Durch die Umstrukturierung der HedIn den lang gezogenen Anbau der historischen Kelter soll ein Kubus eingebaut werden, der als Gymnastik- oder Veranstaltungsraum genutzt werden kann. Foto: Mathias Kuhn/Mathias Kuhn

Die Stadtverwaltung macht sich gerade auf die Suche nach dem geeigneten Grundstück für eine neue Sporthalle im Bereich Hedelfingen/Wangen. Vier Flächen sind wohl in der engeren Auswahl.

Hedelfingen - Nach den Beratungen für den Doppelhaushalt 2020/21 blickten die Sporttreibenden in Hedelfingen und Wangen hoffnungsfroh in die Zukunft. Die Stadträte genehmigten Planungsmittel für drei Projekte, denen eines gemein ist: Sie sollen das bestehende Kapazitätsdefizit ausmerzen. Es fehlen aktuell Sporthallenflächen. Hinzu kommt: Die alte Turn- und Versammlungshalle in der Hedelfinger Straße ist nicht mehr zeitgemäß. 2019 war die Halle aus Sicherheits- und Renovierungsgründen einige Tage gesperrt. Die Sanierung des alten Gebäudes scheint unrentabel. Was tun? Stadtplaner, Bezirksbeiräte, Sportvereinsverantwortliche und Sportamt suchen nach Lösungen. „Um diverse Alternativen für den Wegfall der Turn- und Versammlungshalle zu überprüfen, hat der Gemeinderat deswegen im aktuellen Doppelhaushalt 900 000 Euro an Planungsmitteln bereitgestellt“, sagt Ann-Katrin Keicher von der Pressestelle der Stadt Stuttgart. „Dabei sollen auch Ansätze untersucht werden, die über einen bloßen Ersatz der Turn- und Versammlungshalle hinausgehen.“

Insgesamt beinhaltet das „Paket“ drei Projekte: Erstens den Umbau der Kelter inklusive des Einbaus eines rund 180 Quadratmeter umfassenden Mehrzweckraums in der Kelter, in dem dann auch Veranstaltungen und eventuell Gymnastik- oder andere Kurse angeboten werden können. Zweitens gibt es Planungsmittel für das geplante Sportvereinszentrum der SportKultur Stuttgart (SKS), wobei der Verein dies auf dem Gelände in der Kesselstraße präferiert. Drittens wurden Finanzmittel für die Machbarkeitsstudie samt Suche nach einem geeigneten Standort für eine neue Sporthalle in Hedelfingen bewilligt.

Die Standort-Untersuchung bildet, darüber sind sich Stadtplaner, Bezirksvorsteher Kai Freier, die Bezirksbeiräte und auch die Verantwortlichen der SportKultur Stuttgart die Basis für das weitere Vorgehen. Vier Gelände stehen dabei offensichtlich in der engeren Auswahl: Das Grundstück der bestehenden Turn- und Versammlungshalle inklusive der angrenzenden Festwiese, das ehemalige TV-Hedelfingen-Gelände in der Rohrackerstraße gegenüber dem Emma-Reichle-Heim, der Bau einer Sporthalle neben dem heutigen Vereinsheim der SportKultur Stuttgart in der Kesselstraße und offensichtlich auch das ehemalige Nill-Areal in der Hedelfinger Straße. Die ebenfalls vorgeschlagene Friedhofserweitungsfläche an den Otto-Hirsch-Brücken ist scheinbar zu klein.

„Wichtig ist dem Bezirksbeirat, dass die neue Sporthalle in Betrieb geht, bevor die alte Turn- und Versammlungshalle möglicherweise entfernt wird“, sagt Bezirksvorsteher Kai Freier. Seit der Haushaltsentscheidungen Ende 2019 habe es bereits erste Beratungsgespräche mit den betroffenen Ämtern gegeben, so die Sprecherin der Stadtverwaltung. Zum weitere Vorgehen und zeitlichen Ablauf würden sich die beteiligten Ämter momentan abstimmen. Ursprünglich – vor der Corona-Krise – sollten noch im Sommer erste Überlegungen zur Standortbestimmung den Bezirksbeiräten und dem Gemeinderat vorgestellt werden. „Wünschenswert wäre es, wenn wir dieses Jahr noch zu einer Entscheidung kämen, um dann bis Sommer 2021 eine Machbarkeitsstudie mit belastbaren Fakten für die neue Sporthalle zu erhalten. Im nächsten Schritt könnten wir dann für den Doppelhaushalt 2022/23 Mittel für den Bau der Sporthalle beantragen“, sagt Freier.

Auch Ulrich Strobel, der Vorsitzende der SportKultur Stuttgart, hofft auf diesen Zeitplan. Er macht keinen Hehl daraus, dass die SportKultur Stuttgart den Bau der neuen Sporthalle auf dem Gelände in der Kesselstraße – auf dem heutigen Bolzplatz – bevorzugt. „Dann könnte man den von uns geplanten Erweiterungsbau für das Sportvereinszentrum mit der städtischen Halle kombinieren.“ Falls die Stadtverantwortlichen sich für einen der drei anderen Standort entschließen würden, müssten die SKS-Verantwortlichen entscheiden, ob das SKS-Vereinszentrum dann an diesem Standort des Neubaus oder doch in der Kesselstraße errichtet werde. Mehr oder weniger unabhängig von der neuen Sporthalle soll der Umbau der Kelter vorangetrieben werden. „Hierzu hat die Verwaltung bereits eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben“, sagt Keicher. Der Teil-Umbau und die Neustrukturierung – samt Veranstaltungsraum – werden mit 3,3 Millionen Euro veranschlagt.

Hedelfingen - Die alte Turn- und Versammlungshalle in der Hedelfinger Straße ist ein Relikt aus der Zeit, als am Hedelfinger Platz noch Kinder die Schulbänke drückten und in der nahen Halle Sportunterricht hatten. Das lang gestreckte Gebäude diente zudem als Treffpunkt für Feste, Konzerte, Leistungsschauen und Versammlungen. Heute treiben dort einige Kinder- und Erwachsenengruppen Sport und Gymnastik – wenn das Gebäude nicht, wie gerade, wegen Schäden geschlossen ist. „Die Turn- und Versammlungshalle ist stark sanierungsbedürftig“, hat die Stadtverwaltung festgestellt. Eine Sanierung scheint nicht sinnvoll. Deswegen hat die Stadtverwaltung untersucht, wie der Wegfall der Turn- und Versammlungshalle kompensiert werden könnte.

Der Blick fiel auf die historische Kelter im Ortskern. Sie ist ein Wahrzeichen von Hedelfingen. Die Gesamtnutzfläche des Gebäudes beläuft sich auf 1250 Quadratmetern, wovon etwa 943 Quadratmeter auf das Erdgeschoss und 307 Quadratmeter auf den Dachstock entfallen. Im Erdgeschoss sind ein Büro und der Verkaufsraum der Weingärtnergenossenschaft sowie Nebenräume. In Obergeschoss befindet sich zusätzlich zum nicht ausgebauten Dachboden noch eine Wohnung mit 115 Quadratmeter. Der historische Teil entlang der Fruchtstraße stammt aus dem Jahr 1600, um 1901 wurde ein Kelterschuppen angebaut. „Das eigentliche Keltergebäude steht unter Denkmalschutz, die Landesdenkmalbehörde beurteilt jedoch den Schuppen als zum Ensemble dazugehörend“, informierte Daniel Nikoleizig vom Liegenschaftsamt vor wenigen Wochen den Bezirksbeiräten.

Genutzt wird die Kelter laut Stadtverwaltung nur an zwei Monaten im Jahr intensiv für den Weinbau. Eine Innenbesichtigung habe ergeben, dass noch Platzreserven vorhanden seien, da die Kelter den Wengertern nur noch als Anlieferungsstelle der Maische, Flaschenlager und Verkaufsstelle diene. In einer Machbarkeitsstudie wurde die weitere Nutzung untersucht. Im Schuppenbereich – in Richtung des Feuerwehrhauses – könnte demnach eine etwa 180 Quadratmeter großer Fläche gewonnen werden. Aus energetischen und konstruktiven Gründen wäre dies laut Stadtverwaltung nur machbar, indem ein separater „Kasten“ ins Gebäude geschoben würde. Dank dieses Haus-in-Haus-Systems entstünde ein Raum, in dem beispielsweise Seniorengymnastik, Kinderturnen, Yoga- und Entspannungskurse angeboten werden könnten. Am Rande würden Toiletten, Sanitäranlagen, eine Theke und Koch- und Cateringgelegenheiten platziert.

Der Kubus könnte entsprechend gedämmt und energetisch optimiert werden. Dieser Veranstaltungsraum würde durch eine Falttür von der großen Lager- und Kelterfläche getrennt. „Im Bedarfsfall könnte die Wand aber entfernt werden, sodass für die Kirbe oder für andere Festivitäten ein größerer Bereich entstünde, aber die Wengerter ihre Flächen für die Traubenanlieferung und -verarbeitung behalten“, berichtete Nikoleizig. Die Kosten für den Teilumbau und die Neustrukturierung der Hedelfinger Kelter hat der Architekt mit 3,3 Millionen Euro veranschlagt.

Laut Machbarkeitsstudie könnte durch diese neuen Räumlichkeiten der Wegfall der Turn- und Versammlungshalle „weitgehend“ kompensiert werden. Dem konnte am Freitag Bezirksvorsteher Kai Freier und die Bezirksbeiräte in der vergangenen Sitzung nicht zustimmen. In einer Vordringlichkeitsliste der Stadtverwaltung werde jetzt bereits der Bedarf nach einer neuen Sporthalle für Hedelfingen und Wangen dargestellt und Mittel für den Bau einer neuen Sport- und Vereinshalle für den Haushalt angemeldet. Kritik von Anwohnern und Bezirksbeiräten erntete auch, dass heute bereits Parkplätze rund um die Kelter fehlen und der Druck sich durch die Kelterbesucher erhöhe. Das vom Tiefbauamt vorgestellte Parkkonzept überzeugte die Kritiker nicht.

Die Hedelfinger Politiker haben deswegen die Stadt aufgefordert, alternative Standorte für einen Neubau zu prüfen. „Neben der angesprochenen, nicht benötigten Friedhofserweiterungfläche an den Otto-Hirsch-Brücken ist auch die Fläche der SportKultur Stuttgart sowie das gegenüberliegende Nill-Areal zu prüfen“, heißt es in der Vorlage der Stadt. Für diese weiteren Untersuchungen haben die Stadträte nun einstimmig 900 000 Euro bewilligt. „Ein wichtiger Schritt“, freute sich Kai Freier, betonte im Namen des Bezirksbeirats aber nochmals, dass der Kelterumbau keineswegs ein Ersatz für die Turn- und Versammlungshalle sein dürfe.