Happy End: Roman Schmidt hat Stammzellen gespendet und Nina Lau damit das Leben gerettet. Foto: DKMS

Eine junge Frau aus Gemmingen kann den Blutkrebs besiegen – dank eines Spenders aus Bietigheim-Bissingen. Zwei Jahre nach der Stammzellenspende haben sich die beiden persönlich kennenlernen dürfen.

Von Bietigheim-Bissingen nach Gemmingen sind es gerade mal 30 Kilometer. Genau in diesen beiden Orten leben zwei, die auf besondere Weise miteinander verbunden sind: Roman Schmidt aus Bissingen hat Nina Lau aus Gemmingen vor zweieinhalb Jahren Stammzellen gespendet. Kürzlich haben sich die genetischen Zwillinge zum ersten Mal persönlich getroffen.

Dass ein Stammzellenspender und der Empfänger so dicht beieinander wohnen, ist sicher ungewöhnlich. Aber eben ein Zufall. Viel wichtiger war für Nina Lau, dass es überhaupt einen Spender für sie gab. Die heute 39 Jahre alte Krankenschwester war schon jahrelang bei der DKMS – der Deutschen Knochenmarkspenderdatei – als Spenderin registriert, als sie selbst 2017 an Blutkrebs erkrankte. Es folgten Chemotherapien und eine Stammzellenspende stand im Raum.

Ninas älterer Bruder passte nicht, und die Ärzte starteten einen Fremdspendersuchlauf. Tatsächlich wurde da bereits jemand gefunden: Roman Schmidt, lange Jahre bei 08 Bissingen Jugendspieler und später aktiver Spieler beim FV Löchgau. Doch dann gab es für Nina eine positive Überraschung. Die Chemotherapie hatte angeschlagen, und die Leukämie war nicht mehr feststellbar. Dementsprechend wurde Romans mögliche Spende erst mal wieder abgesagt.

Transplantation war notwendig

Doch der Blutkrebs kehrte zurück. Diesmal mit einer Mutation. 2019 wurde Nina Lau wieder ins Krankenhaus aufgenommen, wieder kontaktierte die DKMS Roman Schmidt. Doch erneut blieb es für eine Weile still um das Thema. Was Roman damals nicht wusste: Nina Lau nahm zunächst noch an verschiedenen Studien teil – eine Transplantation stand aber weiterhin im Raum, wurde schließlich immer wahrscheinlicher und letztlich sogar aufgrund ihres Gesundheitszustands dringend notwendig.

Ein dritter Anruf der DKMS bei Roman Schmidt folgte einen Tag vor Weihnachten 2020. Der heute 36-Jährige aus Bietigheim-Bissingen dachte zuerst an einen Scherz. „Veralbern kann ich mich selbst“, sagte er mit einem Lachen zum DKMS-Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung. Doch schnell wurde klar, dass es diesmal um alles ging – und Roman Schmidt war selbstverständlich weiterhin bereit zu helfen.

Für seinen genetischen Zwilling Nina Lau, die er damals noch nicht kannte, war die Spende im Februar 2021 nach der jahrelangen Tortur die letzte Hoffnung im Kampf gegen die Leukämie. Schon über drei Jahre lang ließ sie unzählige Behandlungen über sich ergehen, lag auf der Intensivstation und hatte kaputte Schleimhäute. Die hochdosierte Chemotherapie für die bevorstehende Transplantation setzte Nina zu, sie kämpfte mit Übelkeit und Erbrechen. Auch die Transplantation selbst war hart für die junge Frau. Die Nacht nach der Transfusion war unruhig, ihr Blutdruck eskalierte. Doch dann ging es bergauf. Bereits nach neun Tagen waren die ersten Leukozyten sichtbar. Ganz langsam besserten sich ihre Beschwerden.

„Hauptsache, ich kann helfen“

Für Roman Schmidt hingegen war die Stammzellspende einfacher. Nach etwa dreieinhalb Stunden hatte er die benötige Menge Blutstammzellen abgegeben. „Die Zeit ging ganz locker flockig vorbei“, sagt er. Ein wenig unangenehm empfand er die Spritzen vorab und die grippeähnlichen Nebenwirkungen. „Man merkt, da passiert etwas im Körper. Das war aber auf jeden Fall ertragbar.“ Für ihn war immer klar: „Ich mache das jetzt einfach, Hauptsache, ich kann helfen.“

Und Roman Schmidt würde es wieder tun: „Jederzeit würde ich natürlich wieder spenden, denn alleine wenn man sich vorstellt, dass es die eigenen Kinder treffen könnte oder jemand im engen Bekannten- oder Familienkreis. Ein Leben durch eine Stammzellenspende zu retten, ist so einfach und ohne große Schmerzen.“ Leider, so seine Erfahrung, denken viele Menschen noch immer, dass die Spende nur über eine Knochenmarktransplantation geht. „Hier würde ich mir wünschen, dass einfach eine noch bessere Aufklärung gemacht wird, denn die Spende war bei mir innerhalb von vier Stunden, allein durch Blutabnahme und die Filterung der Zellen erledigt.“

Zum Glück für Nina Lau: Ihr ging es peu à peu immer besser. Die Transplantation war erfolgreich. Nach einigen Monaten schrieb sie ihrem noch unbekannten Lebensretter: „Hallo, Zwilling, schön, dass du da warst, als ich dich am meisten gebraucht habe …“ Zwei Jahre nach der Transfusion – so lange muss man in Deutschland warten, bis Spender und Empfänger sich kennenlernen dürfen – konnte Nina Lau ihren Dank endlich auch persönlich überbringen. Kürzlich trafen sie sich gemeinsam mit ihren Familien im nur 30 Kilometer entfernten Gemmingen.

Stammzellen spenden

Blutkrebs
Alle zwölf Minuten erhält in Deutschland ein Mensch die Diagnose. Weltweit ist das alle 27 Sekunden der Fall, teilt die DKMS mit. Und: Blutkrebs ist nach wie vor die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Kindern.

Stammzellenspende
Viele Patienten können ohne eine Stammzellspende nicht überleben. „Mit der Suche nach geeigneten Spendern beginnt immer ein Wettlauf gegen die Zeit“ heißt es auf der Webseite der DKMS. „Je schneller ein ,Match’ gefunden wird, desto größer sind die Überlebenschancen der Patienten.“ Meist werden dem Spender Stammzellen entnommen, in deutlich weniger Fällen – 20 Prozent – Knochenmark.

Spender werden
Auf der Webseite der DKMS kann man sich registrieren. Man bekommt ein Set mit einem Stäbchen zugeschickt und kann selbst einen Wangenabstrich machen. Die Probe wird analysiert und in die Datei aufgenommen.