ich, dass das so sein muss, dass für die Kinder ein Abschnitt im Leben zu Ende geht, und ich bin glücklich, dass ich sie begleiten konnte. Bei vielen fängt der Abnabelungsprozess im letzten halben Jahr an. Da machen sie mehr Quatsch, langweilen sich auch mal, sie sind einfach bereit für die Schule. Das zu sehen, macht es auch uns leichter.“